Die Liebe des Highlanders
ein bisschen Zeit mit ihr verbringen und herausfinden, was du sonst noch von ihr erfahren kannst.«
»Ja«, stimmte Drustan zu. »Ich habe vor, sie morgen mit nach Balanoch zu nehmen. Möglicherweise erkennt jemand aus dem Dorf sie und kann uns sagen, wo wir ihre Sippe finden. «
Silvan nickte. »Ich werde die Augen auch ein wenig offen halten und sie unauffällig auf Anzeichen von Irrsinn untersuchen.« Er warf Drustan einen strengen Blick zu. »Ich habe bemerkt, wie du sie ansiehst. Du begehrst sie trotz all deiner Zweifel. Wenn sie so verdreht und krank ist, wie du sagst, werde ich nicht zulassen, dass du die Lage ausnutzt. Halte sie von deinem Bett fern. Du musst an deine zukünftige Frau denken.«
»Ich weiß«, gab Drustan barsch zurück; seine Heiterkeit war verflogen.
»Wir brauchen Nachkommen, Drustan.«
»Ich weiß«, wiederholte er.
»Gut, dann weißt du ja, wo deine Pflichten liegen«, sagte
Silvan sanft. »Nicht zwisch en den Schenkeln einer wirrköp figen Person.«
»Ich weiß«, knurrte Drustan.
»Andererseits, wenn sie nicht verrückt ist ...«, begann Silvan. Er brach ab und seufzte. Drustan war hinausgestürmt.
Silvan saß noch lange grübelnd da. Es war nahezu unmöglich, diese Geschichte zu glauben. Wie kam jemand auf die Idee, an ein Burgportal zu klopfen und zu behaupten, jemanden in ferner Zukunft gekannt zu haben?
Der Verstand verschloss sich gegen eine solche Möglichkeit - sogar für einen Druiden war das ungeheuerlich. Doch Silvan hatte ein paar komplizierte Berechnungen und Überlegungen angestellt und musste zugeben, dass es denkbar war. Es bestand zwar nur eine minimale Möglichkeit, aber jeder kluge Druide wusste, dass man eine Wahrscheinlichkeit, und sei sie auch noch so gering, niemals außer Acht lassen durfte.
Falls das Mädchen die Wahrheit sagte, dann war sein Sohn ihr so zugetan, dass er mit ihr geschlafen hatte, obwohl sie noch Jungfrau war. Dann wusste sie, dass Drustan mehr Fähigkeiten und Kräfte hatte als die meisten Sterblichen. Und ihre Zuneigung zu ihm war so groß, dass sie ihm ihre Unschuld geschenkt hatte und mit ihm zurückgekommen war, um ihn zu retten.
Er fragte sich, wie viel Gwen Cassidy wirklich über Drustan wusste. Er würde mit Nell sprechen und sie bitten, beiläufig ein paar Bemerkungen fallen zu lassen und die Reaktion des Mädchens zu beobachten. Nell war eine gute Menschenkennerin. Und Silvan hatte vor, selbst einige Zeit mit Gwen Cassidy zu verbringen. Nicht um ihr Fragen zu stellen - denn Worte hatten nicht viel Wert, und Lügen waren schnell ersonnen -, sondern um ihr Denkvermögen zu prüfen, wie er es bei einem Lehrling tun würde. Gemeinsam mit Nell würde er die Wahrheit herausfinden. Drustans Reaktion auf die Kleine war nämlich keineswegs vernünftig.
Sein Ältester konnte manchmal sehr starrköpfig sein. Nach drei missglückten Ve rlobungen war er voller Selbstzweifel und wie besessen davon, alles abwehren zu müssen, was seine Vermählung gefährden könnte. Er würde heiraten und sich durch nichts von diesem Vorhaben abbringen lassen.
Silvan war sich durchaus bewusst, dass seine Söhne Kinder zeugen mussten, damit die Linie der MacKeltar nicht endete. Aber er ahnte, dass die Ehe zwischen Drustan und der jungen Elliott von Täuschungen bestimmt sein und beide unglücklich machen würde.
War die zarte Gwen Cassidy nun ein Wirrkopf? Silvan war sich gar nicht so sicher.
16
Besseta Alexander tastete auf dem Kaminsims nach ihren Eibenstöcken. Die Angst regte sich in ihrer Magengrube wie eine giftige Schlange. Sie war durch und durch abergläubisch, und sie brauchte ihr Ritual mit den Stöcken wie die Luft zum Atmen. Seit einiger Zeit befragte sie die Stöcke täglich, weil sie ergründen musste, welche Bedrohung ihrem Sohn bevorstand.
Als Nevin und sie zur Burg Keltar übergesiedelt waren, war sie zunächst begeistert gewesen, wieder in den Highlands zu leben. Sie war nicht für das flache Land geboren; sie hatte sich so viele Jahre nach den Bergen, den glitzernden Lochs und den Mooren ihrer Jugend gesehnt. Die Highlands waren dem Himmel näher, der Mond und die Sterne über den Bergen schienen hier zum Greifen nahe.
Nevin war jetzt ein angesehener Priester für einen alten, wohlhabenden Clan. Hier konnte er sicher und zufrieden leben. Er musste nicht auf die Schlachtfelder, auf denen sie ihre anderen Söhne verloren hatte. Denn die MacKeltar befehligten das zweitbeste Heer von ganz Alba - nur der König war
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