Die Lichtermagd
nicht abgelehnt.«
Mose schwieg, und Hosto triumphierte innerlich.Was sollte der Mann auch sagen? Er hatte sich mit dem Rücken zur Wand in eine Ecke manövrieren lassen.
»Zu dem Haus – ich hatte ja gehofft, diese Angelegenheit gütlich beilegen zu können«, fuhr Ulrich fort. »Ich wäre sehr bedrückt, wenn es deshalb zwischen uns zu Unstimmigkeiten käme. Wo wir doch so gute Nachbarn sind.«
»Ein guter Nachbar neidet dem anderen nicht sein Heim«, erwiderte Mose kühl.
»Und ein guter Gast«, Hosto wies auf den Wein, »nimmt, was sein Gastgeber ihm anbietet.«
»Schon der Foter meines Foters lebte hier, auf dem Zotenberg, in unserem Haus. Auch in deinem Haus lebten einmal idene, Herr. Wir waren Geste hier in der Schtot, und wir haben genomen, was man uns geboten hat. Dies Land«, Mose runzelte verärgert die Stirn, »war Sumpf, als unsere Ahnen herkamen, Her! Man hat sie hier wonen lassen, weil es ein matschiger Morast war, den nimand sonst wolt haben. Nun ist es das Herz der Schtot. Und nun wolt ir’s uns wegnemen?« Er schnaubte abfällig. »Wir wolen aber nit gen.«
»Ist das so«, murmelte Ulrich jetzt ganz ruhig. »Du vergisst dabei nur eines, Jude.«
»Und des is was?«
»Gäste werden geduldet, solange sie willkommen sind. Und wenn sie länger bleiben, dann schickt man sie wieder fort. Ihr
Juden glaubt, ihr habt hier Rechte?« Er feixte. »Ihr seid Fremde in einem fremden Land. Ihr wart willkommen, solange ihr uns von Nutzen wart. Aber weißt du was, Mose?« Hosto lehnte sich so plötzlich vor, dass sein Gegenüber zusammenschreckte. »Wir brauchen euch nicht mehr.«
Die Drohgebärde hatte ihre Wirkung auf sein Gegenüber nicht verfehlt. Doch Mose straffte sich. »Dann is ja gut, dass wir nit eure Geste sind«, erwiderte er nun mit dünner Stimme. »Wir sind des Keniks. Und der Kenik wird uns schitzen.«
»Du scheinst dir dessen ja recht sicher zu sein.«
»Des bin ich.«
»Und was, wenn Gottschalk mit seiner Reise nach Prag keinen Erfolg hat?« Hosto lächelte. »Was, wenn Karl ihn zurückschickt, weil er lieber mit Christen verhandeln will als mit Juden?«
Hosto beobachtete mit satter Befriedigung, wie es im Hirn des anderen arbeitete. Vielleicht bekäme er den Mann ja doch noch dazu, das Haus zu verkaufen, ohne dass schlimmere Maßnahmen nötig waren. Nicht, dass Hosto sonderlich davor zurückschreckte, das Leben der Juden zu opfern, um sein Ziel zu erreichen. Doch wenn es eine elegantere Lösung gäbe, würde er sie der einfachen, brutalen Gewalt vorziehen.
Als sich Moses Lippen zu einem feinen Lächeln kräuselten, wusste Hosto, dass er sein Spiel nicht gewonnen hatte. »Wen de ganz sicher werst, dass Karl uns aufgibt«, erwiderte Mose nun, »dann wer ich heut nit hier, nit war, Her Stromer? De wilst, das ich dein Geld nem und des Haus hergeb.Aber weißt«, der Mann erhob sich und verbeugte sich tiefer, als es sich gegenüber einem Gastgeber üblicherweise geziemte, »so leicht wird des nit werden, Her.« Damit ging er ohne ein weiteres Wort.
»Das ist aber schade«, sagte Hosto noch, obwohl er nicht mehr gehört wurde. »Sehr schade.« Er beherrschte seine Wut, bis er unten die Haustür gehen hörte. Dann nahm er den Weinkrug und schleuderte ihn mit aller Kraft gegen die Wand seiner Schreibkammer. »Ihr wählt den harten Weg?«, murmelte er dazu. »Dann sollt ihr den harten Weg bekommen.Wir werden sehen, wer den längeren Arm hat, verfluchtes Judenpack!«
Es dauerte eine Stunde, bis sich Ulrich Stromers Gesinde wieder in die Kammer traute, um die Scherben zu beseitigen und die Wand zu säubern. Hosto hörte die Glocken von Sankt Sebaldus und wusste, was der nächste Schritt war. Die Zeit war reif, ein Urteil aufheben zu lassen. Jetzt würde er die Hunde von der Kette lassen.
Ulman sah zurück und ließ seinen Blick über das Land unter ihm schweifen. Da lagen sich sanft aufschwingende Wiesen und Wälder unter ihm, die sie heute Stunde um Stunde hinter sich gelassen hatten. Da fanden sich kleine Höfe und Weiler, in denen die Menschen ihrem einfachen Tagwerk nachgingen. Die tief stehende Abendsonne tauchte alles in ein warmes Licht und warf gleichzeitig lange Schatten.
Manchmal beneidete der junge Stromer die schlichte Landbevölkerung. Die Probleme dieser Menschen erschienen ihm überschaubar. Was konnte man sich beim Düngen der Felder, beim Melken der Kühe und beim Ernten von Äpfeln und Rüben schon für Sorgen machen? Niemand würde darunter leiden, wenn man den Acker
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