Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
„Seid ihr… Bist du nicht glücklich?“
Lange stand Liisatiina still und schien über seine Frage nachzudenken. „Für manche von uns ist es leicht. Nadjadira, Caranora und Vindarion sind Kinder Eidos. Sie kennen ihre Mutter, sie lieben die Wälder. Für die Anderen ist es schwerer.“ Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort. „Ich kenne nichts anderes. Die Halbelfen sind meine Familie, die Auen mein Zuhause. Doch ich würde gerne meinen Vater sehen und meine Mutter, bevor sie stirbt.“
Lucthen zitterte leicht. Ihre Mutter war ein Mensch. Liisatiina würde sie um ein vielfaches überleben. Dieses Wissen musste unheimlich sein. Lucthen wusste nicht, was er sagen konnte und so schwieg er, sah sie nur an. Sie erwiderte seinen Blick und Lucthen konnte nicht sagen ob sie Stunden oder Tage so standen. Sie berührten sich nicht und doch hatte er sich in seinem Leben noch nie jemandem so nahe gefühlt. „In der Nacht des Feuers“, begann Liisatiina schließlich zu sprechen. „Da war ich so stolz auf dich.“
„ Liisatiina, ich verstehe nicht“, begann er.
Sie nickte bevor er weiter sprechen konnte. „Ich habe es selbst jahrelang nicht verstanden. Immer wieder sah ich dich. Ein dunkelhaariger, ernster Junge erst, dann ein Mann in Magiroben. Ich habe Rat gesucht und Rat gefunden. Ich weiß nicht, wie ich dir das sagen soll...“
Lucthen schluckte hart. Sollte er ihr sagen, dass sie ihm alles sagen konnte, da er ihr wieder und wieder verzeihen würde, ganz egal was sie sagte? Sein Hals war wie ausgetrocknet und so wartete er nur stumm, bis sie weiter sprach.
„ Ich habe Eidos von dir erzählt. Sie meinte, dass es für diese Art der Verbindung nur eine Erklärung gibt. Wir sind nach der Art der Elfen verheiratet, Lucthen.“
Einen Moment lang schien die Welt still zu stehen. Ihre Worte ergaben keinen Sinn und dennoch klopfte sein Herz vor schierer Freude schnellere in seiner Brust.
„ Die Elfen sind durch und für den Krieg geboren. Ihr Leben war voller Gefahr, ein ewiger Sturm. Wenn Elfen heirateten wurde eine Zeremonie abgehalten, in der sie ihre Magielinien miteinander verbanden – so vollständig, dass sie daraufhin wie zwei Hälften von etwas Ganzem waren. Für uns heute klingt das romantisch, denn wir kennen weder Krieg noch Gefahr. Doch für die Elfen war das etwas womit sie sich absicherten. Nach der Hochzeit konnten die Vermählten ihre Stärke gemeinsam nutzen, selbst wenn sie sich an unterschiedlichen Enden der Welt befanden, sie konnten spüren, wenn dem Anderen Gefahr drohte und konnten ihr Wissen über ihre Träume teilen. Auch Mutter und Kind sind bei den Elfen auf diese Art und Weise verbunden. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, doch ich vermute, dass mein Vater mich nie in den Armen gehalten hat und meine Mutter war ein Mensch. Es liegt in meiner Natur, dass ich mich jemandem verbinden wollte, doch meine Eltern verwehrten mir dies. Als dein Vater mich in deine Arme legte, muss ich deine Begabung gespürt haben und instinktiv griff ich nach dir und verband mich mit dir. Ich wusste nicht, was ich tat. Es tut mir leid.“
„ Sag das nicht“, bat Lucthen tonlos. Zum ersten Mal in seinem Leben stellte er eine Entscheidung seines Königs in Frage. Wie hatte er sie wegschicken können? Verheiratet, hatte sie gesagt, doch als Säugling hatte sie ihn für ihre Mutter gehalten und instinktiv die Bindung gewirkt, die sein ganzes Leben verändert hatte. Lucthens Gedanken rasten.
„ Selbstverständlich ist dies keine wirkliche Ehe. Wir wussten Beide nicht, was wir taten. Natürlich bist du frei, dir eine Andere zu wählen.“
Liisatiina sprach so leise, dass Lucthen Mühe hatte, ihre Worte zu verstehen. Es dauerte einen Moment, doch dann begriff er, dass sie das nicht wollte ,dass sie sich dazu zwingen musste, ihn vor diese Wahl zu stellen und es kostete seine ganze Selbstbeherrschung weiter unbewegt vor ihr zu stehen und sie nicht in seine Arme zu ziehen.
„ Ich muss Crystal in die Sümpfe begleiten.“ Entsetzt merkte er, dass seine Stimme brüchig klang.
Liisatiina nickte ernst. „Ich weiß.“
Eine stille Hoffnung erleuchtete immer noch ihr Gesicht und Lucthen erahnte ihre Gedanken: „Danach könntest du zurückkommen.“ Traurig blickte er sie lange an. Wie konnten all seine Träume in Erfüllung gehen und im selben Moment wurde er gezwungen ihnen zu entsagen? Lucthen rang mit sich, doch deutlich sah er die verschiedenen Wege vor sich, die er nun gehen konnte. Wenn er Liisatiina
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