Die Liebe deines Lebens
»Gehen wir rein, bevor ich erfriere.«
Da wir uns auf Adams Territorium befanden, bat ich ihn, mich ein bisschen herumzuführen, denn ich wollte gern ein Gefühl für sein Leben als Kind bekommen und wie es wohl für ihn sein würde, von Dublin hierher zurückzuziehen. Ich wollte wissen, was genau es war, was ihn hier so wahnsinnig machte, dass er ein ganz anderer Mensch wurde. Adam holte ein Auto aus der Garage, in der eine Kollektion klassischer Modelle und Sportwagen standen, und chauffierte uns zur
Basil’s
-Fabrik, eine ungefähr zwanzigminütige Fahrt, bei der er mir Sehenswürdigkeiten und alle möglichen Orte zeigte, die mit Geschichten aus seiner Kindheit zusammenhingen.
»Ich hatte mal die Idee, Fabrikbesichtigungen anzubieten«, sagte er nachdenklich. »Aber Dad war nicht begeistert.«
»Was ist dir sonst noch eingefallen?«, fragte ich. Auch Mary hatte ja Adams Ideen erwähnt, und ich wollte unbedingt mehr davon hören. Bisher hatte ich den Eindruck gehabt, dass er sich überhaupt nicht für das Familiengeschäft interessierte, doch mein Aufenthalt hier hatte mir die Augen geöffnet, und mir dämmerte allmählich, dass ihm eine ganze Menge daran lag – nur hatte sein Vater ihn unerbittlich abblitzen lassen.
»Ein Abenteuerpark.«
»Ernsthaft? Wie Disney World?«
»Nicht so aufwendig, aber vielleicht mit einem Streichelzoo, Spielplätzen, einem Restaurant … in der Art. Das gibt es auch anderswo, ich weiß, aber ich dachte, für die Gegend hier wäre es bestimmt ein Zugewinn.«
»Wie hat dein Vater darauf reagiert?«
Sofort verfinsterte sich Adams Gesicht, und er antwortete nicht, sondern blinkte, um zur Firma und zu Mr Basils ehemaligem Stellplatz zu fahren, der jetzt seiner war – aber dort stand bereits ein Wagen.
»Was zur Hölle …?«
»Wessen Auto ist das denn?«
»Keine Ahnung.«
Er parkte an einer anderen Stelle, und wir gingen hinein, Adam mit besorgtem Gesicht, weil er wieder einmal ganz allein die Last der Welt auf seinen Schultern tragen musste. Als ich sah, was im Büro vor sich ging, hatte ich das Gefühl, dass aus meiner Fabrikführung höchstwahrscheinlich nichts werden würde. Dort fand nämlich ein Meeting statt – um den Tisch saßen lauter Männer in Anzügen. Keine Spur von Mary, aber eine mir unbekannte Frau im Hosenanzug hielt Hof. Als sie Adam durchs Fenster des Sitzungssaals entdeckte, entschuldigte sie sich und verließ den Raum. Alle Blicke folgten ihr, dann aber steckten die anderen Anwesenden die Köpfe zusammen, um aufgeregt untereinander zu tuscheln.
»Ah, Adam, nett, dass du zu uns kommst.«
»Lavinia«, rief er geschockt. »Was machst du denn hier?«
Sie umarmten sich nicht, von keinem ging die geringste Herzlichkeit aus.
»Ein Vögelchen hat mir ins Ohr gezwitschert, dass unser Daddy gestorben ist, hast du es nicht gehört?«
Er starrte sie nur wütend an.
»Ich leite die Firma, Adam, was meinst du denn, was ich hier mache?«, fuhr sie fort.
»Aber du lebst in Boston, du kannst die Firma nicht leiten.«
»Wir ziehen hierher zurück. Maurice hat sich bereiterklärt, die Suppe auszulöffeln, die er uns eingebrockt hat. Er wird mit der Polizei kooperieren, aber zuerst müssen wir noch ein paar Dinge regeln.« Sie lächelte gezwungen, aber das Lächeln drang nicht bis zu ihren Augen vor.
»Du meinst, du hast ihn überredet, den Kopf hinzuhalten«, entgegnete Adam scharf.
Lavinia sah mich an. »Ist das eine Neue, oder hat Maria endlich ihren Lippenstift gewechselt?«
Ohne auf ihre Bemerkung einzugehen, fragte Adam: »Was hast du vor, Lavinia?«
»Alle wissen doch, dass Daddy mir die Leitung der Firma übertragen wollte, also leite ich die Firma. Ich gehorche nur seinen Wünschen. Du würdest das ja weiß Gott nicht übers Herz bringen.«
»Unser Vater hat
mir
die Leitung der Firma übertragen.«
»Adam, jetzt mach hier bloß keine deiner üblichen Szenen. Ich bin wieder da, du kannst also ruhig zurück nach Dublin und dein Leben weiterleben. Alle wissen doch, dass du mit der Firma nichts zu tun haben willst.«
Er musterte sie kühl. »Da irrst du dich gewaltig.«
Und in diesem Augenblick, da änderte sich die Richtung. Plötzlich ergab alles einen Sinn, und ich wusste, dass ich diesmal auf dem richtigen Weg war.
In dieser Nacht lagen Adam und ich im gleichen Zimmer, ich in dem großen Bett, Adam auf der Couch zu meinen Füßen. Ich hielt die Luft an, lauschte seinem ruhigen, rhythmischen Atem und hoffte, dass er noch lange,
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