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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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einbildete, um wenig und gab viel. Bei ihm handelte es sich um den arroganten Sohn des berühmten Konrad Groß, jenes reichen Mannes, der mit dem verblichenen Kaiser Ludwig dem Bayern eng befreundet gewesen war. Fritz Schopper hingegen, ein Kaufmann, der beste Handelskontakte ins Königreich Böhmen besaß, war der ewige Zweifler der kleinen Gruppe, obwohl auch er einsah, dass endlich etwas getan werden musste. Und Götz Scheffein, Hostos Schwager, der Mann seiner Schwester, machte bisweilen den Eindruck, als sei er sogar noch skrupelloser als Hosto. Dieser Gedanke erschreckte selbst den blonden Ratsherren, brachte Götz dabei doch nicht halb so viel diplomatisches Geschick mit wie er.
    »Und du bist sicher, dass der Seckendorf mit den Juden gesprochen hat?«, fragte Leupold Groß ungläubig.
    »Absolut sicher, Leupold.« Was dachte der Mann denn – dass er wie ein altes Weib die Hühner scheumachte?
    »Und er will hinter dem Rücken des Rates das Judengeld eintreiben?«

    »Genau das. Für Burggraf Johann.«
    »Das ist … eine ganz besondere Dreistigkeit.«
    »Das ist mehr als dreist, Leupold!«, schnaubte Hosto. »Dieser verruchte Sohn einer räudigen Hündin versucht, uns auszuboten.« Ihm fiel auf, wie laut seine Stimme durch die Schiffe der leeren Basilika hallte, und verstummte. Noch einmal ließ er den Blick durch das stille Nordschiff gleiten. Die vielstabigen Pfeiler schienen von schräg gesehen eine geschlossenene Wand zu bilden und schufen mit den gekreuzten Gewölben eine klösterlich abgeschiedene Atmosphäre. Dass dem nicht so war, dass Sankt Laurentius mit seinen vielen Altären und dem Meer von Kerzen nur zufällig leer war, wie er vorher den Küster hatte feststellen lassen, musste Hosto sich immer wieder ins Gedächtnis rufen.
    »Wie entsetzlich!«, flüsterte Fritz Schopper. »Kann er das tun?«
    »Er kann nur das tun, was wir anerkennen«, knurrte Götz Scheffein. »Der Aufstandsrat hat das Judengeld eingezogen. Wenn er es will, soll er sich doch an den wenden!«
    »Nur gibt es den nicht mehr, werter Götz«, erwiderte Leupold Groß mit feinem Spott. »König Karl hat alle Bescheide des Rates für nichtig erklärt.Wir als neuer Rat weigern uns natürlich, den Burggrafen Johann zu bezahlen, und wir werden auch verhindern, dass die Juden nochmals Geld abgeben. Das bedeutet dann, dass damals ein paar Leute ohne jede Legitimation die Juden um die Abgaben erleichtert haben. Als Folge wird Johann sich an die Familien wenden, die damals im Rat gesessen haben.«
    Ulrich Stromer erinnerte sich mit wachsender Abneigung gegen den jungen Gecken, dass außer der Familie Groß beinahe jede ehrbare, also ratsfähige, Familie – die Türbrechs, die Weigels, die Prechtels, die Gruntherrs, die Wendelsteins, die
Kammerers, und wie sie alle hießen – im Aufstandsrat gesessen oder doch zumindest mit ihm zusammengearbeitet hatten. Natürlich hatte man vieles davon Karl gegenüber verschwiegen. Die einzige Familie, die Karls Zorn im Sommer nicht hatte fürchten müssen, hatte Groß geheißen.
    »Das geht nicht! Wir haben das Geld nicht!«, stammelte Fritz Schopper leichenblass. »Das kann er doch nicht, oder?« Er wandte sich Hosto zu, wie üblich, wenn er nicht weiterwusste.
    Ulrich Stromer zuckte mit den Schultern. »Wir sollten uns beim König absichern.«
    »Aber dafür werden wir ihm auch Schuldige aus den Reihen der Ehrbaren Familien liefern müssen«, stellte Götz Scheffein fest.
    Diese Aussage stimmte Hosto milder. »Ich bin froh, dass du da bist, Götz«, meinte er und bleckte die Zähne. »So spricht mal jemand anders die unbequeme Wahrheit aus.«
    »Wer soll es sein?«, fragte Leupold Groß, ohne zu zögern.
    »Ulrich Gruntherr«, sagte Hosto. Er hatte sich das bereits gründlich überlegt. Eigentlich stand dieser Name für ihn fest, seit Gruntherr sich damals auf den Zinnen der Kaiserburg vor Entsetzen über den diplomatischen Sieg Karls beinahe die Beinkleider benässt hatte. »Sein Name steht auf vielen Dokumenten. Das zu tilgen sollte eh beinahe unmöglich sein. Au ßerdem ist er ein ängstlicher Schwächling. Es ist nicht schade um ihn.«
    »Ist er der Grund, warum wir uns nicht in deinem Haus treffen, sondern uns wie Verschwörer in Kirchenmauern rumdrücken?«, fragte Leupold Groß stirnrunzelnd.
    »Er, und einige andere, die wissen, dass es von Bedeutung ist, wenn ich nur einen sehr ausgewählten Kreis von Männern in mein Haus einlade.«

    »Gruntherr also«, murmelte Fritz Schopper mit einem

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