Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
ihrem Blut, doch von ihr fehlte jede Spur. Thistle fluchte leise. Wie konnte sie so schnell sein? Seufzend machte er sich auf die Suche nach ihr. Dass es zu regnen begann nahm er nur am Rande wahr. Er näherte sich dem Kampfplatz, überquerte ihn und schritt dann in diese Richtung weiter, da er annahm, dass sie in diese Richtung gelaufen war. Er lauschte. Nichts. Wie konnte das sein? Er war ein Jäger, sein Gehörsinn gut trainiert. Sie konnte sich doch nicht so geräuschlos bewegen. Er widerstand dem Drang ihren Namen zu rufen. Was wenn doch noch Fort`mai in der Nähe waren? Als es stärker zu regnen begann drang durch sein Bewusstsein, dass der Regen das Feuer löschen würde und eine tiefe Dankbarkeit erfüllte ihn. Als er schließlich um eine Ecke bog blieb er verblüfft stehen. Der Wind trug Crystals Stimme zu ihm, die leise von Freundschaft und Vertrauen sprach, von Gemeinsamkeit und Hilfsbereitschaft. Thistle konnte sich dem Klang der Stimme nur schwer entziehen. Sie hatte etwas eigenartig einlullendes, doch auch stärkendes. Er kam näher und erkannte durch den dichten Schleier des Regens Lucthen und Corus, die sich berührten und Crystal, die nahe bei ihnen stand. Als er näher kam bemerkte er die Zeichen der Erschöpfung, die alle Drei zeigten. Corus hielt sich scheinbar nur mehr unter größter Willensaufbietung auf den Beinen, Lucthen wirkte als wäre er völlig in Trance und Crystal sah schrecklich aus. Ihr Nachthemd war völlig verkohlt und hing nur mehr in Fetzten um ihren Leib, ihr Zopf war angesengt, ihr Gesicht von Ruß bedeckt. An ihrer linken Schulter klaffte eine hässliche Brandwunde und Thistle wunderte sich, dass sie mit dieser Verletzung überhaupt noch bei Bewusstsein war. Obwohl sie eine bemitleidenswerte Erscheinung war hielt sie sich aufrecht und ihre Augen strahlten ungebrochen. Thistle fühlte eine Welle der Zuneigung für diese starke Frau. Plötzlich, als hätte man die Fäden einer Marionette durchtrennt fiel Lucthen in sich zusammen. Corus brach über ihm zusammen, raffte sich jedoch wieder auf, Crystals Knie gaben nach. Im gleichen Moment erwachten die Flammen zum Leben und Thistle begriff, was sie getan hatten. Zum Glück regnet es, dachte er, eilte zu Crystal und hob sie auf seine Arme. „Wird Lucthen wieder?“, erkundigte er sich bei Corus, der ungewohnt blass aussah, als er den Magus auf den Rücken drehte. „Ich denke schon“, stotterte er. „Kümmere dich lieber um Crystal. Ich glaube, sie hat sich zu viel zugemutet.“ Thistle warf einen Blick auf die bewusstlose Frau in seinen Armen. Was sich von der Haut unter der Schmutzschicht erahnen ließ, war grau und abgespannt, unter ihren Augen lagen dunkle Ringe. Thistle nickte Corus zu und trug Crystal aus dem Dorf. Er musste einen Heiler finden. Und das schnell.
Kapitel 8
Lucthen zog sachte die Tür hinter sich zu. Er wollte die Frau, die auf dem Bett lag nicht wecken. Leise zog einen Stuhl heran und setzte sich. Crystals Haar lag wie ein Fächer um ihr Gesicht ausgebreitet. Das dunkle Rot ihrer Locken betonte die unnatürliche Blässe ihrer Haut, die durchscheinend war, wie feines Porzellan. Luchten runzelte sorgenvoll die Brauen. Seit dem Feuer waren zwei Tage vergangen und Crystal war nur einmal kurz aufgewacht. Er hielt die Hand über die Brandwunde an ihrer Schulter und begann einen Heilzauber zu wirken. Wenn sie Glück hatte, würden keine Narben zurückbleiben. Die Heiler hatten sich gut um sie gekümmert und als er wieder zu sich gekommen war hatte er sie auch mit Magie geheilt. Er verstand noch immer nicht ganz was in jener Nacht geschehen war. Die Fort`mai, die das Dorf angegriffen hatten waren getötet worden oder geflohen, doch viele der Hütten waren zerstört und mehr noch beschädigt. Drei Menschen hatten im Feuer ihr Leben gelassen. Es hätte schlimmer kommen können. Wenn Crystal den Druiden nicht gefunden hätte, der den Regen gerufen hatte, wäre das ganze Dorf zerstört worden. Er konnte sich nur dumpf an das erinnern, was passiert war. Corus hatte ihm seine Stärke zur Verfügung gestellt. Alleine wäre es ihm niemals gelungen den Zauber so lange aufrecht zu erhalten. Durch den Körperkontakt hatten sich ihre Magielinien verbunden und er hatte Corus Stärke als seine eigene benutzen können. Dennoch hatte ihn irgendwann die Kraft verlassen. Das Dorf war vor seinen Augen verschwommen, er hatte zu zittern begonnen, doch er hatte weiter gemacht. Irgendwann hatte er das Gefühl gehabt, dass
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