Die Lichtermagd
kam er Schoppers Einwand zuvor, »dass wir mehr zahlen müssen als sie.«
»Mehr zahlen? Hosto, du bist irre. Wir sitzen doch jetzt schon auf den Schulden!«, wandte Schopper ein.
»Du hörst dich schon wie Ulrich Gruntherr an«, knurrte Hosto ungeduldig. Wie erwünscht brachte das den anderen Mann zum Verstummen. »Wenn wir die Judenhäuser abreißen, werden wir ausreichend Geld haben, um Karl zu bezahlen – und unsere Schulden obendrein.«
»Das stimmt«, meinte Leupold Groß mit einem feinen, gierigen Lächeln. »Das Hab und Gut der Juden hat Karl uns bereits zugesprochen.«
»Aber das werden sie doch niemals freiwillig herausgeben!«, rief Schopper. »Wie sollen wir’s uns denn holen, wenn nicht
mit Gewalt? Und dann sitzt uns wieder der König im Nacken! Sie ausbluten zu lassen ist eine Sache. Das Volk auf sie zu hetzen auch. Aber ihre Häuser niederbrennen und dem Erdboden gleichmachen? Das ist ein Vergehen am Königsstuhl selbst!«
»Nicht, wenn er darauf verzichtet, uns dafür zu belangen«, widersprach Hosto.
»Verzichten?«, fragte Götz Scheffein nun. »Er profitiert doch nur von den Juden. Er kann sie auspressen, nach Belieben verleihen, sich das Geld für eine Tilgung ihrer Schulden zahlen lassen – ganz wie es ihm beliebt. Aber nur, wenn die Juden noch am Leben sind. Also warum sollte er verzichten, uns dafür abzustrafen?«
Hosto ließ die berechtigte Frage einige Augenblicke bei den anderen einsickern. »Weil Karl Kaiser werden will«, sagte er dann sanft. Die Gewichtigkeit dieser Aussage verfehlte seine Wirkung auf die Männer nicht.
»Und das hilft uns wie?«, fragte Groß in das Schweigen.
»Er hat von Ludwig dem Bayern gelernt. Starke Städte mit reichen Kaufleuten wie uns -«, Hosto wies in die Runde und sah, wie die Männer stolz die Brüste reckten, »sind eine langfristige Investition. Und ein Machtfaktor. Wüsste er nicht, dass Nürnberg Macht hat – warum hätte er dem Rat dann den Aufstand vergeben? Karl ist nicht so dumm, dass er unsere Lügen nicht zu durchschauen vermöchte. Nein, er hat sie akzeptiert, um uns zu gestatten, unser Gesicht zu wahren. Karl will ein starkes Nürnberg. Denn Karl will Kaiser werden. Und Nürnberg ist trotz des Aufstandes immer noch eine der reichsten Städte seines Reiches.«
»Das ist nur Spekulation«, sprach Leupold Groß leise.
Hosto ballte die Fäuste, doch er unterdrückte seinen Zorn. »Natürlich, Leupold, können wir das nicht genau wissen. Aber glaub mir, ich habe Recht.«
»So Recht wie damals, als du sagtest, dass Ludwig von Brandenburgs Partei gegen Karl gewinnen würde?«
Hosto funkelte ihn an. »Dass sein Kandidat aufgeben würde, konnte man nicht ahnen.«
»Und wir können nun auch nicht ahnen, ob du dieses Mal Recht hast und Karl wirklich nichts auf sein Versprechen gegenüber Burggraf Johann hält, sondern kaufmännischen Argumenten den Vorzug gibt, um Kaiser zu werden.«
»Glaub mir, Freund Leupold«, knurrte Hosto, »er wird es tun. Der Mann hat Großes vor.«
»Was also sollen wir machen?«, warf Götz Scheffein ein. »Sollen wir die Judenhäuser niederbrennen?«
»Jungfrau Maria!«, rief Schopper aus. »Das können wir nicht! Nicht«, lenkte er ein, »ohne ausdrückliche Erlaubnis des Königs!«
»Die wird er uns niemals geben«, meinte Leupold leise.
»Wir werden sehen«, sprach Hosto starrköpfig. »Nur der versagt in seinem Tagwerk, der aufgibt, bevor es beginnt.«
»Wir sollten mehr Druck machen«, warf Scheffein ein. »Das Volk ein wenig aufwiegeln. Da ist doch dieser Schneider wieder in der Stadt – Romer, nicht wahr? Lassen wir ihn an der langen Leine. Vielleicht kann er die Stimmung ein wenig anheizen.«
»Romer ist nicht zufällig zurückgekehrt«, sagte Hosto. »Ich habe dafür gesorgt, dass der Mann in Ruhe gelassen wird. Alles, was wir tun müssen, ist, das Urteil gegen ihn aufzuheben. Dann ist der Kerl in seinem Element.«
Da zog Leupold Groß anerkennend eine Augenbraue hoch. »Respekt, Mann. Du denkst weit voraus.«
»Wenn man nur denkt und nicht handelt, kommt nie etwas dabei heraus«, knurrte Hosto. »Schließlich müssen wir uns aber im Klaren sein, wie weit wir gehen werden.«
Dies ließ die Männer nachdenklich verstummen. »So weit, wie es Nürnberg wert ist zu gehen«, sagte Leupold Groß beinahe zärtlich. »Wir dürfen gegen den Burggrafen nicht verlieren.« Scheffein nickte natürlich, und selbst der weinerliche Schopper stimmte schließlich zu.
»Gut. Dann wollen wir den Druck
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