Die Liebe deines Lebens
mir war klar, dass sie sich Sorgen machte.
»Nein, eigentlich genau das Gegenteil.«
Mary sah mich neugierig an.
Wir setzten unser Gespräch im Bungalow fort, in dem es eigentlich hätte kuschlig warm sein müssen, aber da ständig irgendwelche Pferdeburschen kamen und gingen, konnte sich keine Wärme halten. Mary ließ den Mantel an, ich ebenfalls, und ich kippte so viel warmen Tee wie möglich in mich hinein und wärmte mir die Hände an meinem Becher, während ich in Gesellschaft dreier Hunde auf der mit Tierhaaren übersäten Couch kauerte. Einer der Hunde schlief, einer hatte offensichtlich einen Hüttenkoller, denn er wanderte ruhelos im Raum umher und schnüffelte an den Wänden nach einem Ausweg, der dritte saß auf Marys Schoß und beobachtete mich unser gesamtes Gespräch über, ohne ein einziges Mal zu blinzeln, was ich sehr beunruhigend fand. Mary merkte nichts davon, und weder die Kälte noch die Hundehaare, die ich sogar aus meiner Teetasse fischen musste, schienen sie zu stören. Ich war nicht sicher, ob sie nur daran gewöhnt war oder ob mein Vorschlag sie dermaßen ablenkte.
Sie reagierte mit Bedenken, aber ihr Interesse war unverkennbar. »Und das haben Sie mit Adam ausgearbeitet?«
»Ja.« Das war nur halb gelogen. »Er konnte heute nicht mitkommen, weil für die Beerdigung noch so viel zu erledigen ist.« Sofort stellte ich mir vor, wie er in seinem dunklen Zimmer lag, die Bettdecke über den Kopf gezogen.
»Und er findet diese Lösung gut?«, fragte Mary. »Dass er nicht ins operative Geschäft einbezogen ist? Und dass ich die Entscheidungen treffe?«
»Absolut. Er ist ja Vorstandsvorsitzender, also muss er Ihre Entscheidungen zumindest absegnen. Aber ich glaube wirklich, so ist es am besten. Alle, mit denen ich bisher darüber gesprochen habe, sind sich außerdem sicher, dass Sie das Unternehmen ganz in Mr Basils Sinne leiten würden. Sie lieben die Firma.«
»Es war meine erste Arbeitsstelle nach der Schule«, erzählte sie lächelnd. »Im ersten Jahr war ich eigentlich nur am Telefon, dann hab ich mich hochgearbeitet. Aber …« Sie schüttelte nachdenklich den Kopf.
»Was ist?«
»Der alte Mr Basil hätte das nicht gewollt. Mr Basils Familie wird es nicht wollen. Lavinia würde lieber sterben, als mich in ihrer Position zu sehen. Die Basils wollen die Firma bestimmt lieber weiterhin in den Händen der Familie sehen.« Mary redete nicht schlecht über andere Menschen, dafür war sie viel zu sehr ein Profi, aber ich konnte zwischen den Zeilen lesen, und das stimmte überein mit dem, was Adam gesagt hatte – dass er Druck von Familienmitgliedern innerhalb der Firma bekam, weil er die Leitung übernehmen sollte und nicht einer von ihnen.
»Solange die Familie seines Onkels nicht einbegriffen ist«, ergänzte ich.
»Ja, natürlich«, pflichtete Mary mir bei. »Das Geschäft geht doch nicht etwa an Nigel, oder?«, fragte sie besorgt.
»Nein, nein, das wäre das Letzte, was Adam will. Und ich glaube nicht, dass Sie sich wegen Lavinia Sorgen machen müssen.«
»Sind Sie denn wirklich sicher, dass Adam mit dieser Lösung glücklich wäre?«, fragte sie noch einmal, noch immer ungläubig.
Ich zögerte. »Darf ich Sie fragen, warum Sie da so unsicher sind? Ich dachte, es ist ganz offensichtlich, dass Adam die Stelle seines Vaters nicht übernehmen will.«
»Ja, das habe ich natürlich auch gespürt, aber ich dachte, das würde sich ändern, wenn Mr Basil stirbt. Ich habe geglaubt, dass Adam die Dinge dann anders sieht. Es ist schwer, die Arbeit zu machen, wenn Mr Basil einem im Nacken sitzt, er lässt einem kaum eine Sekunde zum Nachdenken, und dann blafft er einen an, weil man nicht nachgedacht hat. Ich habe mir vorgestellt, dass Adam das Unternehmen gern nach seinen eigenen Vorstellungen leiten würde.« Sie zuckte die Achseln. »Ich habe angenommen, sein Problem wäre sein Vater, nicht die Firma. Und er macht seine Sache gut, schon in der kurzen Zeit, die er jetzt bei uns war. Er hat prima Ideen, und glauben Sie mir, wir könnten wirklich frisches Blut gebrauchen. Es wäre schade, wenn er die Leitung nicht antritt. Aber wie Sie gesagt haben, wenn es nicht das ist, was er will …« Aber sie sah mich wieder an, als würde sie mir nicht glauben.
Das brachte mich wieder völlig durcheinander.
Mein Handy klingelte.
Es war Maureen. »Er ist aufgewacht.«
Ich brauchte Pat nicht zu sagen, dass er das Gaspedal durchdrücken sollte, er fuhr schon über hundertvierzig
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