Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
diesem Morgen nieselte es tatsächlich und Dawn musste feststellen, dass ihre Mutter, wie so oft, Recht behalten hatte. Ob Corus wohl als Stern am Himmel stand? Dawn betete darum, dass es so sein möge. Der Gedanke, dass er noch immer über sie wachte, immer noch in ihrer Nähe war, hatte etwas Tröstliches. Auch an Madame Fate und ihre Warnungen hatte sie im Verlauf dieser Nacht denken müssen. Ob die alte Dame Corus Tod gesehen hatte? Hatte sie deshalb solche Angst gehabt? Sie hätte es ihr sagen müssen. In diesem Fall wäre sie doch nie in die Auen gezogen. Oder vielleicht hätte sie es getan, aber sie hätte Corus untersagt, sie zu begleiten. Sie würde Fate zur Rede stellen, nahm sie sich vor.
„ Bist du ausgeschlafen?“ Thistles Stimme riss sie aus ihren Überlegungen. „Du wirkst irgendwie abwesend.“
„ Ich hab miserabel geschlafen, wenn du es genau wissen willst.“
Thistle grinst. Aus irgendeinem Grund schien ihn diese Antwort zu beruhigen.
Die Männer hatten sich versammelt. Niemand drängte zum Aufbruch, sie standen einfach nur schweigend da uns sahen ihn an. Thistle blickte in ihre Gesichter. Drei junge Männer seiner Sippe waren unter ihnen. Er hatte sie bis vor wenigen Tagen nicht gekannt, doch die Mitglieder einer Sippe standen sich stets besonders nah. Es war ein Gebot der Höflichkeit, nein, eine Selbstverständlichkeit, dass sie zusammenhielten. Und Thistle nahm sie vielleicht mit in den Tod. Flüchtig fragte er sich, was seine Mutter sagen würde, wenn sie von der Sache wüsste. Dann straffte er seine Schultern. „Wir gehen los“, meinte er.
Er sah die Männer nickten. Crystal stand hoch aufgerichtet Mitten unter ihnen. Thistle lächelte ihr zu. Sie blickte ihn nur an. An ein Reh erinnerte sie ihn plötzlich, das im Angesicht des Wolfes vor Angst wie erstarrt ist. „Lichte Mutter, hilf ihr“, flehte er im Stillen. „Hilf uns allen.“ Dann half er dabei, eines der Flöße in die Höhe zu heben. Sie stellten es auf und traten hinter es. Solange sie noch nicht im Sumpf waren, würden die Flöße als Schilde dienen. Thistle nickte dem Mann, der neben ihm stand zu, dann gingen sie los. Je näher sie dem Sumpf kamen, desto schlimmer wurde der Gestank, der von dem brackigen Wasser ausging. Wie faule Eier. Thistle atmete flach und durch den Mund um den Gestank zu ertragen und ging weiter. Ein Blick nach hinten zeigte ihm, dass ihnen die anderen Flöße folgten. Gut.
Thinnn! Thistle blieb erschrocken stehen, als er das Geräusch hörte, dann begriff er, dass der erste Pfeil eingeschlagen hatte und dass sein Plan funktioniert hatte. Sein Herzschlag beruhigte sich wieder. Er hörte jetzt das Sirren mehrerer Pfeile. Nicht alle trafen sein Floß. Bei der lichten Mutter! Er hoffte wirklich, dass sich alle an seine Anweisungen hielten und in Deckung blieben. Sie schoben sich noch näher an die Grenze, dann gab er seinem Nebenmann ein Zeichen und sie setzten das Floß ab. „Ho“, rief Thistle scharf. Alle Flöße hielten wie vereinbart inne. Thistle nahm einen Pfeil aus dem Köcher und legte ihn an. Er nutzte die Deckung, die das Floß bot und säte vorsichtig dahinter hervor. Noch nie war er dem Sumpf so nahe gewesen, denn normalerweise wagten sich die Wachen nicht so weit vor. Thistle konnte die hässlichen Fratzen der Fort`mai erkennen, die zwischen den eigenartigen Sumpfgewächsen lauerten. „Ho“, schrie er noch einmal und auf seinen Befehl hin wurden die Pfeile abgefeuert. Thistle grinste, als er sah, dass die Pfeile trafen. Damit hatten diese schleimigen Kreaturen nicht gerechnet. Er legte noch einen Pfeil an und schoss. Ein durchdringendes Geräusch erschallte plötzlich. Thistle glaubte nicht, dass es aus der Kehle eines Fort`mai stammte, doch als das Dröhnen geendet hatte, zogen sich die Kreaturen plötzlich zurück und verbargen sich im Unterholz. Verdammt! Thistle winkte seine Kameraden weiter. Seine Gedanken überschlugen sich, bei dem Versuch zu begreifen. Hatte da jemand den Fort`mai einen Befehl erteilt? War es doch einer der ihren gewesen? Egal. Thistle konzentrierte sich und sie marschierten weiter. Der Teil, vor dem er sich am Meisten fürchtete, stand unmittelbar bevor: Wenn sie die Flöße zu Wasser lassen mussten und ihre Deckung mit einem Schlag dahin war. Thistle blieb stehen, als ihn nur noch ein Schritt von dem Graben trennte, der Wald von Sumpf schied. Noch einmal setzten sie das Floß ab und versuchten unachtsame Fort`mai zu erspähen. Als Thistle keinen
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