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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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offenbar auch, denn man sagte ja, das Volk gehöre seiner Kammer an. »Ihr schert Euch nicht um meinen Leumund?«, fragte sie mit einem letzten Blick zur Tür.
    Gottschalk musterte sie aus hellen grauen Augen.
    »Stilst aus Geweinung?«
    Sie nahm an, er meinte Gewohnheit. »Nein.«

    »Bist en Hur?«
    Luzinde zögerte. Manche Menschen würden sie als Hure bezeichnen – doch sie verdiente ja nicht ihren Lebensunterhalt als Hübscherin! »Nein.« Die Unterstellungen wurden ihr lästig, und doch wusste sie, dass Gottschalk allen Grund hatte, sie das zu fragen.
    »Hast de en Kind gemorderet?«
    Sie biss die Lippen aufeinander, dann schüttelte sie sanft den Kopf. Doch sie errötete noch tiefer als zuvor.
    Gottschalk musterte sie aus mitfühlenden grauen Augen. »Ich bin alt. Ich weiß, dass keiner ohn Feler is, ob Jid, ob Krischt. De hast gefelt, ich seh des. Des is nur mentschlich.«
    »Woher wisst Ihr das?«, fragte Luzinde leise.
    Er schürzte die Lippen und sah auf den Boden. Luzinde fand, dass sein Gesicht älter und grauer wirkte als noch zuvor. »Ich hab in meinem Leben ein paar beise Mentschen geseen. Und heißt’s nit: Drum werden de Frevler im Gericht nit besteen noch de Sinder in de Gemeinde de Gerechten? Beise Mentschen haben beise Augen. Du auf der andern Seit …« Doch er beendete den Satz nicht.
    Luzinde staunte, als der Alte ihr denselben Psalm zitierte, den ihr die Meisterin Elisabeth bei ihrem Aufbruch aus Pillenreuth mitgegeben hatte.Was bei der Begine hart und abweisend geklungen hatte, wirkte bei Gottschalk beinahe versöhnlich!
    »Ich habe also keine schlechten Augen?«, fragte Luzinde verwirrt.
    Er sah auf. Sein Blick begegnete unter buschigen Brauen dem ihren. Die Magd fühlte sich wieder an die Meisterin Elisabeth erinnert. Er schien einen Augenblick zu überlegen. »Ich glaub, de bist kein beiser Mentsch.«
    Luzinde lächelte. Zum ersten Mal, seit sie von dem Beginenhof verstoßen worden war, keimte in ihr so etwas wie Hoffnung.
Und wenn das eineVersuchung des Teufels war, dann war es eine verdammt gute. Sie zuckte mit den Schultern. Sollte der Teufel doch kommen. Lieber begegnete sie ihm ausgeschlafen und mit gefülltem Magen. Sie stellte ihr Bündel ab.
    »Dann will ich Euch dienen.«

KAPITEL 5
    An dem Tag, an dem die Stadt Nürnberg sich in Demut vor König Karl verbeugen wollte, verhüllten graue Wolken den Himmel, und ein leiser Nieselregen segnete die Felder. Ulrich Stromer kannte den Wert von gewaltigen Symbolen, und so ertrug er den Regen mit bescheidener Würde. Als der Ratsherr aber auf die feuchte Wiese vor der Stadt sah, auf der der Herrscher die Unterwerfung des Rates erwartete, da verfluchte er die Symbolik. Natürlich hatte der Römische König nur für sich und seine nächsten Gefolgsleute einen Baldachin bereitstellen lassen. Auf dem Rest der Wiese versank der Boden in Nässe. Doch Ulrich mahnte sich zur Geduld. Der Stoff seiner Beinlinge mochte durchweichen und sein Stolz ein wenig verletzt werden. Doch mit Stolz konnte sich ein Handelsherr nichts kaufen. Der gute Wille eines zukünftigen Kaisers hingegen war Gold wert. Also kniete Hosto sich in den Schlamm und bot dem König den Schlüssel Nürnbergs auf einem Stahlschild dar. Der Regen tanzte darauf mit federleichter Melodie.
    Der Nieselregen verstärkte sich sanft zu einem kurzen Schauer, der Hostos Gesicht bald trotz seiner Mütze mit einem feuchten Film überzog. »In Demut, mein Fürst, überreicht Euch die Reichsstadt Nürnberg ihre Schlüssel. Sie empfiehlt sich Eurer Gnade und Eurem Urteil. Nürnberg hat erkannt, dass Euer Anspruch auf den Thron des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation wahrhaft unangefochten bleiben muss. Daher bittet Euch der Rat der Stadt, lasst Nürnberg in das Reich zurückkehren. Nürnberg will Euch dienen, Herr!«
Und damit senkte Hosto den Kopf, der dünne stählerne Schild, auf dem der Schlüssel lag, noch emporgehoben. Er hatte darauf bestanden, dass die Unterlage die Form eines Wappenschildes mit dem Reichsadler erhielte – nur für den Fall, dass der König eine Erinnerung dafür brauchte, woher die besten Brünnen des Reiches stammten.
    Doch König Karl antwortete nicht. Erwog er, Köpfe rollen zu lassen, um seine Macht zu demonstrieren? Und war Hostos vielleicht darunter?Wer sich in der Reichspolitik irrte, kam üblicherweise nicht leicht davon. Er starrte bald mit zitternden Armen auf die dunklen Flecken an den Knien seiner Hosen und biss die Zähne zusammen, denn der Stahl

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