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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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gelungen, einen guten Ersatz für die arme Elßlin zu finden. Jetzt, wo sie der verbrühten Hände wegen nicht kräftig anpacken kann, hilft uns der ehrwürdige Bibliothekar also aus. Welch große Ehre.« Er zog das Barett vom dunkelblonden Haar und deutete eine Verbeugung an.
    Ob seiner frechen Bemerkung wollte Gret protestieren, doch Polyphemus kam ihr zuvor. Zu ihrer Erleichterung grinste er ähnlich breit wie Veit und erwiderte in nicht minder spöttischem Ton: »Eure Base versteht es eben, sich Hilfe zu holen, wo sie der Hilfe bedarf. Eine so tatkräftige Frau wie sie darf sich das erlauben.«
    »Es wäre schön, wenn sich ihr Gemahl und ihr Schwäher ebenfalls besser auf diese Kunst verstünden.« Ein Schatten huschte über Veits Gesicht. Die glattrasierten Wangen wirkten auf einmal seltsam grau.
    Besorgt legte Gret ihm die Hand auf den Arm, suchte seinen Blick. »Gibt es Ärger auf der Baustelle?«
    »Wenn es nur Ärger wäre!«, brauste Veit auf, um im selben Moment erschrocken innezuhalten. Sogleich tätschelte er Gret die Hand und versuchte sich abermals in einem Lächeln. »Mach dir keine Gedanken. Es wird sich schon alles zum Guten wenden.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr«, erwiderte Gret und betrachtete ihn nachdenklich. Etwas stimmte nicht mit ihm, und das schien nicht allein der Ärger über Jörgs und Wenzels Verhalten zu sein.
    Behende beugte sich Veit vor und nahm Polyphemus den schweren Korb aus der Hand. »Habt vielen Dank für Eure Unterstützung«, verabschiedete er sich von dem Bibliothekar. Gret blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls zu danken und Veit in das Haus am Mühlenberg zu folgen. Schon aus einiger Entfernung entdeckte sie Mathilda, die ungeduldig zum Fenster aus dem ersten Stock heraussah, wo sie wohl mit den Einkäufen bliebe.
    25
    D er Weg zur Baustelle in der Junkergasse führte gleich hinter dem Schlosstor aus der Altstadt hinaus und am südlichen Ende des Schlossteichs vorbei. Dora nutzte die Gelegenheit für einen kleinen Abstecher. Auch wenn Veit immer dringlicher auf ihr Erscheinen an der Baustelle wartete, so wollte sie doch eine Weile für sich sein und die Erlebnisse der letzten Wochen überdenken. Im Haus am Mühlenberg war das kaum möglich.
    Zu ihrem Bedauern war es ihr bislang nicht gelungen, Renata aus dem Tollhaus zu holen. Dabei hätte sie die treue Seele gern als Beistand bei sich im Haus gewusst. So wirr sie seit dem Feuer im Kopf war, so tröstend war doch nach wie vor ihre Gegenwart für sie. Oft meinte sie damit ein wenig von der viel zu früh verstorbenen Mutter bei sich zu wissen. Verschämt wischte sie sich die feuchten Augenwinkel. Vielleicht aber war es gut, dass Renata nicht im Haus war. Nach wie vor gab es viel zu viel Unruhe. Elßlins verletzte Hände, die ständige Nähe zu Veit, der ewig schimpfende Vater und die mit allem unzufriedene Mathilda reichten aus, um ihr das Leben jeden Tag aufs Neue zu erschweren. Wenigstens hielten sich Urban, Gret, Jörg und der zehnjährige Lienhart im Hintergrund.
    Unweit des Teichufers bot sich unter einer Eiche, deren knorriger jahrhundertealter Stamm ihr vom Blick aus dem Fenster des Schlafgemachs bestens vertraut war, ein stiller, schattiger Platz, wie sie ihn suchte. Zufrieden lehnte sie sich gegen den Baum, ließ den Blick ihrer verschiedenfarbigen Augen ziellos umherwandern. Die tief herabhängenden, dichtbelaubten Zweige schirmten sie wie ein Zelt vor neugierigen Blicken ab, erlaubten aber dennoch eine gute Sicht auf das langgestreckte Gewässer. Um die Mühlen am oberen Ende des Teichs betreiben zu können, hatten die Kreuzherren einst den Katzbach aufgestaut. Längst schloss sich nordwärts davon ein als Oberteich bezeichneter, weitaus größerer See mit weiteren Mühlen und vor allem üppigerem Fischbestand an.
    Sacht blies der Wind Wellen auf. Das Wasser schien ein getreues Spiegelbild des grau verhangenen Himmels. Die Wolken waren indes zu hell, um Regen zu bringen. Die Schwalben zogen weiterhin hoch in den Lüften ihre Kreise. Eine Krähe kreuzte ihre Bahn, um vom Wind getragen mühelos dahinzugleiten. In der Ferne ruderte ein Angler über den Teich, Blesshühner flatterten aufgeregt um den Bug seines Bootes und stießen dabei ihr dumpfes Trompeten aus.
    Doras Finger strichen über die rauhe Borke des Baumes. Ein fast mannsdicker Ast des gräulich braunen Stammes neigte sich erschreckend schräg zum Wasser hin, als machte er Anstalten, bald ganz darin zu versinken. Am unteren Ende bot sich eine kleine

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