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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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Schulter zu legen.
    Fürs Kinogehen taugt das Mädchen. Das mache ich gern mit ihr. Allein im Kino zu sitzen ist mir nämlich ein Horror.Viele Spielfilme, die es verdient hätten, gesehen zu werden, habe ich versäumt, weil mir jemand zum Mitgehen fehlte. Auch in der Oper musste ich immer leiden, wenn ich allein hingegangen bin. Doch das Kino ist mir, wenn ich allein drin sitze, noch quälender als Musik. Die sprechenden Lichtbilder wirken wie Gespenster, und die mechanische Musik scheint aus dem Orkus herüberzutönen. Zum Sterben, auf der Stelle. Manchmal hat mich das Ganze so sehr mitgenommen, dass ich vor den Laufbildern fliehen musste, weil ich mich in dieser Dunkelheit und Einsamkeit selbst nicht ertragen konnte.
    Nach der Vorstellung wollte Iboly die beiden Kinokarten haben.
    Wozu denn?
    Wozu? Im Haus wohnt ein Mädchen, keine Freundin von ihr, aber sie kennt sie gut; daheim wird sie sehr behütet, man erlaubt ihr allenfalls, mit einem Jungen ins Kino zu gehen. Das Mädchen kommt immer sehr spät nach Hause, sie hat Iboly gebeten, ihr jedes Mal, wenn sie im Kino gewesen ist, die Billetts beim Hausmeister zu hinterlegen, damit sie zu Hause beweisen kann, dass sie im Kino war. Dieses Mädchen besucht auch heimlich einen Filmkurs, sie hat irgendeinen älteren Architekten, der ihr den Kurs bezahlt. Sonst ist sie nämlich Verkäuferin in einer Drogerie und verdient gerade mal sechzig Pengő im Monat.
    Was für eine Menge Mist das Leben dieser neunzehnjährigen Iboly ins Bewusstsein streut!
    Einmal, als wir uns wieder gegen Abend trafen, wollte sie, obwohl es so ausgemacht war, nicht mit mir ins Kino gehen.
    »Lassen Sie uns bei diesem schönen Wetter lieber bummeln, im Kino kann man ja nicht einmal reden, und wir haben uns schon so lange nicht mehr richtig unterhalten.«
    Sie trägt ihre Bücher jetzt nicht mehr unterm Arm, bringt sie vielmehr nach dem Unterricht zum Theater und holt sie dort wieder ab, wenn sie sich von mir verabschiedet hat.
    Ich ging mit ihr nach Buda hinüber. Sie wollte gern zur Burgbastei hinauf, denn dort ist sie noch nie spazieren gegangen.
    Also ließ ich mich auf diesen Spaziergang ein. Wir promenierten, ich hörte mir an, was es vormittags im Unterricht gegeben hat. Dann erzählte sie mir, dass sie gestern Abend aus Gefälligkeit wieder mit jener gewissen Kollegin zusammen war, die dieser Leder-Typ erobern möchte; sie selbst, also Iboly, musste aber abends statieren und zwar im dritten Akt, diese andere Elevin schickte ihr, weil sie ja gleich danach zusammen zu der Abendunterhaltung gingen, ein Kleid, ein Cape und Schuhe ins Theater; sie haben ungefähr die gleiche Figur, und sie hat diese Requisiten schon mehrmals getragen; auch einen Jungen brachte die Kollegin noch mit, für Iboly einen Tänzer. Dabei aber wurde ganz vergessen, dass Iboly nicht zu Abend gegessen hatte, und sie war so blöd, schämte sich, es vor dem Jungen zu sagen, so war sie schrecklich hungrig, stürzte sich, wie sie sagte, mit Heißhunger auf die Mandeln, die zum Champagner serviert wurden. Der Lederhändler musste gleich dreimal Mandeln nachbestellen; Iboly erklärte, sie wisse auch nicht, was heute mit ihr sei, aber sie könnte für diese gerösteten Mandeln sterben. Natürlich machen geröstete Mandeln nicht satt. Gegen zwei Uhr früh bekam Iboly vor Hunger schlimmes Kopfweh, tanzte mit schmerzendem Kopf, dazu kam noch, dass die geborgten Schuhe etwas zu groß für sie waren, einen hat sie beim Charleston verloren, und es gab eine riesige Hetz auf dem Parkett, der Schuh wurde im Getümmel hin- und hergeschubst, und ihr Galan schaffte es kaum, ihn wieder aufzugabeln. Aber schließlich fiel es dem Burschen von der Lederhandlung doch ein, Würstel zu bestellen; als sie nach Hause gebracht wurde, war das Kopfweh an der Luft gleich verschwunden.
    Auch jetzt sann sie diesem Erlebnis noch freudig nach und begeisterte sich:
    »Ach, haben diese Würstel geschmeckt! Ich übertreibe nicht, aber für heiße Würstel sterbe ich, ich könnte sie jeden Abend essen, ein Leben lang. Mit Kren und einer Semmel. Ich schwärme richtig dafür!«
    Vielleicht hat sie es diesem Ich schwärme dafür! zu verdanken, dass ich sie an diesem Abend küsste. Ihre schwärmerische Verzückung hat mich in Stimmung gebracht.
    Dort an der Basteipromenade stützten wir uns nämlich auf die Balustrade, um die opalisierende, beryl- und amethystfarbene Abenddämmerung zu genießen, um zu schauen, wie die Sterne hervorkommen, auf den Hügeln ringsum

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