Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
wollte sie protestieren, doch sie fühlte sich zu schwach um mit ihm zu diskutieren und so ließ sie zu, dass er sie aus dem Schankraum führte, um das Haus herum und sich schließlich mit ihr auf einer Bank niedersetzte. Er strich ihr sanft übers Haar und ließ sie weinen bis sie keine Tränen mehr hatte. Crystal wusste nicht, wie lange es dauerte, bis sie schließlich wieder anfing die Gegenwart wahr zu nehmen. Dumpf begriff sie, dass es sie nicht störte, dass Lucthen bei ihr war, obwohl sie sonst immer allein sein wollte, nachdem sie gespielt hatte. Es störte sie auch nicht, dass er sie in den Armen hielt wie ein Kind.
„ Es tut mir so leid, Crystal“, hörte sie ihn murmeln. „Ich weiß nicht was passiert ist, doch es tut mir leid.“
Crystal nickte. Mit einem Mal hatte sie das Bedürfnis ihm alles zu erzählen. Sie wollte, dass er sie verstand, also richtete sie sich auf und löste sich aus seinen Armen. „Du warst sehr freundlich und ich möchte deine Geduld nicht noch weiter strapazieren.“
Lucthen hörte das unausgesprochene Aber und so meinte er: „Wenn du je darüber reden möchtest was passiert ist, dann werde ich da sein.“
Crystal musterte ihn schweigend, wie um zu prüfen ob er sein Angebot ernst meinte, dann begann sie mit leiser Stimme zu erzählen.
Als sie geendet hatte schwieg Lucthen lange Zeit. Sein Gesicht hatte einen nachdenklichen Ausdruck angenommen. Crystal fühlte sich vom Erzählen müde und lehnte den Kopf an die getäfelte Hauswand hinter ihr. „Das ergibt keinen Sinn“, meinte Lucthen schließlich. „Warum sollte ein Magus in den Auen etwas über ermordete Barden in den Mittellanden wissen?“
Crystal hatte sich das auch schon gefragt. „Ich denke…“, begann sie zaghaft und versuchte dabei jedes Selbstmitleid aus ihrer Stimme zu verbannen, „...ich denke es geht nicht darum, dass sie wirklich glauben, dass dieser Magus uns helfen kann. Ich glaube sie wollten mich loswerden, weil ich eine potentielle Gefahr darstelle.“
Lucthen schüttelte den Kopf. „Nein, hinter dieser Sache muss mehr stecken. Vielleicht sollten wir uns nicht so viele Gedanken darüber machen. Wir werden es schon sehen, wenn wir da sind. Haben sie dir gesagt, wo genau dieser Magus zu finden ist und wie er heißt?“
Crystal schüttelte den Kopf. „Sie meinten, dass er in den östlichen Wäldern wohnt, wo genau wissen sie – denke ich – selbst nicht. Aber sie meinten, dass es dort ohnehin nur einen Magus gibt und dass er leicht zu finden sein sollte.“ Lucthen nickte gedankenverloren. „Ich dachte eigentlich, dass du ausgeschickt worden bist um mit ihm zu reden und dass ich dich nur begleite“, erklärte Crystal.
Lucthen blickte sie überrascht an. „Ich wusste gar nichts von den ermordeten Barden. Ich bin nur zufällig in die gleiche Richtung unterwegs.“ Aber irgendwie klang diese Erklärung selbst in seinen eigenen Ohren nicht sehr glaubwürdig.
„ Das heißt, die Lehrlinge aller Akademien tragen anfangs Weiß?“
„ Ganz genau. Das soll verdeutlichen, dass anfangs alle den gleichen Wissensstand haben. Danach werden für bestandene Prüfungen die Farben verliehen“, setzte Lucthen seine Erklärungen fort. Crystal und er waren an diesem Tag schon seit ein paar Stunden unterwegs und seit sie auf einen breiten Feldweg eingebogen waren, hatten sie die Pferde nebeneinander gelenkt und unterhielten sich, während sie immer weiter Richtung Osten ritten.
„ Und wie viele Farbschattierungen gibt es?“, fragte Crystal interessiert.
„ Acht. Rein theoretisch. Das beginnt in unserer Akademie mit einem ganz hellen Blau und wird immer dunkler. Nach der sechsten Stufe darf man sich als Magi bezeichnen. Die Meisten verlassen danach die Akademie.“
Crystal warf einen Blick auf Lucthens Robe. Beim Reiten pflegte er sie bis zur Taille aufzuknöpfen, so dass die Hosen darunter zum Vorschein kamen und sie ihn nicht störte, wenn er auf dem Pferderücken saß. Seine Robe war von einem so dunklen Blau, dass sie Crystal anfangs Schwarz erschienen war. „Und ist das die Farbe, die die Magi des blauen Zweiges tragen?“, erkundigte sich Crystal, indem sie mit dem Kinn auf Lucthens Roben wies.
„ Ich trage die Farben der siebenten Stufe“, erklärte Lucthen schlicht.
„ Weil du Lehrer bist?“
„ Nein, man darf ab der sechsten Stufe Lehrlinge ausbilden, das hat damit nichts zu tun“, antwortete Lucthen wahrheitsgemäß und hoffte, dass sie aufhörte weiter nachzubohren. Er wollte
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