Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)
Schulwesens. Auf dem Krakauer Königsschloss, dem Wawel, sind bis zum heutigen Tag die regen Bautätigkeiten jener Epoche zu bewundern, die dem Schloss wie auch der Kathedrale (und dort insbesondere der Zygmunt-Kapelle) ihr eigenes Gesicht verliehen. Italienische Künstler wurden eigens an den Hof geholt, um dort ihre Meisterwerke zu schaffen, so etwa Francesco Florentino oder der Meister der Zygmunt-Kapelle, Bartolomeo Berecci, der 1536 auf dem Krakauer Marktplatz von einem Landsmann aus Eifersucht erstochen wurde. Oftmals setzten diese Künstler ihre Tätigkeit auch in der Stadt Krakau fort, wie etwa die prunkvollen Patrizierhäuser rund um den Großen Markt (Rynek) belegen. Bis in die kleinsten Gassen der Altstadt hinein sind die italienischen Einflüsse auch heute noch zu bewundern.
Eine ganz eigene Tradition besaß der rege Austausch Krakaus mit Nürnberg. Seit dem Spätmittelalter bestanden enge wirtschaftliche Beziehungen zwischen beiden Städten. Auf künstlerischem Gebiet stellte das jahrzehntelange Wirken des Bildhauers Veit Stoß (1447–1533) in Krakau einen besonderen Höhepunkt dar. Sein Hochaltar in der Marienkirche gilt als sein Hauptwerk. Ebenso schuf Hans Beheim (1455/60–1538) 1520 auf dem Wawel mit der Sigismundglocke wahrhaft Großartiges. Mit ihren knapp elf Tonnen war sie nahezu fünfhundert Jahre lang die größte Glocke Polens. Am Hof des Königs stand für einige Jahre der jüngere Bruder von Albrecht Dürer, Hans Dürer (1490–1534), in Diensten. Ab 1527 bis zu seinem Tod wirkte er als Hofmaler im Königsschloss und war, wie Abrechnungen belegen, der bestbezahlte Künstler in Zygmunts Diensten.
Dem Vorbild seines Onkels folgend, unterhielt auch der preußische Herzog Albrecht zeit seines Lebens enge Kontakte zu Nürnberg, berief von dort nicht nur bedeutende Theologen und Wissenschaftler nach Königsberg, sondern auch Handwerksmeister und Künstler, so etwa Christoff Römer (um 1510–1580), einen der wichtigsten Baumeister für die Umgestaltung der ehemaligen Ordensburg in ein repräsentatives Fürstenschloss.
Die Baukunst im Spätmittelalter
Dass man Christoff Römer sowie einige seiner Vorgänger und Zunftgenossen tatsächlich belegen kann, ist eine Erscheinung des 16. Jahrhunderts. Erst ab dieser Zeit begann man namentlich festzuhalten, welche Baumeister an der Errichtung bedeutender Bauwerke beteiligt waren. Das deutet auf einen Wandel im Selbstverständnis dieses damals noch als reinen Handwerksberuf verstandenen Metiers, sind doch aus dem Mittelalter nur eher zufällig einzelne Namen von Künstlern bekannt. Diese Entwicklung zeichnet der Roman Die Baumeisterin nach. Der Urgroßvater der Hauptfigur Dora, Laurenz Selege (vgl. Gold und Stein ), war Mitte des 15. Jahrhunderts als Baumeister im Ordensland sowohl auf Baustellen des Deutschen Ordens wie auch bei der Errichtung von Wohnhäusern und städtischen Einrichtungen beschäftigt. Seine persönliche Leistung spielte eine untergeordnete Rolle und wurde nicht eigens erwähnt. Das änderte sich in den nächsten Generationen, in denen sich auch der Wirkungskreis der Baumeister wie auch die Einflüsse, unter die sie gerieten, entscheidend wandelten.
Verantwortlich für das Bauen waren im Mittelalter die sogenannten Bauhütten, wie sie bis heute für den Dombau etwa in Köln oder Passau noch bekannt sind. Die spärliche Überlieferung von Namen verwundert umso mehr, da gerade in der Baukunst des Spätmittelalters immer wieder das Exempel, also das Vorbild der alten Meister sowie das Anknüpfen an jahrhundertelange Traditionen heraufbeschworen wurde. Diesen fühlten sich die Baumeister über Generationen hinweg verpflichtet. [2] Deshalb änderte sich lange Zeit nur wenig daran, wie und womit gebaut wurde. Angefangen vom ersten Entwurf über die Planung und Berechnung der einzelnen Baukörper, der Zeichnung der Grund- und Aufrisse bis hin zur Erstellung der Schnurgerüste blieb die Vorgehensweise gleich. Auch bei der Ausführung der Bauwerke folgte man den alten Mustern, organisierte den gesamten Baubetrieb, wie die Väter es schon getan hatten, verwendete dieselben Gerätschaften und hielt sich auch beim Zusammenwirken der einzelnen am Bau beteiligten Gewerke an das Beispiel der Alten. Selbst die Vorschriften, wie die Werkmeister ausgebildet wurden, blieben über mehrere Menschenalter hinweg gültig.
Neben der praktischen Lehre waren auch die sogenannten Musterbücher für die Weitergabe der alten Verfahrens- und
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