Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
Crystals Worten schlagartig ernst geworden. „Der Wald ist, wie er immer war. Die Menschen leben wie sie es immer schon getan haben und wenn ihr mich vor einem Jahr gefragt hättet, hätte ich gesagt: Ich weiß nicht wovon ihr redet. Doch ich habe den Sumpf gesehen. Der Sumpf ist die Bedrohung dieses Reiches. Er raubt uns unsere Unbeschwertheit und unseren Glauben an die Unschuld, wie es eure Diebe und Mörder tun.“
„ Die Fort`mai, die der Sumpf hervorbringt. Beschreibt sie doch noch einmal“, forderte Lucthen.
„ Aus weiter Ferne könnte man sie für Menschen halten, denn sie gehen aufrecht und können Waffen gebrauchen. Sie sind nicht besonders groß, aber kräftig und muskulös. Ihre Unterkiefer springen stark vor und besitzen lange, spitze Eckzähne und ihre Gesichtsfarbe ist grün bis braun. Die Haut ist nicht glatt, wie die eines Menschen, sondern wirft Blasen wie die einer Kröte. Das Unheimlichste an ihnen sind jedoch ihre Augen. Sie sind vollkommen Schwarz.“
„ Krötenmenschen“, hauchte Crystal. „Wie kann das sein? Warum haben sie sich so weit aus dem Sumpf gewagt, warum sind sie in die Mittellande geko…?“
„ Was?“, fiel ihr Thistle ins Wort. „Ihr habt Fort`mai in den Mittellanden gesehen?“
Lucthen nickte. „Vor ein paar Wochen sind wir von ihnen angegriffen worden.“
„ Ich hätte nicht gedacht, dass sie je die Sümpfe verlassen. Ich habe geglaubt, dass wir die Grenzen gut genug sichern. Anscheinend tun wir das nicht.“
Dawn gefiel sein resignierter Tonfall nicht. Sie konnte sich vorstellen, was er dachte. Immerhin waren sie angegriffen worden, als er Wache gehalten hatte. Selbstvorwürfe waren etwas äußerst unangenehmes. „Es muss einen triftigen Grund dafür geben, dass sie sich so weit vorgewagt haben.“
Crystal nickte düster. „Eine Bardin zu töten…“
Dawn seufzte. Die Stimmung war doch gerade noch so entspannt gewesen. Jetzt saßen alle trübsinnig herum und starrten ins Feuer. „Ich sage immer noch, dass wir das nicht mit Sicherheit wissen.“
Thistle wirkte vollkommen verwirrt und Lucthen erklärte ihm leise, was Crystal zugestoßen war. Schließlich nickte er schweigend und warf ihr mitleidige Blicke zu. „Ich weiß zwar nicht, was hinter diesen Morden steckt, doch ich kann mir nicht vorstellen, welchen Grund diese Ungeheuer hätten dich zu töten.“
Crystal lächelte ihm dankbar an, holte tief Luft und meinte schließlich, „Ich habe nachgedacht. Vielleicht waren wir zu voreilig. Haben uns zu schnell in Sicherheit gewiegt. Dass die Dunkelheit besiegt ist und die Elfen wie die Menschen Geschöpfe des Lichts sind, weiß jedes Kind. Doch was ist mit der Erde an sich? Soweit ich die Schöpfungsgeschichte verstanden habe, haben beide Götter Himmel und Erde geschaffen. Was wenn jemand unbeabsichtigt an der dunklen Seite der Schöpfung gerührt hat und von ihr korrumpiert wurde? Was wenn jemand ganz schrecklich vom Weg abgekommen ist? So sehr, dass er andere auf seinen Weg ziehen möchte? Was wenn jemand den Ruf der Dunkelheit gehört hat und nun versucht das Licht zum Schweigen zu bringen? Was wenn es bei den Morden nicht darum geht einzelne Menschen zu töten sondern die Stimme dessen, was Gut ist und Schön? Was wird passieren, wenn man die Stimme des Guten zum schweigen bringt?“
Dawn fühlte, wie ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief und sie unwillkürlich Corus Hand fester drückte.
„ Es erstaunt mich, dass ausgerechnet du auf so düstere Gedanken kommst“, meinte Lucthen.
„ Das sollte dich nicht erstaunen“, fauchte sie. „Immerhin hat man meine Familie umgebracht.“
Dawn zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Soviel zu der stets freundlichen Crystal. Sie war wirklich immer für Überraschungen gut. Kaum dachte man, dass man sie kannte, entdeckte man eine neue Facette an ihr.
Lucthen zog sie nur schweigend an sich. Sie wehrte sich nicht und er hielt sie im Arm wie ein Kind. „Ich weiß, dass du Schlimmes erlebt hast. Doch du bist unsere Stimme des Guten, unsere Hoffnung. Gib der Dunkelheit keinen Raum, nicht in dir. Du bist so viel stärker als du denkst. Wir werden herausfinden was hinter den Morden steckt und wir werden etwas dagegen unternehmen.“
Dawn blieb der Mund offen stehen. Wer hätte gedacht, dass der stets so ernste und steife Magus solch tröstliche Worte in sich hatte? Gleichzeitig spürte sie die tiefere Wahrheit hinter seinen Worten. Wenn Crystal aufgäbe, wäre alles verloren. Sie wusste nicht zu sagen,
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