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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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Gründungsmitglieder haben diesen Brief bekommen, nicht nur ich! Sie fordern eine Aufstellung unserer Tätigkeiten, Reise- und Kostennachweise und von mir als Sekretär zusätzlich eine genaue Auflistung über verschickte Rundschreiben, Papier, Porto und andere Auslagen.«
    »Du hast die meisten Reisen aus deiner eigenen Tasche bezahlt, hast Tage, Wochen und Monate gearbeitet, ohne einen Cent zu verlangen, dank deiner Hilfe sind die führenden Geschichtsforscher Amerikas in der Gesellschaft vereint und jetzt versuchen sie dir Betrug und Unterschlagung anzuhängen und deinen Namen in den Schmutz zu ziehen!« Ihre Wangen waren gerötet und ihre zierliche Gestalt bebte vor Erregung.
    »Beruhige dich, mein kleines Mädchen«, sagte Burr, »denk an unser Kind!«
    »Was wirst du tun?«
    »Ich habe es schon getan!«, antwortete er fast fröhlich. »Ich habe ihnen trotz ihres unverschämten Tones einen beinahe unverschämt freundlichen Brief zurückgeschrieben und die geforderten Nachweise beigelegt – die Kollegen aus dem Vorstand werden es im Übrigen ebenso halten. Es sind machthungrige Möchtegerns ohne jede Erfahrung oder irgendein Verdienst für die Vereinigung, die nur auf eine winzige unbedachte Äußerung lauern, um sie in der Presse breittreten zu können. Dabei verschwenden sie keinen Gedanken daran, dass sie selbst in fünfzehn, zwanzig Jahren in unserem Alter sein werden. Wir werden es zu verhindern wissen, dass sie in ihrer Eitelkeit einen Keim legen, der den Geist der Gesellschaft beschädigt.«

    34

    Ausgebreitet über einem kleinen Mäuerchen lag ein ziemlich schmutziges Leintuch, das zudem einige faustgroße Löcher aufwies. Eine Horde Kinder stand darum herum. In der Hand hielten sie Becher, prosteten sich zu, während ein Mädchen mit wichtiger Miene zwischen ihnen umherlief und eifrig nachschenkte. Jedenfalls erweckte es den Anschein. Auf dem Tuch lagen ein paar Stücke graues Brot, reife Himbeeren, ein paar Äpfel und es stand ein Schüsselchen mit Honig dabei.
    »Oh!«, rief einer der Buben, während er herzhaft in einen Apfel biss und sich behaglich den Bauch rieb. »Der Schweinebraten schmeckt aber lecker!«
    Ein Mädchen tauchte ein Brotstück in den Honig, legte eine Himbeere darauf und meinte, einen so köstlichen Kuchen habe es schon seit langem nicht mehr gegessen. Zwei Knaben ahmten Betrunkene nach, torkelten, schnitten Grimassen und schlugen scheppernd die Becher gegeneinander.
    »Der Jost und das Mariechen müssen bezahlen!«, schrieen sie mit einem Mal alle durcheinander. Zwei der Kinder, die bisher abseits gestanden hatten, traten mit scheinbar betrübten Gesichtern vor, nestelten an ihren Taschen und legten dann ein paar Eicheln auf die Mauer.
    »Alle zu mir her!« Ein schlaksiger Junge stand jetzt mitten auf der staubigen Dorfstraße, die Hände vorgereckt und die Fäuste geballt. »Kurz!«, sagte er, ließ die Hände erneut auf dem Rücken verschwinden und hielt sie dann dem nächsten Kind entgegen.
    »Schon wieder!«, maulte der Bub.
    »Lang!«, stieß das Mädchen einen Freudenschrei aus.
    »Kurz!«
    »Kurz!«
    »Lang!«
    Diejenigen, die das kurze Hölzchen erwischt hatten, stoben auseinander, verschwanden hinter den Häusern, während die anderen zu einer Gruppe zusammentraten und miteinander tuschelten.
    »Was spielt ihr denn da?«
    Erschrocken fuhren die Kinder hoch, sahen misstrauisch zu dem großen Mann im weiten, schwarzen Mantel auf und senkten dann den Blick verlegen zu Boden.
    »Na, was ist denn das für ein Spiel?«, fragte der Herr nochmals freundlich.
    »Kennt Ihr das denn nicht?«, wollte eine schüchterne Mädchenstimme wissen.
    »Nein«, Bartholomäus Löher schüttelte den Kopf, »habe ich noch nie gesehen!«
    »Wir jagen Zauberer und Hexen!«, rief einer der Buben.
    »Und? Wie macht ihr das? Ich meine, das mit den Hölzchen habe ich begriffen!«
    »Das geht ganz einfach!«, fuhr der Junge in
    verschwörerischem Ton fort. »Die sich jetzt versteckt haben, das sind die Hexen und die Zauberer. Wir hier jagen sie, aber nicht alle, sondern nur zwei von ihnen, auf die wir uns vorher einigen. Wenn wir sie erwischt haben, feiern wir ein großes Gelage – so heißt das, sagt mein Vater –, das die beiden bezahlen müssen.«
    »So, so!«, meinte Löher. »Ist das nicht ein etwas grausames Spiel?«
    »Nö«, erwiderte der Junge und sah ihn verständnislos an,
    »wir verbrennen sie ja nicht!«
    »Noch nicht!«, rief ein anderer und alle lachten.
    Auf der anderen Straßenseite

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