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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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mich auch von der Dame nur jeden fünften Tag besuchen. Nein, nein, nein, dieses Mädchen muss nicht sein.Das Deklamieren will ich mir noch anhören und dann sage ich ihr, mit deinem Herzchen musst du dich an jemand anderen wenden.
    Also, vier oder fünf Tage später bin ich mit ihr in den kleinen Park gegangen, der unterhalb der Margaretenbrücke auf der Budaer Seite liegt. Zuerst lud ich sie in die kleine Konditorei, in der wir schon unlängst waren, zu einer Jause ein.
    »Warum sind wir nicht in Ihre Wohnung gegangen? Ich wollte nur deshalb zu Ihnen hinaufkommen, damit wir nicht gestört werden. Und ich weiß, zu Ihnen kann ich ruhig hinaufgehen, weil Sie nicht so sind wie die anderen. Übrigens, lassen Sie sich gesagt sein, ich war noch nie mit einem Mann in seiner Wohnung.«
    Also dann lass uns hören, fang an. Hier stört dich auch niemand.
    In diesem kleinen Park sitzen hauptsächlich ältere Budaer Bürger des Viertels herum, lesen Zeitung oder sinnieren vor sich hin. Verliebten ist es um diese Tageszeit noch zu hell. Es sitzt da auch nur ein einziges Paar, und die beiden lösen eifrig Kreuzworträtsel. Ich ging mit Iboly in ein ruhiges Eckchen des Parks, kein Hund wird uns hier stören.
    Sie reichte mir den Lyrikband.
    Deklamierte sieben oder acht Gedichte.
    Gelegentlich blieb sie stecken; ich musste soufflieren.
    Es klingt gar nicht gut. Sie versucht, den Vortragskünstler Oskar Ascher nachzumachen.
    Früher haben diese Elevinnen beim Deklamieren gesungen, jetzt trommeln sie und heulen wie Sirenen. Sie rasen und blasen zur Attacke.
    Ich stelle fest, dass diese Iboly kaum versteht, was sie da vorträgt, diese reim- und rhythmuslosen Manifeste, welche die heiligen kleinen Kollektivisten für sie absondern.
    Sie aber ist von dem, was sie nicht versteht, so überzeugt, dass sie sich in Rage redet, ist Feuer und Flamme, als ständesie auf dem Podium der Musikakademie und der Reichsverweser säße in der Loge.
    Zwischendurch unterbreche ich sie ein paar Mal, gebe Ratschläge. Dabei ruft sie sich mit einem nervösen Kopfschütteln zur Ordnung, schließt die Augen und fängt mit der Strophe noch einmal an.
    Als ich genug von dem Auftritt habe und sie sich hinsetzen lasse, wirft sie sich mit dem Oberkörper gegen die Lehne der Parkbank, lacht und keucht wie ein Foxterrier, der sich müde gelaufen hat:
    »Puh, wie ich mich in Hitze geredet habe. Mein ganzes Gesicht glüht, fühlen Sie mal.«
    Der Parkwächter steckt sich die Pfeife wieder in den Mund und schlurft davon; denn er ist bei den Sträuchern stehen geblieben, hat zugehört, ohne dass ihn das Mädchen wahrnahm.
    Iboly stand auf, wollte eine Geranie abpflücken, hinter unserer Bank war ein ganzes Beet angerichtet.
    Das ist verboten. Stehlen darf man, aber nicht morden. Auch morden kann man, nur sie darf das nicht. Es ist nicht schön, wenn ein junges Mädchen Blumen abrupft.
    Sie wollte es für mich tun.
    Warum habe ich ihr denn unlängst Nelken gekauft? Auch die hat doch jemand abgerupft.
    Du hast recht, Mädchen. Da habe ich dem Frevel Vorschub geleistet. Aber wovon soll die Blumenfrau leben, wenn ich ihr keine Nelken abkaufe. Und auch für diese Blumen ist es schöner, dass sie jemand Freude bereiten, wenn sie schon einmal abgepflückt sind. Ich schieße auch keinen Hasen, esse ihn aber im Restaurant, vielleicht tut das auch dem Hasen gut. So niederträchtig bin ich, siehst du, wenn ich unschuldig sein will. Da ist es allemal ehrlicher, nicht wahr, den feinen mürben Hasenrücken gleich draußen in der Flur abzuknallen.
    Sie stand auf, rupfte denn doch eine Geranienblüte ab und steckte sie mir in die Tasche.
    Ich saß da mit ihr, bis es dunkel wurde.
    Und habe mich erneut damit abgefunden, dass sie mich in ein paar Tagen wieder anrufen wird. Denn sie will mir ja demonstrieren, wie viel besser sie beim nächsten Mal schon deklamiert. Sie wird jetzt jeden Abend daheim üben.
    »Von Ihnen kann man so viel lernen. Ich bin Ihnen so dankbar.«

10.   Nacht
    Ich weiß es nicht mehr, vielleicht war inzwischen schon eine Woche vergangen, und ich ging mit ihr wieder dorthin in den Park unter der Margaretenbrücke.
    Vom Deklamieren war keine Rede mehr.
    Es geht mir darum, dass ich meine Zeit nicht mit dem Mädchen vertun will, und ich vertue sie doch. Dem jungen Ding in der Person von Iboly könnte ich widerstehen, aber mit einer bestimmten Vorstellung habe ich Probleme. Ich blicke von weiter weg zu unserer Bank her, sehe mich mit dem Mädchen da sitzen. Das

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