Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
wahr, als eine Ewigkeit und ein Augenblick zu vergehen schienen und sie endlich vor ihm stand. Ihre Augen waren milchig weiß und tauchten so sicher in das Blau seiner Augen, dass er sich unwillkürlich fragte, ob sie wirklich blind war. Lange standen sie schweigend voreinander. Lucthen trauter seiner Stimme nicht und seinem Geist waren keine Worte geblieben. Er konnte nur hoffen, dass sie die Worte von seiner Seele nehmen konnte ohne dass er sie aussprechen musste. Dann hob sie langsam ihre Hände und legte ihre Finger zart um sein Gesicht. „Ich wusste, dass du kommen würdest.“ Ihre Stimme war dunkel von Emotionen und Lucthen konnte nur nicken. Sie hielt ihn wie man ein Kind hält, vorsichtig und liebevoll.
Er war angekommen. In seiner Seele kein Sehnen, kein Hoffen übrig. „Der Pfeil?“, stieß er schließlich hervor.
Ein stilles Lächeln lag mit einem Mal auf ihrem Gesicht, „Es geht mir wieder gut.“
Erneut konnte er nur nicken und langsam ließ sie die Hände sinken, trat jedoch nicht vor ihm zurück. Als Liisatiina sich schließlich abwandte folgte er unwillkürlich ihrem Blick um zu sehen, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Ein Falke landete auf einem Baum, ganz in ihrer Nähe.
„ Endlich“, meinte Liisatiina leise. „Wir haben schon auf ihn gewartet.“ Lucthen wollte gerade fragen, was sie meinte, als Thistle auf die Lichtung gestolpert kam und als er seiner ansichtig wurde, erleichtert zu grinsen begann.
Kapitel 10
Crystal kauerte immer noch in ihrem Versteck zwischen den Zweigen. Sie hegte keinen Zweifel daran, dass die überirdischschöne Frau, die Lucthen auf der Lichtung getroffen hatte, Liisatiina war. Ein Blick ein Lucthens Gesicht hatte genügt um diese Vermutung zu bestätigen. Es war ihm wohl nicht bewusst, aber ihm rannen Tränen über die Wangen. Crystal hatte einen Kloß im Hals. So zu lieben und geliebt zu werden, beim Licht, das musste wundervoll sein! Sie hatten also endlich die östlichen Wälder erreicht. Sie hoffte, dass der Magus, den sie suchte, tatsächlich hier war und dass er ihr wirklich helfen konnte. Eigentlich war es längst an der Zeit die Lichtung zu betreten, doch Crystal fand, dass sie besser mit der Ungewissheit leben konnte, als womöglich eine Absage zu bekommen. Was wenn er ihr nicht helfen konnte und in den Mittellanden weitere Männer und Frauen sterben mussten? Schließlich betrat auch Thistle die Lichtung. Sein Lächeln wirkte genauso strahlend wie immer, auch wenn er erschöpft und müde aussah. Crystal lächelte leicht. Es sah so aus, als ob sie alle keinen einfachen Weg gehabt hatten. Zeit der Wirklichkeit ins Auge zu sehen, sagte sie sich, richtete sich langsam auf und trat zu den Anderen. Als Thistle sie bemerkte winkte er fröhlich und lief auf sie zu. Crystal erschrak ein bisschen, als er sie packte und überschwänglich im Kreis wirbelte. Doch dann schwappte Erleichterung wie Wellen über sie und sie lachte glücklich. Es war gut, nicht mehr alleine zu sein. „Es ist schön hier, nicht wahr?“, fragte Thistle und Crystal gab ihm Recht. Gemeinsam traten sie zu Lucthen und der Frau in den Roben die ganz aus Licht und Luft bestehen zu schienen. Crystal dachte, dass sie noch nie etwas Vergleichbares gesehen hatte und mit einem Mal kam sie sich klein vor und unscheinbar, verglichen mit der hohen, schlanken Gestalt dieser Frau. Doch dann richtete sie ihren Blick auf sie, ihren Blick aus milchig trüben Augen und Crystal lächelte sanft. Ihr Gesicht leuchtete in stillem Glück und wirkte so freundlich, dass es Crystal unmöglich schien, sie nicht zu mögen. Als Lucthen schließlich sprach klang seine Stimme mühsam beherrscht. „Liisatiina, dass sind meine Freunde die Lady Crystal Trenmain und Thistle von der Sippe des Mondes.“
„ Wir haben euch schon erwartet. Die Anderen werden sicher gleich hier sein. Sie sind ebenso neugierig auf die Bardin aus dem Westen und dem Mann, der dem Flug des Falken folgt, wie ich.“
Thistle runzelte die Stirn. „Wo sind Dawn und Corus?“
„ Wenn es ihnen bestimmt ist, werden sie kommen. Die Prüfungen dauern nicht für jeden gleich lang.“
Crystal horchte auf. „Was wenn es ihnen nicht bestimmt ist?“, fragte sie. Doch Liisatiina kam nicht mehr dazu diese Frage zu beantworten, denn in diesem Moment traten Männer und Frauen auf die Lichtung. Sie trugen Roben in Grün- und Brauntönen und mit ihnen kamen Andere, die nicht wie Menschen aussahen. Sie waren größer und schlanker. Eine sah
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