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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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aufnötigte. Noch beim zehnten Mal rümpfte sie die Nase, wenn sie sich etwas davon auf ihre Semmel strich.
    »Lassen Sie sich gesagt sein, dass ich diesen stinkenden Käse aus tiefster Seele hasse und ihn hassen werde, solange ich lebe. Ich esse ihn nur, damit Sie sehen, was ich alles für Sie auf mich nehme.«
    Ihr dieses »Lassen Sie sich gesagt sein« schleunigst auszutreiben, sah ich die Zeit bald gekommen.
    Ich fing an, sie dafür zu bestrafen.
    Einmal bekam sie einen Nasenstüber, ein andermal zog ich ihr die Haare in die Stirn, wenn sie mir wieder etwas gesagt sein lassen wollte.
    Bei gelegentlichen Rückfällen schloss sie von sich aus die Augen, zog die Nase hoch und streckte sie mir entgegen. Und sie zupfte sich selbst eine Haarsträhne ins Gesicht und saß mit ihrer derart derangierten Frisur da, bis ich ihr erlaubte, sichwieder zu frisieren. Wir konnten die Komödie hier ruhig spielen, denn man kannte uns ja nicht.
    Und wir amüsierten uns köstlich.
    Ich sah mich auch genötigt, sie zu maßregeln, wenn sie beim Essen die Ellbogen so weit von sich streckte. Warum? Damit sie ihre Tischnachbarn nicht anrempelt.
    »Aber ich habe doch gar keine Nachbarn am Tisch. Und Sie sitzen vis à vis von mir.«
    Keine Widerrede, bitte! Wenn du einmal einen anständigen Freund findest, möchte ich, dass er dich gut erzogen bekommt, damit er dir mehr Wertschätzung entgegenbringt.
    Sie sah mir traurig in die Augen, zog den Kopf zwischen die Schultern und schwieg.
    So verlief die Erziehung von einem Abendessen zum nächsten.
    Sie fing an, ihre Ellbogen am Körper zu halten und lümmelte sich nicht mehr auf den Tisch, denn auch das tat sie; sie gewöhnte sich ab, mit dem Zahnstocher in ihren Zähnen herumzubohren. Iboly war der Meinung, die Benutzung von Zahnstochern gehöre sich in herrschaftlichen Kreisen, denn auch der Junior von der Lederhandlung benutzte sie immerfort. Und der sei doch so reich; ja, sogar ich, der sie zu gutem Benehmen dressiert, bediene mich oft aus dem Zahnstocherspender.
    Damit hat sie nicht ganz unrecht, aber wer so schöne, perfekte Zähne hat wie sie, braucht keinen Zahnstocher. Ich, mein liebes Kind, stochere nur, weil ich schon größere Zwischenräume in meinen Zahnreihen habe. Und zwar deshalb, weil ich blutarm und auch schon älter bin. Verstanden?
    Wenn wir im Kaffeehaus zu Abend aßen, wo man auf Sofas Platz nahm, setzte ich mich gern neben sie, die Nähe ihres warmen Körpers ist mir angenehm. Und sie freut sich, wenn ich sie berühre, ihr übers Haar streiche. Auch im Kino bin ich jetzt schon gnädiger zu ihr. Wenn ich möchte, kommt diesesMädchen morgen zu mir herauf und gestattet, dass ich ihrem ersten Lebensabschnitt ein Ende setze. Ich brauche nur zu sagen: Iboly, du, komm herauf zu mir. Ich genieße es, diesen Namen auszusprechen. Ibolya, Name der Frühlingsblüte, eigentlich Viola, das Veilchen. Ein Blumenname, wie für die Mädchen des Orients. Ich mag ihn, weil er keine scharfen Konsonanten enthält, kein Ka, kein Er, kein Te. Aber ich rufe Iboly nicht zu mir herauf, fällt mir überhaupt nicht ein. Später, vielleicht später einmal. Auch wenn sie sich wahrscheinlich gleich ergäbe, würde selbst sie es jetzt für verfrüht halten; ich habe kein solches Tempo vorgegeben, dass wir in ein, zwei Monaten so weit sind, auf jeden Fall gibt es da eine angemessene Frist. Dieses Mädchen ist verliebt, zumindest bildet sie sich das ein. Ich werde die Story ihres ereignislosen kleinen Lebens sein. Das Heldengedicht ihres Herzens. Werde ihr die Erinnerung für ein ganzes langes Leben schenken müssen. Kann ihr keinen Schmuck kaufen, keine Abfindung zahlen, kann der Armen nichts anderes bieten als diese Erinnerung. Die wenigstens sollte pures Gold sein,aus echten Perlen bestehen. Vielleicht im Dezember; in drei Monaten wird der Glaube schon so dick auf ihrer Seele lagern, dass es für sie Glückseligkeit bedeutet, wenn sie zu Fall gebracht wird. Wenn ein so stark beschäftigter Jemand sich drei Monate lang mit ihr herumgetrieben hat, dann hat er sie auch lieb gewonnen, wenigstens so sehr, dass es eine bescheidene kleine Ibolya für sich als ausreichend empfinden kann.
    Ich werde es gar nicht aussprechen müssen, dieses Wort: Ich liebe dich.
    Mein Auge ist immer noch entzündet, ich sollte diese Kritzelei für heute beenden.

15.   Nacht
    Auch der November ging so dahin, zumindest was Ibolya anlangt. Mit dem Unterschied, dass ich das Kino aus dem Programm gestrichen habe. Zum Kinobesuch

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