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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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lang anhaltenden Auseinandersetzungen im Burr’schen Haushalt kam.
    »Mattie!«, schlug George Lincoln vor. »Das ist doch ein wunderschöner Name!«
    »Damit dann niemand den richtigen Namen sagt wie zu mir?
    Nein, eine Mattie kommt mir nicht ins Haus! Eher verlasse ich das Land!« Sie war entrüstet. »Und wenn es ein Junge wird?
    Vielleicht George Lincoln?!«
    Burr lachte.
    Mit dem Sergeant hatte er inzwischen ein herzliches Verhältnis, doch bis heute hatte dieser ihn kein einziges Mal mit seinem vollen Namen angesprochen. George ja. Aber George Lincoln? Nein! Da hätte der alte Haudegen lieber seine Zunge verschluckt. Nach langem Hin und Her einigten sie sich schließlich auf Virginia für ein Mädchen und Taylor Martin nach dem Großvater, falls es ein Junge werden würde.
    George Lincoln war immer noch überwältigt von dem Gedanken an seine Vaterschaft. Am Abend saß er neben Sandy, streichelte ihren dicker werdenden Bauch, redete jedoch weniger mit ihr als vielmehr mit seinem Sohn – denn für ihn war sonnenklar, dass es ein Junge werden würde.
    »Und was, wenn es ein Mädchen wird?«, fragte Sandy, die Angst hatte, er könnte dann enttäuscht sein, ein wenig verärgert.
    »Das ist doch gleichgültig. Es ist unser Kind! Aber ich bin nun einmal als männliches Wesen zur Welt gekommen und kann mich daher besser in Jungen hineinversetzen als in Mädchen!«
    George Lincoln sah sich draußen in den Weiten der Enfield-Hügel, hörte das helle Lachen und Jauchzen, mit dem sein Kind durch das Gras tollte, fuhr mit ihm im Boot hinaus auf den sonnenglitzernden Cayuga, sie streiften durch die dunklen Wälder und die geheimnisvollen Schluchten mit den stäubenden Wasserfällen, bauten Schneemänner. Er würde ihm Geschichten erzählen von riesigen Elefanten, die über Europas hohe eisbedeckte Berge zogen, würde sein Kind hineinführen in versunkene Welten und diese zum Leben erwecken.
    »Was ist eigentlich mit der Landkarte?«, riss ihn seine Frau aus den Träumen. Sandy beugte sich über den Tisch, zog das Päckchen zu sich her und entfaltete es.
    »Ach. Ist nur so eine Idee!«
    »Ich vermute, ich kenne deine Idee!«, erwiderte Sandy ahnungsvoll. Auf der Karte waren Linien in verschiedenen Farben nachgezeichnet. Ausgehend von Ithaca nach Watkins Glen, quer durch Pennsylvania nach Gettysburg, Hagerstown, Staunton und über Bedford nach Dublin. »Willst du wirklich…
    aber das sind ja…«
    »Etwa vierhundertfünfzig Meilen!«, lächelte George Lincoln und versuchte, die sicherlich kommenden Einwände schon im Vorfeld zu entkräften.
    »Du wirst nicht erst einen Tag vorher losfahren können, sondern mindestens zwei bis drei Wochen. Drei Wochen sind besser, denke ich. Aber ich kann nicht die ganze Zeit untätig in Dublin herumsitzen. Nach meiner Schätzung müsste die Strecke mit dem Fahrrad leicht in zehn Tagen zu bewältigen sein!«
    Doch Sandy widersprach nicht, versuchte nicht, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Ihr einziger Einwand war, dass es bis dahin Winter sei, worauf er erwiderte, er müsse eben abwarten und kurzfristig entscheiden. Notfalls könne er die Fahrt ja auch abbrechen und den Zug nehmen.
    »Und dein ganzes Gepäck?«, fragte sie.
    »Da halte ich mich an meinen Freund Caspar Rene Gregory: Minimalausrüstung. Ich brauche nicht viel: etwas warme Kleidung zum Wechseln, Werkzeug, etwas Proviant. Vielleicht noch eine Plane als Unterstand. Das meiste müsste in den Rucksack passen, der Rest kommt auf den Gepäckträger!«
    Sandy sah ihn von der Seite her an, richtete den Blick aber gleich wieder nach vorn. In seinen Augen leuchtete Sehnsucht.
    Sie spürte, wie es in ihm brannte, für eine Zeit von hier wegzukommen, wie sehr er es brauchte, sich zu erden.
    »Was ist mit der Historiker-Vereinigung?«
    Die Frage traf ihn unvorbereitet. Es war ein Streit, der sich schon länger hinzog, über den er nicht gern sprach, der ihn aber tief verletzt hatte, es noch immer tat und der einer der Gründe für seine Bedrücktheit war, die er von seiner Frau fern zu halten versuchte.
    »Es sind noch junge Burschen, die es nicht erwarten können, das Zepter zu übernehmen. Sie meinen, der Vorstand sei zu alt und wir stünden ihnen im Weg. Es ist nur eine kleine Gruppe von Heißspornen!« Der letzte Satz klang beinahe
    entschuldigend.
    »Nein, Jock«, erwiderte sie, »es ist eine Ungeheuerlichkeit!
    Eine Respektlosigkeit, eine einzige Frechheit! Ich habe den Brief gelesen, den sie dir geschrieben haben!«
    »Alle

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