Die Liebe des Highlanders
beobachtete Gwen, wie Beatrice den Mund etliche Male auf- und wieder zumachte. Sie fummelte an ihren Locken herum und strich sich den rosafarbenen Pullover glatt.
»Zuerst dachte ich, Sie wollten bloß nicht zugeben, dass Sie das selbst erlebt haben.« Beatrice schüttelte den Kopf. »Gwen, ich hatte ja keine Ahnung, dass Sie so viel Fantasie haben. Sie haben mich meine Sorgen wirklich für eine Weile vergessen lassen. Großer Gott!«, rief sie aus und deutete auf die Suppenschüssel aus Plastik. »So lange, dass ich sogar alles gegessen habe, obwohl ich doch vorhin ganz sicher war, keinen Bissen herunterzukriegen. Liebes, Sie müssen diese Geschichte unbedingt zu Ende bringen. Sie können den Helden und die Heldin nicht so in der Luft hängen lassen. Das wäre unerträglich. Erzählen Sie mir den Schluss.«
»Und wenn es keinen Schluss gibt? Was, wenn das alles ist? Wenn sie in ihre Zeit zurückgeschickt wurde und er gestorben ist?«, fragte Gwen betrübt.
»Das können Sie unmöglich so schreiben. Sie müssen eine Möglichkeit ersinnen, wie er wieder durch die Steine kommen kann.«
»Das darf er aber nicht«, erwiderte Gwen tonlos. »Niemals. Selbst wenn er überlebt hat...«
»Eide sind nichts als Unsinn, wenn Liebe im Spiel ist«, fiel Beatrice ihr ins Wort. »Beugen Sie die Regeln. Umgehen Sie zumindest diese eine irgendwie.«
»Das kann ich nicht. Sie is t ein wesentlicher Teil der Ge schichte. Er würde ein schwarzer Druide werden, wenn er die Reise zu seinem eigenen Vorteil antreten würde.« Und Gwen wusste nur zu gut, wie schrecklich das wäre. »Nicht ein Mitglied seines Clans hat den Eid jemals gebrochen. Es war allerdings auch nicht nötig. Und um ehrlich zu sein, ich würde viel weniger von ihm halten, wenn er es täte.«
Beatrice runzelte die Stirn. »Sie? Sie würden weniger von ihm halten?«
Gwen schüttelte verlegen den Kopf. »Ich meinte die Heldin in der Geschichte. Sie, die Heldin, wäre enttäuscht von ihm. Er war wunderbar, so, wie er war - perfekt. Er war ein Mann von Ehre, verantwortungsbewusst, und gerade das hat sie an ihm geliebt. Wenn er seinen Eid bricht und die Steine zu persönlichen Zwecken nutzt, wäre seine Macht vollkommen verdorben. Es ist nicht auszudenken, wie böse und schlecht er werden würde. Nein. Wenn er den Kampf überlebt hat, was ich ernsthaft bezweifle, wird er niemals durch die Steine zu ihr kommen.«
»Gwen, Sie sind hier die Geschichtenerzählerin. Lassen Sie ihn nicht sterben«, wandte Beatrice ein. »Und machen Sie daraus eine gute Geschichte«, sagte sie streng. »Wie können Sie es überhaupt wagen, mir so etwas Trauriges zu erzählen?«
Gwen begegnete ihrem Blick. »Und wenn es mehr als nur eine Geschichte ist?«, fragte sie leise.
Beatrice sah sie lange an. Dann schaute sie aus dem Fenster. Ihr Blick huschte von links nach rechts über Loch Ness. Sie lächelte. »Diese Berge besitzen Magie. Das spüre ich seit unserer Ankunft. Es ist, als würden die Gesetze des Universums für dieses Land nicht gelten.« Sie machte eine Pause und sah Gwen an. »Wenn es meinem Bertie besser geht, nehme ich ihn vielleicht mit in die Berge - natürlich nur mit ärztlicher Erlaubnis - und miete bis zum Herbst ein Cottage. Dann lassen wir ein bisschen von dieser Magie in unsere alten Knochen sickern.«
Gwen lächelte traurig. »Ich begleite Sie zum Krankenhaus. Vielleicht können uns die Arzte etwas Neues sagen. Und wenn Sie weinen müssen, übernehme ich das Reden.«
Beatrice wollte widersprechen, aber Gwen sah die Erleichterung und Dankbarkeit in ihren Augen.
Gwen war auch erleichtert, weil sie eine Zeit lang nicht allein sein musste.
Gwen verbrachte den Rest der Ferien mit Beatrice, in dem Dorf am tiefen, glänzenden Loch. Aber sie unternahm keine Wanderungen mehr und fuhr auch nicht los, um nachzusehen, ob es die Burg Keltar noch gab. Sie war zutiefst erschüttert, der Schmerz war noch zu frisch. Während Beatrice ihren Bertie in der Klinik besuchte, blieb Gwen im Bett und überließ sich ihrem Kummer. Die Aussicht, nach Hause in ihr leeres kleines Apartment in Santa Fe zurückzu- kehren, war so furchtbar, dass sie gar nicht darüber nachdenken wollte.
Wenn Beatrice am Abend erschöpft von ihren Sorgen zurückkam, trösteten sie sich gegenseitig, zwangen sich, etwas Gesundes zu essen, unternahmen gemächliche Spaziergänge am Ufer des Loch Ness und beobachteten, wie der Sonnenuntergang die silberne Oberfläche rot und violett färbte.
Und unter dem
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