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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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er.
    »Privatbesuche! Der Herr Doktor muss anschließend sofort weg!«
    Gelogen!, dachte er, enttäuscht von Doktor Webbers Verhalten. So jemand nannte sich Freund.

    Vor dem Fenster zu Burrs Arbeitszimmer in Cornell begann es zu dämmern. Zwar besaß sein Fahrrad eine Karbidlampe, die aber in einer umständlichen Prozedur in Gang gebracht werden musste und kaum Licht abgab. Bevor er sich dem langwierigen Prozedere des Lampenanzündens unterwarf, wollte er lieber versuchen, in der restlichen Helligkeit des schwindenden Tages nach Hause zu kommen.
    Daheim war alles dunkel. Dunkel im Flur, dunkel in der Küche, im Bad. Und es war still. Burr spürte, wie er unruhig wurde, sich sein Puls beschleunigte. Bis zum heutigen Tag hatte Sandy immer auf ihn gewartet, ihn schon im Flur mit einem Kuss empfangen.
    »Sandy?«, rief er ein wenig zaghaft. Nichts rührte sich. Alles blieb still. Er tastete nach dem Lichtschalter, legte die Aktentasche auf die Ablage der Garderobe und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Was er nun sah, verschlug ihm beinahe die Sprache. Das kleine Tischchen aus der Ecke stand vor der Couch, darauf brannten drei Kerzen und stand eine Flasche Wein mit zwei Gläsern. Sandy hockte mit angezogenen Knien auf dem Sofa, ihr lockiges Haar schimmerte seidig und ihre Augen strahlten.
    »Was ist hier los?«, fragte George Lincoln unsicher. »Ich meine, was soll das bedeuten?«
    Sie sah ihn nur an und lächelte. »Jock, komm, setz dich zu mir!«
    Sollte das wieder eine ihrer Launen sein, die von einem zum anderen Augenblick ins genaue Gegenteil kippen konnte? Er beschloss jedenfalls, auf alles gefasst zu sein. Nur zögerlich trat er näher, sie zog ihn zu sich herab, nahm seinen Kopf in beide Hände, überschüttete den überraschten George Lincoln mit Küssen und zwang ihn dann sanft neben sich.
    »Du warst heute bei Doktor Webber?«, fragte sie.
    »Ja… schon… sicher… woher weißt du?«, stotterte er völlig überrumpelt.
    »Der Doktor lässt dir ausrichten, du brauchst morgen nicht zu kommen. Das mit dem Termin habe sich erledigt!«
    »Wie… wie… wieso?« Er war vollkommen durcheinander.
    Woher wusste sie, dass er bei Doktor Webber gewesen war und einen Termin vereinbart hatte?
    Sandy saß da, ließ ihn zappeln und sah ihn verschmitzt an.
    »Ich war nämlich auch bei ihm. Genau zu der Zeit, als du da warst. Aber wir haben vereinbart, dass ich es dir selbst beibringe!«
    »Was? Was beibringen?«
    Sie stand auf, schob ihren Rock langsam, beinahe feierlich in die Höhe und deutete auf ihren Nabel. George Lincoln saß da, starrte auf ihren nackten Bauch und begriff immer noch nichts.
    »Ganz schön gewagt für eine presbyterianische
    Südstaatlerin!« Mehr fiel ihm dazu nicht ein.
    »Jock, du bist ein Idiot! Ich bin schwanger!«
    »Öh… ah, ah… eh…«, war alles, was er herausbrachte.
    »Dein Wortschatz war auch schon mal größer!«, lachte sie, während George Lincoln um Fassung rang.
    »Du meinst wirklich… ich werde Vater?« Es klang immer noch ungläubig, er brauchte seine Zeit. Beinahe andächtig ging er dann langsam in die Knie, küsste ihren Bauch und legte sein Ohr an ihren Nabel.
    »Sandy! Wir bekommen ein Kind! Unser Kind!«
    Nachdem er sich beruhigt hatte, goss er den Wein in die Gläser. »Das müssen wir feiern!«
    Übervoll von Glück saßen sie schweigend nebeneinander und sahen in die warmen Lichter.
    »Wieso hast du mir nichts gesagt?«, fragte er schließlich.
    »Weil ich sicher sein wollte, damit wir uns nicht gegenseitig verrückt machen!«

    Innerhalb der nächsten Tage wusste bereits halb Cornell von den bevorstehenden Elternfreuden der Burrs. George Lincoln konnte es nicht für sich behalten und ließ alle Welt an seinem Glück teilhaben, obwohl Sandy ihn ermahnte, es damit nicht zu übertreiben. Auch Präsident Adams kam es schließlich zu Ohren und er bat Sandy zu einem Gespräch, wie sie sich denn ihre weitere Lehrtätigkeit vorstelle. Aber das war keine Frage –
    ihre Stelle an der Universität würde sie aufgeben. So hatten sie und Jock es vereinbart.
    Aus Virginia schrieben Sandys Eltern, wie sehr sie ihr Enkelchen erwarten würden, und schlugen vor, das Kind doch in Dublin zur Welt zu bringen. So könnte sich die frisch gebackene Großmutter nach der Geburt um ihre Tochter kümmern. George Lincoln war von dem Vorschlag nicht nur angetan, sondern geradezu begeistert. Noch am selben Tag besorgte er sich eine große Landkarte.
    Einen Punkt gab es allerdings, über den es zu

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