Die Lichtfaenger
lobte und seine Methoden entschieden verteidigte. Wäre es nach Bewell gegangen, hätte jeden Tag eine Hinrichtung stattfinden können, aber seit der Kommissar fort war, geschah in dieser Hinsicht gar nichts mehr und mit dem Schöffengeld und den üppigen Tafeln bei Gericht war es vorbei.
Löher traf ihn am späten Nachmittag auf der Straße und sein Mitschöffe schien für diese Tageszeit in einer erstaunlich guten Verfassung zu sein.
»Na, Hermann Löher«, sagte Bewell und kam gleich zur Sache, »wir haben uns ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Wenn es Eure Zeit erlaubt, könnten wir einen Krug Bier miteinander trinken. Was haltet Ihr davon?«
»Ein schnelles Bier geht!«, antwortete Löher. Es war sicher klüger, den Bewell nicht zum Feind zu haben.
Die Gaststätte war menschenleer.
»Zwei Humpen!«, rief Bewell noch während des Eintretens und steuerte zielstrebig seinem inzwischen angestammten Platz am Fenster zu. »Was machen die Geschäfte?«, fragte er dann, eher der Höflichkeit halber.
»Gut! Der Wollhandel ernährt seinen Mann. Nächste Woche soll ich nach Frankfurt!«
»Da seid Ihr aber ganz schön mutig! Habt Ihr denn keine Angst vor den Schweden? Überall jagen sie die Katholischen wie die Hasen, gewinnen eine Schlacht nach der anderen. Der Doktor Buirmann ist der Ansicht, es sei eine Strafe Gottes, dass der Ketzerkönig Gustav Adolf den kaiserlichen Truppen vernichtende Niederlagen bereitet, weil in den katholischen Ländern die Hexen und Zauberer zu wenig verfolgt würden!
Hat er nicht Recht?«
»Wo ist er eigentlich, der Kommissar?«, fragte Löher statt einer Antwort.
»Immer noch in Köln, sagt der Heimbach.« Bewell zog den Stuhl näher heran und beugte sich über den Tisch. »Man vermutet, dass es jemand aus Rheinbach war, der ihn angeschwärzt hat. Ich meine, Ihr habt ja bestimmt schon gehört, weshalb der Doktor in Köln ist. Er hat zwar versucht, es geheim zu halten, aber irgendetwas sickert immer durch.
Wie es aussieht, soll der Kirchenausschluss zurückgenommen werden – sagt jedenfalls der Heimbach!«
»So, so«, meinte Hermann Löher nur und lächelte grimmig in sich hinein. Er glaubte zu wissen, wer dahinter steckte.
Schließlich hatte sein Freund Freylink des Öfteren von Professor Nikolaus Haustadt erzählt, der als Theologe einen hervorragenden Ruf genoss und mit dem er lange Zeit im Kölner Dominikanerkloster zusammengelebt hatte. Löher hatte Freylink darauf angesprochen, aber keine Antwort erhalten.
Bewell trank den Rest des Kruges mit einem Schluck leer und bestellte einen neuen. Während er auf das Bier wartete, sah er Löher mit einem sonderbaren Blick an, sagte aber nichts.
»Was ist los?«
»Nichts. Wieso, was soll sein?«
Löher beschlich ein unbehagliches Gefühl.
»Wenn der Kommissar zurückkommt«, hob Bewell an,
»werden sich noch einige wundern. Es gibt hier genug für ihn zu tun. Ja, da werden sich noch einige wundern!«
»Was meint Ihr damit? Ihr scheint mehr zu wissen!«
Bewell nahm wieder einen großen Schluck und wischte sich mit dem Ärmel den Schaum vom Mund. Dann lachte er.
»Nicht viel mehr als Ihr, Hermann Löher!« Er kniff die Augen zusammen und schien beinahe über die Tischplatte zu kriechen. »Erinnert Euch! Er hat noch einen Namen frei! Die Anna Peller, die ist schon…«
Er machte eine langsame, verhuschte Handbewegung
himmelwärts, pfiff dabei anschwellend, ließ dann den Ton abfallen und in einem Hauch ausklingen.
»Ja. Zusammen mit dem Hilger Lirtz!«
Kurz bekam Bewells trüber Blick etwas Klares, vernebelte sich aber sofort wieder.
»Überlegt einmal! Einen Namen, eine Person hat er noch frei! Und die holt er sich, so wahr ich Jan Bewell heiße!«
Hermann Löher wurde immer unbehaglicher zumute. »Habt Ihr einen Verdacht, wer es sein könnte?«
»Einen Verdacht?«, lachte der andere. »Einen Verdacht?
Habt Ihr denn die Protokolle nicht gelesen, die der Geck Augustin mit seiner wunderschönen Handschrift angefertigt hat? Denkt an die Bella Kloster und die Magdalena Poppertz!
Da war doch noch ein Name, den die beiden genannt haben!«
»Da waren viele Namen. Außerdem sind die beiden schon hingerichtet und alle Protokolle bekommen wir nicht zu lesen!«, antwortete Löher unwirsch, da ihm Bewells verschwörerische Heimlichtuerei zunehmend zuwider wurde.
»Als Zeugen braucht er sie nicht mehr, da hat er andere. Im Übrigen steht ja alles in den Protokollen und das genügt, sagt der Doktor!«
»Noch ist er nicht
Weitere Kostenlose Bücher