Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
wirklich nett und schaut auf seine strenge Art nicht schlecht aus, doch ich bin nicht in ihn verliebt. Und er sicher nicht in mich.“
„ Wenn du meinst… Und sonst gibt es niemand?“
Crystal seufzte und strich geistesabwesend über die Narbe an ihrem Oberarm, die manchmal immer noch schmerzte. „Es gibt einen, der mir einen Heiratsantrag gemacht hat. Doch ich habe ihn abgelehnt.“
„ Bereust du es?“
„ Nein. Bestimmt nicht. Er wäre nicht der Richtige für mich.“
Dawn blickte neugierig. „Und wer wäre der Richtige für dich?“
Crystal lachte leise. „Ist das jetzt deine Rache, weil ich vorhin so neugierig war?“
„ Nein, nein! Es interessiert mich nur“, versicherte Dawn. Eine Weile starrte sie ins Wasser, dann hob sie ihren Blick und ihre Augen bohrten sich in die von Crystal. Plötzlich war sie sehr ernst. „Weißt du, ich hatte nie eine Freundin mit der ich über solche Dinge reden konnte.“
Ein warmes Gefühl breitete sich in Crystals Bauch aus. Dawn hatte sie als Freundin bezeichnet. Plötzlich hatte sie wirklich das Bedürfnis, mit Dawn zu reden. „Mein Bruder Rhys und ich waren uns sehr nah. Unsere Mutter ist schon früh gestorben und unser Vater war immer sehr beschäftigt, also haben wir uns umeinander gekümmert. Von allen Menschen hat er mich am Besten gekannt. Er hat einmal gemeint, dass ich nur jemand lieben könnte der stark und schwach ist. Jemand, den ich rette und der mich rettet. Einen Mann den ich umsorgen dürfte und fürchten müsste. Vermutlich wollte mir Rhys damit einfach nur sagen, dass ich nicht weiß, was ich will.“
Dawn grinste. „Vermutlich. Doch dass du dir die Worte gemerkt hat, zeigt, dass du selbst sie für nicht ganz unwahr hältst.“
Crystal beobachtete wie die letzten Strahlen der Sonne ein leuchtendes Muster auf die Wasseroberfläche zeichneten und nickte nachdenklich. Als Dawn mit einem Ruck aufsprang blickte Crystal erschrocken auf.
„ Da kommt Corus. Ich werde ihn fragen, wie seine Stunde war. Bis später, Crystal“, rief sie und schon war sie fort. Crystal lächelte. Es musste schön sein, wenn man verliebt war. Sie blieb noch eine Weile sitzen, bis die Sonne verschwunden war und die Wasseroberfläche ganz schwarz war. Dann ging sie zu Ambers Hütte. Morgen würden sie wieder aufbrechen und sie wollte ausgeruht sein.
Ein leises Geräusch hatte Dawn geweckt. Ihr Puls raste und sie fragte sich, ob sie schlecht geträumt hatte. Sie konnte sich nicht erinnern. Angestrengt lauschte sie in die Stille. Es war nichts zu hören. Vermutlich hatte Crystal im Schlaf ein Geräusch gemacht. Sie legte sich wieder auf die weichen Äste, die ihr als Kopfkissen dienten und atmete tief durch. Nicht einschlafen zu können war frustrierend. Vor allem wenn man den Schlaf so dringend benötigte. Sie und Corus waren noch lange wach gewesen. Hatten ihre nackten Füße in den Fluss gestreckt und sich leise unterhalten. Dawn hatte Corus damit aufgezogen, dass er nicht auf den Händen laufen konnte und hatte sich schließlich dazu überreden lassen ihm dabei zu helfen, es zu lernen. Corus war mehrere Male auf seinem Hinterteil gelandet und sie hatte herzlich gelacht. Manchmal wunderte sie sich über seine Gutmütigkeit, wenn sie jemand auslachen würde… Was war das für ein Geruch? Mit einem Ruck setzte sich Dawn auf. Sie schnupperte. Rauch. Ja, sie war sich ganz sicher. Der beißende Geruch von Rauch drang in ihre Nase. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Sei vernünftig, sagte sie sich. Irgendjemand wird ein Feuer gemacht haben. Kein Grund zur Panik. Doch warum sollte jemand mitten in der Nacht ein Feuer entfachen? Entschlossen stieg Dawn aus der Schlafkiste und schlich auf Zehenspitzen zur Tür. Sie wollte Crystal, die mit ihr im Zimmer schlief, nicht wecken. Leise ging sie durch den Wohnraum und öffnete die Tür ins Freie. Der Rauchgeruch war hier viel stärker und Dawn hörte auch das Geräusch der Flammen, die sich hungrig durchs Holz fraßen. Sie vermeinte in der Tiefe hastige Bewegungen zu sehen, doch sie war sich nicht sicher. Angestrengt spähte sie in die Dunkelheit. Plötzlich sah sie es. Eine Gestalt, die eine Fackel trug, schlich durch das Dorf. Dawn konnte kein Gesicht erkennen. Doch instinktiv spürte sie Gefahr. Wie gebannt beobachtete sie, wie die Gestalt die Fackel senkte und damit Holz anzündete. Gierig griff das Feuer nach dem Holz und erleuchtete so die Gestalt. Dawns Hirn weigerte sich einen Moment lang zu begreifen, was ihre Augen
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