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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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anfangs gewundert haben, wie das Brauen hier bei uns am Pregel bewerkstelligt wird. Jede Stadt hat eben ihre eigene Ordnung. Noch dazu hat jeder der Brauberechtigten hier bei uns wiederum seine eigenen Vorstellungen oder Familienüberlieferungen. Genau darin aber sehe ich eine sehr günstige Gelegenheit. Ihr solltet Eure Erfahrungen aus Nürnberg und die alte Tradition der Seleges verbinden. Nicht nur, was die Rezeptur anbetrifft, wäre das von großem Vorteil, auch, was die Art des Brauens anbetrifft.«
    »Damit sprecht Ihr mir aus der Seele. Aber Ihr wisst, dass es nicht mir obliegt, solche Entscheidungen zu treffen.«
    »Ja, ich weiß, Euer Schwäher tut sich etwas schwer, wenn es darum geht, das von den Ahnen Überlieferte mit neuem Leben zu füllen.« Polyphemus strich sich über das glattrasierte breite Kinn, lächelte sie mit schief gelegtem Kopf von unten herauf an. »Genau deshalb soll Euch dieses Büchlein helfen. Darin findet Ihr einige Zeichnungen, die das Herz eines Baumeisters höherschlagen lassen. Die Ordensleute haben damals nicht allein Bier verköstigt, sondern sich auch verschiedene Sudhäuser angesehen und die Brauer in den verschiedenen Städten über ihre Art des Brauens befragt. Schließlich wird nicht überall das Reihebrauen praktiziert wie hier bei uns. Lest nur einmal selbst nach. Ihr werdet einiges in den Aufzeichnungen entdecken, was Euch staunen lässt.«
    »Oh, ich weiß schon, worauf Ihr hinauswollt.« Gret strahlte und stemmte entschlossen die Hände in die Hüften. Vergnügt zwinkerte sie ihm zu, ließ den hellen Rock ein wenig in der warmen Maisonne um die Beine schwingen. »Ähnliches geht mir auch schon länger durch den Sinn. Mein lieber Gemahl sollte seinem Vater neue Entwürfe für das Haus in der Kneiphofer Sudgasse unterbreiten. Wie Ihr wisst, hat es der fürchterliche Brand an Laetare völlig zerstört. Lediglich die Außenmauern stehen noch. Im Hof fände sich ausreichend Platz, um ein eigenes Sudhaus zu errichten. Ähnliches gab es übrigens schon einmal im Elternhaus der guten Agnes Selege in Wehlau. Davon berichtet sie in ihrem Buch über die Braukunst. Greift mein Gemahl das auf, setzt er also letztlich nur das Erbe seiner Ahnin fort.«
    »Ein hervorragender Einfall!« Begeistert klatschte Polyphemus in die Hände. »Ich wusste, warum ich Euch das Buch überlasse.«
    »Wollen wir hoffen, mein Schwäher sieht das auch so.«
    »Dickschädel wie er tun sich zwar schwer damit zu begreifen, dass Tradition nicht heißt, die kalte Asche der Ahnen zu bewahren, sondern die brennende Flamme ihrer Leidenschaften weiterzuschüren. Doch ich bin gewiss, es wird Euch gelingen, ihn früher oder später mit Eurem Feuer anzustecken.«
    »Darauf hoffe ich sehr. Habt vielen Dank.« Sie steckte das Buch in den Korb und wollte ihn aufheben, der Bibliothekar aber kam ihr zuvor.
    »Gestattet mir, Euch die Einkäufe zu tragen. Es ist mir eine Ehre.«
    Gern ließ sie ihn gewähren und folgte ihm die steile Gasse hinauf. Bald kamen sie am Badehaus vorbei und durchquerten das Mitteltor. Über die Schlossmauern auf der linken Straßenseite ragten einige Ranken Efeu. Das frische Frühlingsgrün überdeckte Risse und bröckelnde Steine in dem langgestreckten Gemäuer. In Höhe des Obertores sammelten sich Reiter. Offenbar warteten sie auf den Befehl, zur Stadt hinauszureiten. Polyphemus verlangsamte seine Schritte. Gret wollte die Gelegenheit nutzen und sich von ihm verabschieden. Mathilda sollte nicht sehen, dass er den Korb den Berg hinaufgetragen hatte. Der Bibliothekar indes wandte sich ab. Offenbar hatte er hinter den Reitern jemanden entdeckt, dem er fröhlich zuwinkte. Gret folgte seinem Blick und erspähte Veit. Aufgebracht wie selten stürmte der Vetter, vom Tor zur Burgfreiheit kommend, auf den Mühlenberg zu. Das Winken des Bibliothekars schien er übersehen zu haben.
    »Da muss etwas passiert sein«, erklärte Gret und beeilte sich, ihm entgegenzulaufen. Schnaufend hing Polyphemus sich an sie dran. »Warte!«, rief sie und hob ihrerseits die Hand, um Veit auf sich aufmerksam zu machen. Auf dem Platz vor dem Marstall, wo sich die Gasse vom Mühlenberg und der Bergstraße sowie die Wege von der Schlossbrücke und dem Stadttor zur Burgfreiheit kreuzten, trafen sie aufeinander. Verwundert blieb Veit stehen, musterte erst Gret, dann Polyphemus mit dem Einkaufskorb. Langsam wich der Ärger aus seinem Gesicht und machte einem belustigten Schmunzeln Platz.
    »Wie ich sehe, liebe Base, ist es dir

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