Die Liebe des Kartographen: Roman
unten rutschte. Was um alles in der Welt redete Adalbert da? Auch die anderen Männer am Tisch hielten inne.
Mewrzig seufzte, und sein Blick sprach Bände: Nichts würde seine Pläne ändern können. Er gähnte und schaute sich demonstrativ im Wirtshaus um, als hoffte er, die letzten Gäste würden endlich gehen und die Tafeln aufgehoben werden, damit er sich zur Nachtruhe legen konnte.
Dennoch sprach Adalbert weiter. Sein Ton war bestimmt, seine Worte präzise gewählt. Er lieà Jaques nicht aus den Augen, und um die andern kümmerte er sich gar nicht mehr.
Am nächsten Tag noch vor dem Morgengrauen waren Xelia, der Hund und die beiden Männer zusammen mit Jaques Mewrzig auf dem Weg in Richtung Süden.
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S iehst du, es geht schon los!« Jaques stieà einen langen fremdländischen Fluch aus, den Xelia nur am Tonfall als solchen erkannte. Sie schaute nach vorn und erkannte die Ursache für Jaquesâ Verärgerung: Am Flussübergang vor ihnen staute sich mindestens ein Dutzend Wagen, auf der Brücke schien es weder vor noch zurück zu gehen.
»Dafür können wir aber weià Gott nichts!«, entgegnete Philip. Er saà vorne neben Jaques auf dem Kutscherbock. Xelia und Adalbert hatten hinten Platz genommen, die Rückwand des Kutscherbocks diente ihnen als Lehne. Lola, die während der letzten Nacht im Stall hatte übernachten müssen, presste sich mit ihrem ganzen Körper an Xelia. Xelia hätte lieber mit Philip hier gesessen, hätte seine Hände gehalten und genossen, wie ihre Finger sich mit seinen zu einem einzigartigen Muster verwebten. Sie hatte sich darauf gefreut, seine Wärme zu spüren, Seite an Seite mit ihm zu sitzen, so eng, dass keine Maus mehr dazwischenpasste. Aber von Anfang an war klar gewesen, dass Philip vorne sitzen würde. Seine Kenntnisse als Kartograph waren es schlieÃlich, zusammen mit Adalberts Fähigkeiten als Arzt, die nach einem guten Stück Ãberredungskunst dazu geführt hatten, dass Jaques Mewrzig seine Meinung doch noch geändert hatte. »Philip Vogel hier«, so hatte Adalbert am Vorabend dem Kaufmann erklärt, »ist herzöglicher Landvermesser und kennt sämtliche Wege im Land besser als alle andern. Ihn dabeizuhaben würde einen unschlagbaren Vorteil für dich bedeuten: Wann immer eine StraÃe wegen schlechter Bodenverhältnisse gesperrt ist, könnte Philip dir eine andere Route nennen.« Auf diese haltlosen Behauptungen hin war Philip recht unruhig auf seinem Sitz hin- und hergerutscht, dochAdalbert hatte einfach weiter dick aufgetragen: »Der groÃe Kartograph Vogel schätzt Distanzen mit dem bloÃen Auge und seinen Händen besser ein als andere Landvermesser mit den kompliziertesten Gerätschaften. Gerade in fremden Gebieten sind solche Fähigkeiten von unschätzbarem Wert, wenn es beispielsweise darum geht, die Kräfte der Pferde einzuteilen.« An dieser Stelle hatte Xelia auf den Protest von Jaques oder einem anderen Fuhrmann gewartet, doch keiner schien die Widersprüchlichkeit in Adalberts Aussagen zu erkennen, der einerseits behauptete, Philip würde alle StraÃen kennen, und andererseits von fremden Gebieten plapperte. Als sich Philip dann zu Wort meldete, war Xelia felsenfest davon überzeugt gewesen, dass dieser nun heftigst alles von sich weisen würde, was der Altere ihm an Wundergaben zugesprochen hatte. Doch dem war nicht so gewesen: Stattdessen hatte er in die gleiche Kerbe geschlagen und Adalbert als den Besten aller Ãrzte geschildert, dessen Heilkräfte sich nicht nur auf Menschen, sondern auch auf Pferde erstreckten. Sein Knecht â in diesem Moment nickte Philip Xelia zu, die hastig so tat, als hätte sie etwas unter dem Tisch verloren â könne ihnen derweil die niederen Arbeiten abnehmen und Mahlzeiten bereiten. Irgendwie war es ihnen schlieÃlich gelungen, den Kaufmann davon zu überzeugen, sie mitzunehmen. Und während der Wirt die Ãllampen ausgelöscht und die Männer ihre Schlafmatten ausgerollt hatten, hatten sie ihren Pakt per Handschlag besiegelt: Gegen drei Taler pro Person und tatkräftige Mithilfe bei der Fahrt würde Jaques sie bis zum Tor des Südens mitnehmen. Xelia wäre dem Fremden am liebsten um den Hals gefallen, doch stattdessen hatte sie sich jede Regung verbieten müssen. Sie hatte sich in der Nacht nicht einmal an Philip schmiegen können,
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