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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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zu lassen! Und ihr könntet euch über das Geld hermachen! Nein, mein Lieber, ich werde den Spieß umdrehen! Morgen früh bin ich beim Amtmann Schall von Bell! Er soll ruhig erfahren, welch feine Herren als Schöffen hier im Gericht sitzen!«
    Löher war, als hätte ihm jemand einen Prügel über den Kopf gezogen. Unfähig, ein Wort zu entgegnen, stand er da, den Mund halb offen und im Blick Fassungslosigkeit. Hatte die Lapp noch alle Schüsseln im Schrank? Auf was hatte er sich da eingelassen? Ausgerechnet zum Schall wollte sie laufen, diesem Erzlumpen, der schon ihren Mann in den Kerker gebracht hatte, der nur dank Buirmanns Exkommunikation überhaupt noch am Leben war?
    »Gertrud, ich…«
    »Von dir hätte ich so etwas nicht erwartet! Wenn mein Sohn da wäre, der würde dich hinauswerfen, auf der Stelle und in hohem Bogen!« Ihre Erregung steigerte sich fast zur Hysterie.
    Jedes Mal, wenn er sie zu unterbrechen versuchte, lärmte sie umso lauter.
    Löher wusste sich nicht mehr anders zu helfen und schrie sie an. »Halt endlich den Mund!«
    Erschrocken hielt sie inne.
    »Also, jetzt hör einmal zu! Dein Geld interessiert mich so viel wie Hühnerdreck und hat mich auch nie interessiert. Ich habe selbst genug. Wenn du zum Amtmann rennst, überlege dir ganz genau, was du sagst! Wenn du meine Warnung in den Wind schlägst, so ist das deine Sache. Ich wollte dir helfen, aber du würdest mich dafür noch ans Messer liefern! Wenn ich das vorher geahnt hätte, wäre mir kein Sterbenswörtchen über die Lippen gekommen, da kannst du sicher sein!«
    In ihren Augen stand nach wie vor Misstrauen und ihre Haltung drückte Ablehnung aus.
    Löher redete nun um sein Leben. Er versprach ihr, alles zu tun, um ihren Mann freizubekommen, beteuerte, dass es keine Verschwörung gegen sie gebe, appellierte an die langjährige gute Nachbarschaft, schwor bei Gott und allem, was ihm heilig sei, dass er es nur gut gemeint habe. Nach fast einer Stunde glaubte sie ihm zwar immer noch nicht, versprach aber wenigstens, von einer Anzeige abzusehen.
    Mit einem lauten, erleichterten Aufatmen warf Löher die Lapp’sche Haustür hinter sich zu.
    Dumme Kuh, dumme!, dachte er und dass es besser sei, der Lapp in nächster Zeit aus dem Weg zu gehen.
    Wie ein Lauffeuer ging es schon am frühen Morgen durch Rheinbach. Der Doktor Buirmann sei wieder da. Beinahe drei Monate hatten hier die Prozesse geruht, während Doktor Moeden drüben in Flerzheim und Meckenheim munter
    weitergebrannt hatte. Aber nicht allein sei er gekommen, ein anderer Kommissar solle dabei sein und zusammen mit den ebenfalls zurückgekehrten Bettelmönchen hätten sie wieder alle beim Gerichtsschreiber Quartier bezogen. Noch vor dem Mittagläuten wurde Gertrud Lapp verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Hermann Löher erfuhr erst am Abend davon, da er zu einer Beerdigung in Münstereifel, seinem Geburtsort, gewesen war, von wo die Familie nach Rheinbach gezogen war, als er fünf Jahre alt war.
    »Dietrich von der Stegen heißt er, der neue Doktor. Morgen früh um neun Uhr haben sie eine Sitzung angesetzt, lassen sie dir ausrichten!«, schloss Kunigunde. Löher lief ein kalter Schauer über den Rücken und er spürte, wie sich sein Gehirn kräuselte. Was, wenn die Gertrud ihn angeben würde? Wenn sie aussagte, er habe sie gewarnt? Er überlegte. Nein, das wäre inzwischen wohl gleichgültig und er konnte immer noch sagen, sie mache es aus Rache.
    Doktor von der Stegen war ein junger Mann, vielleicht Mitte zwanzig, schlank, mit sorgsam gescheiteltem Haar und affektiertem Benehmen. Schnösel!, dachte Löher, nachdem der Amtmann den neuen Hexenrichter vorgestellt und gesagt hatte, Herr von der Stegen sei dem Kommissar zur Seite gestellt worden, er habe schon einige Prozesse hinter sich und es könne nicht schaden, hier weitere Erfahrungen zu sammeln. Im Übrigen sei es der ausdrückliche Wunsch des Herrn Doktor Buirmann gewesen.
    Löher entging nicht, wie Vogt Schwegeler bei den letzten Worten kaum wahrnehmbar den Kopf schüttelte.
    Von der Stegen stand auf und bedankte sich mit einer seltsam hohen Stimme bei den weisen Herren in Bonn. Darauf ließ er eine schleimige Lobhudelei auf den hochverehrten Herrn Kommissar Buirmann und den Amtmann Schall von Bell folgen, die sich so entschieden für ihn eingesetzt hätten.
    Wieder bewegte der Vogt leicht den Kopf und Löher sah die hasserfüllten Blicke, mit denen Buirmann und Schall von Bell ganz unverhüllt den Schwegeler bedachten, der aber so

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