Die Liebe am Nachmittag
hineingenäht.
Der Mantel ist dunkelbeige und hat einen Nutriakragen aus gefärbtem Schaffell. Ansonsten ein passables Stück, doch dieses wild gewordene grüne Futter!
Es dürfte etwa fünf Pengő kosten, dem Mantel ein erträgliches Futter zu verpassen. Augenblicklich bin ich leider nicht so flüssig, dass ich ihr diese fünf Pengő aufdrängen könnte.
Sie hat in diesem einen Monat viel vergessen.
Hebt beim Essen die Ellbogen an. Und genauso barbarisch wie früher geht sie auch wieder mit dem Essbesteck um.
Dazu wieder dieses
Lassen Sie sich gesagt sein
und
ich schwöre
und
Ehrenwort
.
Denn darüber waren wir uns doch längst einig gewesen, dass ein ehrlicher Mensch nicht immerfort schwören und mit dem Ehrenwort um sich schmeißen muss. Diese Art zu redenhat sich Iboly im Theatermilieu angewöhnt, wo immer alle so aufgeheizt und überspannt sind. Aber auch im zivilen Leben hört man jetzt öfter, dass unbekümmert Herren, aber auch Damen mit dem
Ehrenwort
und
ich schwör’s
um sich werfen, wie man es in ausgelassenen Ballnächten oft mit diesen weichen, weißen Papierbällchen tut. Ob sie schon von vornherein annehmen, ihr Gegenüber glaube ihnen ohne solche Schwüre nicht, was sie sagen? Zweifeln sie an ihrer eigenen Glaubwürdigkeit, können sie nicht davon ausgehen, dass man jedes ihrer Worte für bare Münze nimmt; flunkern sie so oft, dass sie meinen,die Wahrheit,wenn sie sie schon einmal sagen, sogleich mit dem »Ehrenwort« beschwören zu müssen?
Andererseits habe ich einmal in einer südamerikanischen Novelle gelesen, dass ein Arzt, der auf dem Pferderücken die Sierra Nevada durchquerte und in einem Eingeborenendorf seinen Gaul für kurze Zeit einem alten Indianer anvertrauen musste, diesem einen Eid abnehmen wollte, dass er sich mit seinem Pferd nicht davonmachen würde.
»Wie lautet denn eure Eidesformel?«
Der greise Lederstrumpf sah dem weißen Gentleman würdevoll in die Augen:
»Unsere Eidesformel, Señor, lautet: ja und nein.«
Heute Abend habe ich für das »Lassen Sie sich gesagt sein« Ibolys Strafe von Salz auf Paprika verschärft, denn da sollte es keinen Rückfall geben. Ich streute ihr ein Häufchen scharfes Paprikapulver auf den Handrücken; ablecken, rückfällige Sünderin! Gnade ist bei Gott allein!
Au, scharf!, zischte sie, als sie mit der Zungenspitze an dem roten Pulver leckte, und sie trank schluckweise ein ganzes Glas Sodawasser nach, weil ihr die Zunge brannte.
Es ist ein Genuss, zu beobachten, wie dieser ewig hungrige kleine Mensch sich ernährt. Es geht schon auf elf, als wir unser Essen bekommen; sie isst im Allgemeinen um zwei zu Mittag, eine Zwischenmahlzeit gibt es nicht, wenn sie aus der Schulekommt, kauft sie sich gelegentlich gebratene Kastanien auf der Straße oder Popcorn, öfter auch gebratene Kartoffeln, die mag sie sehr, sie sind so herrlich warm und innen weich wie Schnee. Auch daheim erwarten sie solche und ähnliche Delikatessen, wenn sie nach dem Statieren spät aus dem Theater kommt, gebratene Kartoffeln mit Butter und Tee oder gekochte Kastanien und Tee,laut Iboly gibt es im Winter gar kein köstlicheres Nachtmahl. Ja, und danach bekommt sie manchmal auch noch etwas Süßes, denn sie besorgen sich bei einem Zuckerbäcker am Stadtwäldchen zum halben oder viertel Preis Mehlspeisen vom Vortag oder auch von vor- oder vorvorgestern, und die schmecken dann angeblich noch besser als frisch, sind bröckelig und mürbe, aber die Konditorei kann sie natürlich nicht mehr regulär anbieten. Nach dem Nachtmahl »nimmt sie ein Bad«, so drückt Iboly sich aus; gar zu gern erwähnt sie, dass sie jeden Abend badet. Danach, wenn sie sich hingelegt hat, liest sie noch mindestens eine Stunde; sie besitzt nämlich eine winzige Lampe mit eigener Batterie, die sie am Saum ihres Kissens festmachen kann. Dieses elektrische Glühwürmchen hat ihr Bijou gekauft, weil sie nicht schlafen konnte, wenn Iboly noch so lange liest; der abgeschirmte Schein dieses Lämpchens aber stört sie nicht.
Wein mag Iboly nicht; prickelndes Sodawasser muss ich ihr bestellen, das liebt sie. Auch wenn sie mit Jungen ausgeht oder die andere Elevin und den von der Lederhandlung zum Essen und Tanzen begleitet, trinkt sie nur Sodawasser. Überredet sie einmal jemand zu einem Wermut oder einem Glas Sekt, so wird ihr übel. »Ich werde schon von einer Cognac-Kirsche betrunken«, erläutert sie ihre Trinkgewohnheiten.
Ich sagte schon, es gefällt mir, wenn ich zusehe, wie sie isst. Sie
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