Die Liebe der anderen
wandern über seinen Körper, und wir kitzeln uns vor den erstaunten Augen von Zoé, die plötzlich hinter dem Bett hervorlugt. Sie runzelt die Stirn und zieht eine Augenbraue hoch. »Guck dir Zoé an! So ein Gesicht macht sie häufig …«
»Ja, ich weiß«, seufzt er, »genau wie deine Großmutter. Das hast du mir schon hundert Mal gezeigt. Du wiederholst dich, mein Schatz.«
»Tja«, sage ich fröhlich, »so ist das eben, wenn man kein Gedächtnis hat!«
Pablo schlägt vor, nach Uzès auf den Markt zu fahren. Zuerst will ich antworten, dass ich hier bleibe und ein bisschen aufräume, doch dann ändere ich meine Meinung. Esist wohl besser, ich bin mit ihm zusammen, wenn wir Bekannten aus dem Dorf begegnen. Dann kann ich mein Verhalten einfach dem seinen anpassen und bin niemandem allein ausgeliefert, den ich womöglich nicht wiedererkenne. Obwohl ich das dringende Bedürfnis verspüre, ein bisschen in unserem Ferienhaus herumzuschnüffeln, ziehe ich also die Mädchen an, während Youri in eine kurze Hose schlüpft und mir erklärt, hier wäre ihm niemals kalt.
Zu meiner großen Erleichterung setzt sich Pablo freiwillig ans Steuer. Als ich die Kinder fertig machte, überkamen mich schon Zweifel, und ich fürchtete, nach der langen Reise gestern würde er heute lieber mich fahren lassen. Der Markt ist ein Gemälde in provenzalischen Farben unter Platanen, wie ich das liebe! Einige Händler grüßen mich herzlich und gratulieren Pablo zu seinem Film. »He, Pablo, deine Schauspielerin sieht zwar gut aus, aber sie tickt nicht ganz richtig. Schick sie mal eine Zeitlang zu uns, dann vergehen ihr die Pariser Flausen.«
Die Kinder rennen umher, ergattern hier ein Stück Brot und dort eine Scheibe Käse. Lola möchte, dass ich ihr ein Prinzessinnenkleid kaufe. Zoé heult, weil ein Hund ihre Wurst aufgefressen hat. Am Schluss gehen wir noch in ein Café, wo die Wirtin mich mit ausgebreiteten Armen empfängt.
»Marie! Ihr seid wieder da! Wie lange bleibt ihr? Kommt doch heute Abend auf einen Aperitif bei uns vorbei, wir braten Spieße.« Sie heißt Françoise und wohnt hier. Ihren wenigen Worten entnehme ich, dass sie Gästezimmer vermietet. Pablo fragt sie, wie es bei ihr läuft, danke, gut. Auch sie scheint irgendwas mit Theater zu machen, eine Truppe mit Erwachsenen und eine mit Jugendlichen. Als Pablo einen Mann begrüßt – ihr Ehemann, nehme ich an –, fragt sie mich kurz flüsternd über das Theater aus.
»Und, hast du weiter gemacht? Erzählst du mir davon?«
Sie bestätigt also, was ich bereits vermutete: Ich habe Pablonichts von dieser Leidenschaft verraten. Eigentlich bin ich ganz froh, hier mit jemandem besser bekannt zu sein. Ihr Mann heißt Serge und gratuliert Pablo zu seinem Film, obwohl er die Geschichte etwas traurig fand, er habe gut daran getan, herzukommen, um sich davon zu erholen!
Wir packen die Körbe ein und fahren zurück.
»Zoé ist bestimmt müde von der Hitze.«
»Ich hätte auch nichts gegen eine Siesta«, haucht Pablo mir mit einem Augenzwinkern zu. »Man muss sich seinem Lebensraum anpassen, findest du nicht?«
Nach dem Essen lege ich Zoé im Schlafzimmer hin, und die anderen beiden setzen sich auf große Decken unter die Bäume. Pablo liest ihnen russische Geschichten vor, die im Schnee und in der Kälte spielen, was ihm meinen liebevollen Spott einträgt.
Meine Familie ist fürs Erste beschäftigt, ich kann die Zeit nutzen, die Schränke und Schubladen unbemerkt zu inspizieren. Einen Vorwand habe ich schon parat: Ich suche eine Brosche, die meiner Großmutter gehörte und die ich bei unserem letzten Aufenthalt hier vergessen habe. Ohne es zu wissen, ist das eine gute Ausrede, denn ich bewahre hier im Haus viele Sachen auf, die ihr gehört haben.
Ich habe die kleine Arbeitsnische unter die Lupe genommen, aber kein Schreibheft gefunden. Wie ich schon ahnte, fühle ich mich unglaublich wohl in dieser Ecke, zwischen den Büchern und ganz vielen Kissen. Ich fahre mit den Händen über die Buchdeckel. Nichts.
Im Zimmer der Kinder finde ich Sommersachen in allen möglichen Größen, Badeanzüge, Reitklamotten; an der Wand lehnt eine Leiter, sie führt zu einer Mansarde hinauf, einem niedrigen Raum mit einer Leseecke und weiteren Spielsachen – Puppen, eine elektrische Eisenbahn, große Kissen in Froschform –, von denen einige mir gehörten, als ich klein war.
Ob ich den Haushalt meiner Großmutter aufgelösthabe? Früher ging mir oft durch den Kopf, dass ich mich endlich um den
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