Die Lichtermagd
Patrizier so abzustrafen.
»Ihr lehnt uns ab?«, fragte Götz Scheffein konsterniert. »Ihr – lehnt uns ab?«
»Es sieht beinahe so aus«, erwiderte der Ritter kühl. »Ihr habt Bewaffnete dabei und werdet auch ohne meinen Schutz nach Prag gelangen. Bei den beiden Juden sieht das anders aus.
Außerdem haben sie, das sagte ich ja eben, schon vor Euch bezahlt. Ich stehe zu einem einmal gegebenen Wort.«
»Euer Herr König wird nicht erfreut sein«, schnarrte der Patrizier und wendete sein Pferd. »Kommt, Stromer.Wir sind hier nicht willkommen.«
Der junge Mann wendete seinen Schimmel, um Götz Scheffein zu folgen.Vorher aber schenkte er Gottschalk und Luzinde noch einen unfreundlichen Blick.
Luzinde atmete auf. »Habt Dank, Herr«, sprach sie. Erst als Ulman außer Sicht war, stellte sie fest, dass der Patrizier sie in der Hand gehabt hatte. Warum hatte er dem Ritter nicht verraten, dass sie keine Jüdin war? Damit hätte er ihn sicher davon abgebracht, Gottschalk und sie mitzunehmen. Luzinde fragte sich beklommen, was der junge Patrizier wohl gegen sie im Schilde führen mochte, dass er darauf nicht angewiesen war.
KAPITEL 15
D ein Vater, Mose, ist seit Tagen nicht beim Gebet gewesen. Was ist los mit Gottschalk? Ist er etwa in seinem Alter noch vom Glauben abgefallen?«, fragte Ulrich Stromer süffisant. Er empfing Mose in seinem Haus am Zotenberg – was keine große Anreise für den Mann gewesen war, denn er wohnte ja im Nachbarhaus.
»Mein Foter ligt mit einem schweren Schnupfen im Bett, Her«, erwiderte Mose auf seine beinahe unterwürfige Art. »Er sagt Euch de besten Winsch.«
»Ich hoffe, er erholt sich bald wieder. Wenn er so krank ist, dass er nicht in eure Judenschule gehen kann, muss es ihm ja recht schlecht gehen.« Sie wussten beide, dass Gottschalk andere Gründe hatte, schon drei Tage nicht in der Synagoge zu erscheinen, und dass dem anderen das auch bewusst war. Doch das Aufrechterhalten der Fassade gehörte zum Spiel.
Hosto machte es sich zur Gewohnheit, das Leben seiner potenziellen Feinde auszuspionieren. Oft waren Dinge dabei, die einem in Verhandlungen von Vorteil sein konnten. In diesem Falle war das ausgesprochen leicht, denn er konnte von seinem Eckhaus in den Innenhof des Juden schauen.
»Ich wollte mit Gottschalk sprechen, weil die Frist, die der Rat gestellt hat, verstrichen ist«, begann der blonde Mann nun und legte die Füße auf einen Hocker. »Wir haben ihm und den anderen gutes Geld für die Häuser geboten, in denen ihr Juden wohnt.«
Mose saß aufrecht auf der Kante seines Stuhls, als hätte er einen Besenstiel verschluckt. Der Bart mit den langen Schläfenlocken,
der Hut auf dem Kopf und die weißen Bänder des Gebetstuches unter seinem Wams verrieten Hosto, dass er ebenso fromm war wie sein Vater. Zudem hatte er Familie – das machte vieles einfacher.
»Seine Antwort, Her Stromer, is noch die gleiche. Er wil sein Haus nit abgeben. Nebenbei – das Geld ist nit mal die Helfte des Wertes.«
»Das ist aber schade«, erwiderte Hosto unbewegt. Er goss sich mehr Wein nach und verdünnte ihn mit Quellwasser. »Du willst ja sicher wie üblich keinen Wein, was, Mose?«
Der Mann schüttelte wie erwartet den Kopf.
»Ein Stück Brot?«
Wieder lehnte er ab.
»Einen Schluck Wasser?«
»Nein, aber ich dank dir, Her.«
»Du bist wählerischer als dein Herr Vater, nicht wahr? Er nimmt meinen Wein gerne. Es ist ja auch ein guter aus dem Land der Welschen. Mein Neffe ist so begeistert davon, dass er ihn unverdünnt trinkt.« Hosto seufzte und trank einen Schluck.
Mose zögerte. »’s is sicher der Beste, Her. Damit hat es nits zu tun. Meine Religion sagt, er is nit koscher.«
»Du trinkst also niemals Wein?«
»Doch«, der Mann runzelte die Stirn. »Wein, der koscher is.«
»Aber Gottschalk – dein Vater – trinkt meinen Wein stets mit Genuss.«
»Mein Foter farschtet das Gebot der Tora ein wenik anders.«
»Ah! Jetzt kommen wir der Sache auf den Grund«, lächelte Hosto. »Das heißt, es ist Auslegungssache, ob du denWein trinken darfst oder nicht? Dann kannst du doch mal ein Auge zudrücken, nicht wahr?«
Mose rutschte auf seinem Stuhl mit Unbehagen hin und her. »Vergebung, Her. Ich darf des nit.«
»Das heißt doch nur, dass mein guter Wein dir nicht gut genug ist, was, Mose?« Hosto schob in gespielter Anerkennung die Unterlippe vor. »Dann müsst ihr zu Hause einen grandiosen Wein trinken. Aber ich bin ein wenig beleidigt. Selbst König Karl hat diesen Wein
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