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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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erhöhen. Und wenn das nicht reicht, um die Juden zum Verkauf ihrer Häuser zu ermuntern …« Hosto machte eine Pause, um seine Worte vorsichtig zu wählen, »dann müssen wir mit dem König reden.«
     
    Die Männer hatten Sankt Laurentius auf demselben Weg verlassen, auf dem sie hereingekommen waren – durch eine Seitentür. Stille senkte sich über den Kirchenraum, in der eine schöne Maria ihr Jesuskind auf dem Arm trug und der heilige Laurentius in bunten Bildern auf einem Feuerrost für seinen Glauben zu Tode gemartert wurde.
    Erst, als einige Zeit später wieder Gläubige in die Kirche traten, um vor den Altären zu beten, Kerzen für die Verstorbenen zu entzünden und ihre Seelen den Schutzheiligen anzuempfehlen, wagte Luzinde, hinter dem Chorgestühl der Rüstungsplattner am anderen Ende der Kirche hervorzukriechen, das ihr als Versteck gedient hatte. Sie traute ihren Ohren noch immer nicht. Nicht alles, was die Männer besprochen hatten, war bis zu ihr gedrungen, ja, sie hatte nicht einmal alle Namen verstanden. Ein Götz und ein Leupold waren dabei gewesen. Und war die eine Stimme nicht die von Ulmans Onkel gewesen, die sie an den Fischteichen von Pillenreuth gehört hatte? Doch wenn auch nur ein Quäntchen Wahrheit an dem war, was eben besprochen wurde, dann waren Gottschalk und die Seinen in großer, ja, in höchster Gefahr.
    Luzinde mischte sich, noch am ganzen Leibe zitternd, unter die Gläubigen, bekreuzigte sich vor der Jungfrau und dem Jesuskind
und betete einige Ave Maria, um sich zu beruhigen. Sie war wieder in die herrschaftliche Kirche gegangen, weil sie sich nicht mehr nach Sankt Klara hinein wagte. Beinahe wünschte sie, sie hätte es nicht getan. Sollte sie die Juden warnen? Gottschalk war immer gut zu ihr gewesen. Aber auf der anderen Seite handelte es sich bei diesen Männern um aufrechte christliche Bürger. Und hatten sie nicht einzig das Wohl Nürnbergs im Sinn?

KAPITEL 12
    Zu Sankt Simon und Juda konnte man den herannahenden November bereits deutlich spüren. Nebel stand in den Niederungen der Pegnitz, und die Morgenluft war von Dunst verschleiert. Die Schatten wurden früher länger, die Sonne stand tiefer, und als Luzinde nach ihren Arbeitspflichten frei war, dämmerte es bereits.
    Sie ging allein den steilen Berg zur Kaiserburg hoch.Vermutlich durfte sie gar nicht hier sein. Wenn einer der Turmwächter sie erwischte, dann erginge es ihr sicher schlecht. Doch als Luzinde sich bei dem Gedanken ertappte, schmunzelte sie nur. Sie war keine Bettlerin mehr. Und wenn die Turmwache sie nicht erwischte, würde auch nichts geschehen. Dieses Treffen war zu wichtig – sie musste sich mit jemandem besprechen, der sich in Nürnberg besser auskannte und dem sie vertraute.
    Luzinde kam zur Pforte der Hasenburg, jenes Gebäudes, das dem direkten Zugang von der Stadt zur Burg als Wache diente. Das Gitter des Himmelstores nahm ihr allen Mut. Diese Burg war gebaut worden, um Ritter und Söldner auszusperren! Sicher würde sie sich nicht so einfach Zugang verschaffen können, wo ganze Heerhaufen scheiterten. Doch als sie an den rostigen Stäben rüttelte, merkte sie, dass das Tor nur angelehnt war. Sie drückte es auf und war erstaunt, wie leicht es in den Angeln ging. Es quietschte nicht einmal. Vorsichtig wagte sie sich hindurch und machte ein paar Schritte durch die Zufahrt. Das letzte Wegstück war das steilste und führte sie in einen Vorhof.

    Was für ein gewaltiges Gemäuer! Jetzt sah sie, dass es sich bei der Burg eigentlich um deren drei handelte. Luzinde kam die Anlage vor, als hätte man drei hohe Kisten in einer Reihe aneinandergeschoben, denn jede Burg besaß ihre eigenen Mauern, mit denen sie sich von der nächsten abschottete – und doch lagen sie direkt nebeneinander. Die Burggrafenburg lag hangabwärts und gehörte nicht zur Kaiserburg. Luzinde stand nun im mittleren Hof, in dem einige Wirtschaftsgebäude lagen. Der runde Sinwellturm trennte die beiden Höfe voneinander und musste einen immensen Ausblick gestatten.Vor ihr schirmte eine weitere Mauer mit Tor die dritte und eigentliche Kaiserburg vom Vorhof ab. Dort ragte der Palas der Hauptburg mit dem Kapellturm auf.
    Widerwillig zwang Luzinde sich vorwärts. Sie hatte eilig zugestimmt, als Ulman das Treffen an diesem Ort vorgeschlagen hatte. Natürlich hatte sie es spannend gefunden, diese Heimat des Kaisers in Nürnberg einmal selbst sehen zu dürfen. Doch als sie nun den mittleren Hof zwischen den Burgen hinaufging, fühlte sie

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