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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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irgendwo Glut abfällt.
    Mit einem Kienspan läuft man nicht in Häusern herum! Das weiß jedes Kind!«
    »Außer dem siebengescheiten Halfmann! Riskiert wegen ein paar stinkender Talgkerzen eine ganze Stadt!«, stieß Löher fassungslos hervor.
    »Das ist die Strafe Gottes für das Mordbrennen!«, murmelte er nach einer Weile.

    33

    An Mattie Alexander Burr hatte sich eine seltsame Veränderung vollzogen, für die George Lincoln keine Erklärung fand. Angefangen hatte es damit, dass Sandy zwar das Frühstück auf den Tisch stellte, selbst aber keinen Bissen anrührte. Kurz darauf verschwand sie im Badezimmer, kam mit bleichem Gesicht und schweißperlenbedeckter Stirn zurück, lief wortlos an ihm vorbei und warf die Tür zum Schlafzimmer hinter sich zu. Auf seine besorgten Fragen gab sie ihm ausweichende Antworten. Sie wolle nur ihre Ruhe haben, es würde sich alles wieder geben. Ihr Essverhalten änderte sich in den nächsten Tagen zusehends. Sandy konnte mit einem Mal Unmengen Bratkartoffeln in sich
    hineinschaufeln, bekam Gelüste auf Ananas, Paprikaschoten, eingelegte Feigen und Ziegenkäse. Zwei Wochen später genügte der bloße Anblick gebratener Kartoffeln, um bei ihr einen Brechreiz auszulösen. Auch war sie nicht mehr die impulsive, lebenslustige Sandy, die George Lincoln kannte. Sie war launisch, gab schnippische Antworten, um ihm im nächsten Augenblick heulend um den Hals zu fallen. Er musste sich eingestehen, dass er mit seinem Latein am Ende war, und er machte sich ernstlich Sorgen um seine Frau, die trotz allen Zuredens nicht dazu zu bewegen war, einen Arzt aufzusuchen.
    Eines Morgens – er machte gerade die Betten – erschien Sandy im Schlafzimmer, sah ihm eine Zeit lang zu, riss dann das bereits geordnete Bettzeug schweigend auseinander und fing verbissen an, die Decken erneut zu falten.
    »So macht man das!«, schnappte sie.
    George Lincoln wusste nicht, sollte er jetzt lachen, ernst bleiben oder so tun, als hätte er es nicht zur Kenntnis genommen. Schließlich bekam die Verärgerung Oberhand.
    »Erklär das doch deiner Großmutter!«, knurrte er.
    Was nun folgte, war eine regelrechte Explosion, gegen die sich eine Eruption des Stromboli wie ein schwaches Hüsteln ausnehmen musste. So erschien es jedenfalls dem verdutzten Burr. So hatte er seine Frau noch nie erlebt. Auch ihre Logik schien in nicht unerhebliche Mitleidenschaft gezogen worden zu sein. Anders konnte er es sich jedenfalls nicht erklären, wie sie tatsächlich bei ihrer Großmutter anfing, das sei nicht nur eine Beleidigung der Grandma, sondern ihrer ganzen Familie, Vater und Mutter eingeschlossen, und insbesondere ihrer selbst, und sie sei nicht gewillt, eine solche Ungeheuerlichkeit auf sich und ihrer Ahnenlinie sitzen zu lassen, er solle sich sofort und auf der Stelle entschuldigen, sonst ginge sie unverzüglich zurück nach Virginia, das sei allemal besser, als mit einem verrohten Scheusal zusammenleben zu müssen.
    »Mistress Burr!«, blaffte George Lincoln, eine Pause nutzend, in der Sandy Luft holte. »Was glaubst du, wie viele Jahre ich Betten ohne dich gemacht habe? Wie kann ich, nachdem ich nun dieser himmelstürmenden Erkenntnis und allein selig machenden Wahrheit teilhaftig werden durfte, meinen über Jahrzehnte verfochtenen und mit ketzerischer Hartnäckigkeit vertretenen Irrglauben über die Art des Bettenmachens wieder gutmachen? Welche Strafe für diesen leichtsinnigen Frevel erwartet mich?«
    Sandy stutzte, fing an zu lachen, um dann unvermittelt in Tränen auszubrechen. »Jock, entschuldige!«, schluchzte sie.
    »Es war nicht so gemeint! Ich weiß nicht, es ging einfach mit mir durch!«
    »Ist schon gut!«
    Burr nahm sie in die Arme und dachte, dass es so nicht weitergehen könne. Er musste mit jemandem reden. Noch heute würde er Doktor Webber aufsuchen.
    Die Sprechstundenhilfe verhielt sich irgendwie sonderbar.
    Das bemerkte er schon beim Eintreten. Burr warf einen kurzen Blick ins Wartezimmer. Nur zwei Patienten saßen darin, stellte er erleichtert fest.
    »Guten Tag, Herr Professor, Sie möchten einen Termin beim Herrn Doktor?«, begrüßte ihn das Fräulein mit einem verkniffenen Lächeln und verschwand sogleich hinter der Tür zum Behandlungszimmer.
    Burr überlegte, was hier nicht stimmte. Konnte sie ihm denn keinen Termin geben oder ihn zum Warten auffordern, ohne vorher den Arzt zu fragen?
    »Heute geht es leider nicht mehr. Morgen um elf?«
    »Wieso? Es warten doch nur zwei Leute!«, protestierte

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