Die Liebe deines Lebens
wurde?«
Er biss sich auf die Lippen, schüttelte den Kopf, und schon erschien das Lächeln wieder auf seinem Gesicht. »Ich hab versucht, mich an ihn zu erinnern, an etwas Schönes zu denken, einen Augenblick, an dem wir uns wirklich zusammengehörig gefühlt haben. Es ist ja ein wichtiger Moment, wenn man seinen Vater in der Erde verschwinden sieht, und ich habe mich angestrengt, diesen Verlust zu fühlen, ihm Respekt zu zollen … ich dachte, eine angemessene Erinnerung wäre bestimmt das Richtige.« Er lachte wieder. »Aber alles, was mir einfiel, war mein letztes Gespräch mit ihm. Du weißt schon, als wir uns das letzte Mal gesehen haben, im Krankenhaus.«
»Natürlich, ich war ja dabei.«
»Nein, warst du nicht. Nachdem die Sicherheitsleute mich wieder freigelassen und alle Leute aus seinem Zimmer vertrieben haben, habe ich mit meinem Vater gesprochen. Ich wollte mich vergewissern, dass er weiß, dass Nigels Unterstellungen gelogen waren. Das war wichtig für mich.«
Ich nickte.
»Aber mein Vater hat mir nicht geglaubt.« Adam fing wieder an zu lachen, und es war so ansteckend, dass ich mitlachte. »Er hat gesagt: ›Ich mag die Ziege nicht. Überhaupt nicht. Nicht die Spur.‹« Vor lauter Lachen konnte er kaum noch sprechen. »Da bin ich gegangen.« Das letzte Wort brachte er nur mit Mühe heraus.
Aber mir war das Lachen schlagartig vergangen, denn ich fand das überhaupt nicht mehr lustig. »Über wen hat er denn gesprochen?«
Adam schaffte es, einen Moment innezuhalten, um die beiden Worte »Über dich!« hervorzustoßen, dann verfiel er erneut in keuchende Hysterie.
Ich brauchte eine Weile, bis ich die komische Seite der Geschichte sehen konnte, und je länger ich brauchte, desto hysterischer wurde er, und desto ansteckender war sein Lachen. Pat musste zehn Minuten um das Anwesen herumfahren, bis Adam sich so weit gefasst hatte, dass er sich zu den Trauergästen gesellen konnte, und zu diesem Zeitpunkt waren seine Augen vom Lachen rot und geschwollen, so dass er aussah, als hätte er geweint.
»Ich kapiere ehrlich nicht, warum das dermaßen lustig sein soll«, sagte ich, während wir die Treppe zur Villa hochstiegen, und rieb mir die Augen.
Von drinnen hörte ich das Summen leiser Konversation. Es hatte den Anschein, als wäre ganz North Tipperary gekommen, und sogar der persönliche Assistent des Ministerpräsidenten war anwesend – mein Dad hatte recht gehabt mit den Beziehungen der Familie Basil.
Mitten auf der Treppe blieb Adam stehen und sah mich an, mit einem Blick, der mir ein seltsames Gefühl im Magen machte. Er sah aus, als wolle er etwas sagen, aber im gleichen Moment ging die Tür auf, und vor uns stand Maureen, völlig in Panik.
»Adam, es sind Polizisten im Salon.«
Adam hatte mir erzählt, dass er als Jugendlicher dem Zimmer den Spitznamen »Bad-News-Room« gegeben hatte, und der Name war hängengeblieben. Der prachtvolle, holzvertäfelte Raum war das Empfangszimmer des ursprünglichen Hauses gewesen, ehe es tausendmal in jede Richtung ausgebaut worden war. Hier hatte Adams Mutter erfahren, dass sie Krebs hatte, hier war sie gestorben, und während die Trauergäste sich anlässlich von Dick Basils Tod im gegenüberliegenden Raum versammelten, wurde hier Maurice Murphy, Lavinias Ehemann, von der Polizei verhaftet, bevor man ihn zum draußen wartenden Streifenwagen führte und zum Verhör aufs Revier brachte. Ebenfalls hier erfuhr die Familie später, dass er in elf Fällen des Diebstahls und in achtzehn Fällen der Unterschlagung von insgesamt fünfzehn Millionen Euro angeklagt wurde. Von den ursprünglich angenommenen zwanzig Millionen konnten fünf Millionen nicht in Betracht gezogen werden, weil Mr Basil sich geweigert hatte, Anzeige zu erstatten, und nun tot und begraben war – für immer zum Schweigen gebracht.
22 Acht einfache Methoden, Erbstreitigkeiten zu schlichten
»Ich verstehe nicht, was
sie
hier soll«, sagte Lavinia und reckte den Kopf, als müsste sie eine unsichtbare Genickstütze tragen, die verhinderte, dass sie die Haltung eines normalen menschlichen Wesens annahm.
Ich rutschte unbehaglich auf der Ledercouch herum, denn in diesem Punkt stimmte ich hundertprozentig mit Lavinia überein – auch mir war schleierhaft, was ich hier verloren hatte. Es fühlte sich völlig unangemessen für mich an, bei einer so privaten Angelegenheit – der Verlesung von Dick Basils Testament – anwesend zu sein, aber Adam hatte darauf bestanden, und ich war
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