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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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ein Militär, er war in meiner Klasse und ist jetzt Oberleutnant.«
    Als wir aufbrachen, begleitete mich Gyula bis an die Ecke der Andrássy-Straße.
    Erlaubst du mir, Gyula, dass ich dir ein paar freundschaftliche Ratschläge gebe? Ich bin ja ein ganzes Stück älter als du.
    Also, morgen Abend gehst du zum Theater, holst Iboly um halb elf ab. Tust so, als wärst du im Theater gewesen.
    Diese Krawattenwurst um deinen Hals verschenkst du zusammen mit den Schinkenabfällen und dem Griebenbruch an Bedürftige. Iboly freut sich, wenn du ein bisschen mehr auf Eleganz achtest; und vielleicht kaufst du dir sogar einen Kleinwagen; für vier-, fünftausend bekommt man schon ein nettes kleines Auto,auf Raten. Die Künstlerin schwärmt nämlich fürs Autofahren.
    Sollte Iboly morgen erschrecken, wenn du unerwartet vor ihr stehst, lach ihr einfach in die Augen und lass dich nicht abschütteln. Überhaupt nie mehr.
    Ich werde mich schön langsam zurückziehen; ein bisschen hat dieses Mädchen mich ohnehin schon satt. Ein paar Mal gehe ich noch mit ihr weg, damit sie keinen Verdacht schöpft, es könnte zwischen deinem Auftauchen und meinem Wegbleiben irgendein Zusammenhang bestehen. Und vor der Prüfungsaufführung ja kein Wort vom Heiraten, hörst du?
    Und verzeih mir, Gyula, dass ich an dem Abend nicht gleich kehrtgemacht habe, damals, als ich dich mit Iboly stehen sah. Hätte ich Bescheid gewusst, dann servus, Adieu.
    Er stand noch an der Haltestelle, als ich in den Einser-Bus stieg; so als verabschiedete er eine weibliche Bekannte. Er lächelte mit so strahlenden Augen, als wäre ihm gerade ein Lotteriegewinn in den Schoß gefallen. In dem Moment, da der Bus anfuhr, stammelte er noch irgendeinen Abschiedsgruß,ich nahm ihn nur mit meinem geistigen Ohr wahr: Meine untertänigste Empfehlung. Dann setzte er bedächtig seinen Hut wieder auf.

40.   Nacht
    Letzte Nacht habe ich bis halb vier geschrieben, und heute früh bin ich in der Badewanne eingeschlafen. Eine Angewohnheit von mir, beim Baden die beiden Wasserhähne nicht ganz zuzudrehen, kalte und heiße Tropfen platschen dann aufs Wasser, mir ist, als hörte ich Lully oder Gluck; wer wie ich keine musikalische Ausbildung genossen hat, für den kann alles Musik sein. Auch heute früh habe ich also das Gesicht auf den Wannenrand gelegt,um mit geschlossenen Augen meine Menuette und Gavotten zu genießen, bin dabei eingeschlafen und zwei Stunden lang nicht aufgewacht. Das passiert mir gelegentlich.
    Iboly, meine Liebe, heute werden wir uns nicht zu Großväterchen auf den Stein setzen. Wir gehen in den hübschen kleinen Margaretenpark. Da ist unser Platz, da hat unser Flirt angefangen.
    »Ach gehen wir doch zum Friedhof, auch wenn wir nicht lernen wollen. Überall sonst wird man doch gestört. Ich will niemand anderen sehen, nur Sie.«
    Rede nicht so hässliche Sachen.
    »Können wir nicht wenigstens auf die Insel gehen, da kann man sich verstecken.«
    Nein, auch nicht auf die Insel. Auf der Promenade trifft man dauernd Bekannte, ich mag das nicht.
    Im Margaretenpark holt sie ihren Taschenspiegel heraus. Prüft ihr Aussehen. Dann:
    »Meinen Sie, ich weiß nicht, warum Sie in letzter Zeit nicht so oft küssen wollen wie früher? Weil meine Sommersprossen wieder so penetrant herausgekommen sind. Was soll ich tun, ich krieg sie immer im Mai.«
    Ihre Sommersprossen auf der Nase und um die Nase herum sind weder braun noch rostfarben, auch nicht rot, eher rosa wie die blassen kleinen Staubgefäße der Blüten in der Auslage des Blumenladens. Ich mag diese lustigen Frühlingstüpfelchen bei Mädchen.
    »Sind ekelhaft, nicht?«
    Bis du heiratest, sind sie verschwunden.
    Sie lacht, reibt sich mit dem Finger die Nase, die Stirn: Warum kann man sie nicht wegradieren. Dann pudert sie sich.
    Was für Zeit Frauen vor dem Spiegel und mit ihrem Taschenspiegel vertun. Sie bespiegeln sich intensiver als die Weisen bei ihrer Nabelschau. Riskiert man gelegentlich einen Blick, wenn sich Frauen in ihre eigenen Augen vertiefen, so fragt man sich, wen sie denn darin entdecken. Gott, ob sie wohl eine Ahnung haben? Im Kino sieht man oft, dass Frauen im Dunkeln kurz ihr Handtäschchen aufklappen; nur weil sie gewohnt sind, von Zeit zu Zeit in den Spiegel zu schauen. Wie viele Minuten sind das pro Tag, in der Woche; wie viele Stunden im Monat, im Jahr. Man müsste sie einmal addieren.
    Iboly ist ganz enthusiastisch.
    Sie proben schon im Theater, auf der großen Bühne. Alles funktioniert sehr gut mit dem

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