Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)

Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)

Titel: Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smila Spielmann
Vom Netzwerk:
wären ihm Flügel gewachsen und er einfach davongeflogen. Thistle hob den Blick, halb in Erwartung Crystal und Lucthen in den Bäumen sitzen zu sehen und über den Streich den sie ihm gespielt hatten, herzlich lachend. Doch natürlich saß dort niemand und Thistle wagte zu bezweifeln, dass der Magus in seinem Leben je jemandem einen Streich gespielt hatte oder dass er überhaupt ahnte, dass das manchmal Spaß machte. Das Blau eines wolkenlosen Himmels leuchtete durchs Blattwerk und als Thistle den Vogel sah, hielt er gebannt den Atem an. Thistle erkannte sofort, dass es ein Falke war. Kein anderer Vogel glitt so elegant durch die Winde und gehörte so sehr in den Himmel wie kein anderes Tier, das er kannte. Eine brennende Eifersucht auf den Vogel der nicht an die Gesetze der Erde gebunden war erfüllt ihn mit einem Mal. Wie sehr wünschte er sich mit ihm tauschen zu können, einfach die Flügel spreizen zu können und in den Himmel zu steigen. Thistle ahmte den Schrei des Falken nach. Er hatte das nie besonders gut hinbekommen. Die kleinen Singvögel, die er jeden Tag im Wald beobachten konnte, konnte er täuschend echt nachmachen, doch ein Falke war schwierig. Thistle war es immer vorgekommen, als hätten sie eine besondere Vielfalt an Klängen. Als wären sie alle unterschiedlich, fast wie menschliche Stimmen. Doch nun rief er nach diesem Falken und war mit dem Ergebnis eigentlich ganz zufrieden. Er beobachtete wie das Tier immer Tiefer kreiste und schließlich auf einem Ast, ganz in seiner Nähe landete. Thistles Herz klopfte schnell in seiner Brust. Die Erinnerung an den Traum stand mit einem Mal klar vor seinem inneren Auge. Bernsteinaugen brannten sich in seine Seele, schienen eine scharfe Intelligent zu besitzen. Eine Weile musterten sie sich ruhig. Dann flog der Falke auf und zog Richtung Osten. Thistle zögerte einen Moment, dann folgte er dem Tier. Immer wieder landete der Vogel auf tiefhängenden Zweigen, wartete auf ihn mit einem eigenartigen Glitzern in den Augen, als wollte er Thistle verspotten, weil er so lange brauchte. Er beeilte sich und doch musste der Vogel immer länger auf ihn warten, denn das Gelände wurde immer unwegsamer. Einmal fand er das Tier nicht gleich, da es hinter Blättern verborgen saß und mit einem Mal hatte er Angst. Nicht um sich, denn dass er im Wald überleben konnte, das wusste er so sicher wie er seinen Namen wusste, so sicher wie die lichte Mutter schön war und so sicher wie er wusste dass Forest ihn im Armdrücken stets besiegen würde. Nein, er machte sich um seine Freunde aus den Mittellanden Sorgen, die er im Lauf der Zeit in sein Herz geschlossen hatte. Ob sie sich allein im Wald zu Recht fanden war weit weniger gewiss.
     

    Dawn blinzelte gegen das Licht der aufgehenden Sonne. Sie war wohl vor Erschöpfung eingeschlafen. Ihre Glieder waren steif und kalt. Noch benommen setzte sie sich auf. Ihr Zopf hatte sich gelöst und das Haar fiel ihr lang und zerzaust über die Schultern. Dawn zog Blätter und Nadeln daraus hervor, bemühte sich es mit den Fingern zu entwirren und flocht es zu einem losen Zopf. Das flaue Gefühl in ihrem Magen rührte wohl von Hunger und Durst her, vermutete sie. Dawn öffnete die Verschnürung ihres Rucksackes und stopfte sich Brombeeren gierig in den Mund. Sie hatte nichts zu trinken. Die Erkenntnis trieb ihr Tränen in die Augen und sie blickte sich um, wie auf der Suche nach Wasser. Der Wald hatte sich über Nacht seltsam verändert, stellte sie fest. Die Bäume hatten ihre Blätter abgeworfen. Nackte, Braune Äste soweit das Auge reichte. Dawn fröstelte. Wie lange hatte sie auf der kalten Erde gelegen? Es schien ihr als hätte sie den Herbst verschlafen um an einem Wintertag wieder zu erwachen. Jetzt merkte sie auch, dass das allgegenwärtige Rauschen der Blätter im Wind, das sosehr zu den Auen gehört hatte, verstummt war. Die Welt um sie herum schien wie tot und regte sich nicht. Dawn schluckte hart. Sie hatte einmal gehört, dass man, bevor man verdurstete zuerst wahnsinnig würde. Ob das wohl der Wahnsinn war? Dawn fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Sie musste Wasser finden und so erhob sie sich, schulterte ihren Beutel und machte sich auf den Weg. Durch die Baumskelette konnte sie den Lauf der Sonne verfolgen, wie sie langsam immer höher kroch. Und da sie keinen anderen Anhaltspunkt hatte, ging sie der Sonne entgegen. Ihre Strahlen wärmten ihre Haut und wenn Dawn kurz die Augen schloss tanzten Orange und Gelbe

Weitere Kostenlose Bücher