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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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verächtlich den Rücken zu und wies den Boten an, die Poppertz wegzuführen.
    »Magdalena!«, rief ihr Lapp nach. »Wie kommst du dazu, mich anzuschuldigen?«
    Die kleine Frau wandte den Kopf halb über die Schulter, während Koch sie ungeduldig dem Ausgang zu zog.
    »Lieber Herbert, du bist der älteste Schöffe. Wie sind denn andere dazu gekommen, mich anzuklagen? Genau so bin auch ich dazu gekommen!«
    Magdalena Poppertz und Bella Kloster wurden, wie Hilger Lirtz und Anna Peller, am nächsten Tag hingerichtet.
    Buirmann brauchte sie nicht mehr.

    24

    Noch schlaftrunken, die Nachtmütze schief auf dem Kopf, wankte Melchior Heimbach nach unten. Es war wieder eine dieser Nächte gewesen, die sich fast endlos hinzogen, seit sich der Doktor Buirmann und die beiden Franziskaner bei ihm einquartiert hatten. Lustig war es zugegangen, nur der Kopf tat ihm jetzt fürchterlich weh. Seit Augustin Rohr die Sitte aufgebracht hatte, den Wein aus ausgehöhlten Zuckerhüten zu trinken, hatte er beim Aufwachen immer diesen
    Brummschädel. Das sei die neueste Mode in den großen Städten, hatte der Hilfsschreiber behauptet. Die Zuckerhüte waren nicht gerade billig, aber der Rohr konnte sich das jetzt ja leisten.
    Mürrisch öffnete Heimbach die Haustür, kniff seine kleinen Äuglein zusammen und blinzelte in den frühen Tag. »Was ist?«, knurrte er ungnädig.
    »Ein Schreiben für den Herrn Kommissar Doktor
    Buirmann!«, antwortete der Bote.
    »Gebt her!«, befahl Heimbach und wollte nach dem Brief langen.
    »Nein! Ich muss ihn dem Herrn Doktor persönlich
    übergeben!«
    Melchior Heimbach brummte etwas Unfreundliches und stapfte wieder nach oben, um den Kommissar zu wecken.
    Interessiert hätte es ihn schon, was da so geheimnisvoll und wichtig war.
    Auch Buirmann war noch etwas benommen, als er das Schreiben in Empfang nahm. Das legte sich aber gleich, nachdem er das Siegel erbrochen hatte. Das Papier vor Augen, ging er wie ein Traumwandler zurück in den Hausgang und setzte sich fassungslos auf die Treppe. Seine Gesichtsfarbe war in kalkiges Weiß umgeschlagen, in feinen Perlen stand Schweiß auf seiner Stirn. »Nein!«, murmelte er. »Nein! Das kann nicht sein!«
    Wieder und wieder las er es, fing von vorn an, setzte in der Mitte ab, begann erneut von oben, zwang sich bis zum Ende.
    Inbrünstig hoffte er, dass es nur ein Streich war, den ihm jemand spielen wollte.
    Aber es stand da, unmissverständlich und es gab keinen Zweifel an der Echtheit. Er war exkommuniziert. Aus der Kirche ausgeschlossen. Verfügt vom Papst höchstpersönlich!
    »Ich bin erledigt«, flüsterte er, »ein exkommunizierter Beamter! Wenn das aufkommt, kann ich mich gleich
    aufhängen!«
    Franz Buirmann sah auf seine Hände, bemerkte, wie sie zitterten. Wer konnte dahinter stecken? Es musste jemand sein, der weit reichende Beziehungen hatte, jemand, dessen Arm bis nach Rom reichte. Feinde hatte er genug, darüber hatte er sich nie einer trügerischen Vorstellung hingegeben. Im Kopf ging er sie alle durch. Es war eine lange Liste, erheblich länger, als er sich bisher bewusst gewesen war. Er fand jedoch niemanden, dem er das zutraute.
    Schwerfällig erhob er sich und ging nach oben, wo ihn der Heimbach abpasste. »Ich muss sofort nach Köln!«, kam Buirmann der lästigen Fragerei des Schreibers zuvor. »Ich brauche ein Pferd, und zwar auf der Stelle!«
    »Wie lange wollt Ihr denn wegbleiben?«, fragte Heimbach überrascht. »Ich meine, wegen des Schöffen Lapp. In zwei Stunden ist das nächste Verhör angesetzt. Was sollen wir mit ihm machen?«
    »Er bleibt im Gefängnis, bis ich zurück bin. Aber das kann dauern, wie lange weiß ich noch nicht!«, antwortete Buirmann schroff.

    Über zwei Monate war es nun her, dass der Kommissar überstürzt aus Rheinbach abgereist war, und kaum jemand außer Jan Bewell bedauerte es. War er nach der Hinrichtung des alten Lirtz zunächst einfach nur teilnahmslos gewesen, so schien sein ganzes Tun und Trachten nun auf Selbstzerstörung zu zielen. Er aß kaum mehr, hockte in den Gasthäusern herum, soff sich das Hirn aus dem Kopf und die Leber aus dem Leib.
    Nach Hause kam er nur noch, um seinen Rausch
    auszuschlafen, und wenn er wieder halbwegs nüchtern war, sorgte er dafür, dass dieser Zustand nicht allzu lange anhielt.
    Schlimmer noch: Aus dem besonnenen Gegner der Prozesse war ein fanatischer Befürworter geworden, der den Doktor Buirmann vorbehaltlos bewunderte, sein entschlossenes Vorgehen in den höchsten Tönen

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