Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
kann wirklich gut mit der Harfe spielen und singen kann sie auch und vorhin hat sie gespielt, da waren alle ganz leise. Sogar ich.“
Crystal musste lachen. Das Mädchen zum Schweigen zu bringen, durfte wohl wirklich als besondere Leistung angesehen werden. Thistle schien diese Ansicht zu teilen, denn er zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe, dann begrüßte er die Bardin freundlich und Crystal erwiderte die Geste.
Als er schließlich sprach, war seine Stimme ruhig und dunkel. „Freunde meiner kleinen Schwester sind auch meine Freunde. Es freut mich also ganz besonders.“ Crystal fühlte wie sie sein Lächeln erwiderte. „Außerdem habe ich Euch vorhin spielen gehört. Es war ganz außergewöhnlich, wirklich.“
Verärgert merkte sie, wie ihr eine leichte Röte in die Wangen stieg. Nun zumindest in diesem Punkt hatte Lia wohl nicht übertrieben: Crystal konnte sich vorstellen, dass ihm seine charmante Art und sein Aussehen die eine oder andere Verehrerin eingebracht hatten. „Danke“, meinte sie schließlich und ärgerte sich nur noch mehr, da er ihre Verlegenheit offenbar bemerkt hatte und diese mit einem schiefen Lächeln quittierte. Es war an der Zeit, dass sie das Gespräch in die Hand nahm. „Eure Mutter war so freundlich meiner Freundin und mir für die nächsten Tage Unterkunft zu gewähren und Eure Schwester hier hat mir einiges von Euch erzählt.“
Thistle lachte. „Glaubt nicht die Hälfte davon! Ich wünschte, ich wäre so gut, wie sie es gerne behauptet…“
„ Ich habe nichts gesagt, was nicht stimmt!“, verteidigte sich Lia. „Nur dass du mir das geschnitzt hast…“ Bei diesen Worten zog sie einen kleinen Holzgegenstand aus einer ihrer Taschen.
Thistle nickte belustigt. „Ja, das stimmt.“
„ Und ich hab erzählt, dass du ein guter Jäger bist, das stimmt ja wohl auch!“ Thistle nickte lächelnd und strich Lia liebevoll übers Haar. „Und dann hab ich noch erzählt, dass die Mädchen im Dorf am liebsten alle dich heiraten wollen.“
Crystal merkte, dass nun Thistles Wangen rot wurden und sie grinste. Gut zu sehen, dass man ihn ebenso schnell in Verlegenheit bringen konnte wie sie selbst.
Doch Crystal hatte ein Einsehen mit ihm. „Dort drüben sitzt einer meiner Reisegefährten. Wollt Ihr ihn kennen lernen?“ Thistle nickte dankbar und Crystal ging voran.
Der Druide schüttelte langsam den Kopf. „Ich glaube, der Unterschied besteht darin, dass unsere Magie, wenn man sie denn so nennen will, viel mehr aus dem Reich, den Wäldern, geboren ist, als das bei euch der Fall ist. Druiden können das magische Netz nicht auf die gleiche Art und Weise greifen wie ihr das könnt.“
„ Wenn ihr Magie wirken wollt, benutzt ihr also keine Gesten?“, erkundigte sich Lucthen. Er hatte den Druiden des Dorfes, den jedermann nur Druide nannte, als interessanten Gesprächspartner schätzen gelernt. Über die Druiden und ihren Weg war in den Mittellanden nur wenig bekannt und je mehr er hier lernen konnte, umso besser.
„ Nein. Ich berühre einen Baum, grabe meine Hände in die Erde, streiche über das Fell eines Tieres… Die Magie des Druiden ist die Magie des Landes selbst. Sie ist überhaupt nur in Eidos’ Reich denkbar. Als Ihr vorher erzählt habt, dass in eurem Reich die Magie jahrhundertelang vergessen war, hat mich das sehr erstaunt. Ich glaube nicht, dass die Magie in den Auen je in Vergessenheit geraten ist. Wie könnte sie? Ist sie doch in jedem Baum, jedem Flügelschlag, jedem Windhauch.“
Lucthen nickte. Er begann zu verstehen. „Besonders hart muss euch daher der Sumpf treffen.“
„ Er erschüttert uns in unseren Grundfesten. Korrumpiert das Land selbst. Er ist wie eine Krankheit, die wir nicht heilen können.“ Die Stimme des Druiden nahm den gleichen resignierten Tonfall an, den Lucthen schon an ihm bemerkt hatte, als er an diesem Nachmittag zum ersten Mal vom Sumpf gesprochen hatte. Lucthen hatte seine Vermutung nicht geäußert, doch die Beschreibung der Fort’mai schien auf die Krötenwesen zu passen, die sie in den Mittellanden angegriffen hatten. Doch was taten diese Kreaturen so weit weg von dem Sumpf, der sie hervorgebracht hatte?
„ Der Sumpf ist nicht einfach tot. Wenn etwas stirbt, Pflanze, Tier und Mensch, kann ich es immer noch fühlen. Die Energie geht ein in die Magie des Landes, sie geht nicht verloren. Doch der Sumpf ist kein Teil unseres Landes mehr. Ich kann ihn ebenso wenig spüren wie die anderen Reiche oder die
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