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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sondern musste wie Adalbert und Philip zwischen einem guten Dutzend stinkender Männerleiber liegen, umgeben von lautem Schnarchen und anderen Körpergeräuschen. Doch als derMorgen kam und es losging, war ihr Herz erneut so voller Glück gewesen, dass es fast überlief.
    Sie waren bereits drei Stunden unterwegs, als sie an den Fluss kamen, an dessen anderem Ufer die nächste Poststation auf dem Weg in Richtung Süden lag. Illertissen hieß der Ort, hatte Philip ihnen über die Schulter zugeworfen. Doch statt in dieses Illertissen zu gelangen, wo die Pferde getränkt und gefüttert werden sollten, standen sie nun seit einer halben Ewigkeit hier herum. Die Pferde, aufgeheizt von der Fahrt, wurden unruhig und begannen, mit den Köpfen zu werfen und sich gegenseitig zu zwicken. Mit einem heftigen Zügelruck wies Jaques die Viecher zurecht, dann stieg er ab, um an der Brücke nach dem Rechten zu sehen. Die Zügel warf er Philip zu – in der festen Annahme, dieser könne ein Vierergespann genauso gut bändigen wie er selbst.
    Kaum war er einige Schritte entfernt, stießen die drei gleichzeitig einen Seufzer aus.
    Â»Ist das ein komischer Kauz! Aber was für ein Glück, dass er uns mitnimmt.«
    Â»Xelia, pass ja auf, dass dein Hut nicht runterrutscht, er braucht nicht zu wissen, dass du ein Weib bist.«
    Â»Ein sehr fröhlicher Zeitgenosse scheint der Kaufmann nicht zu sein! Und gesprächig ist er auch nicht zu nennen!«
    Sie redeten alle auf einmal und mussten lachen. Xelia suchte Philips Blick, und als er sie ansah, bedauerte sie auf einmal, den Weg nun doch nicht zu Fuß zurückzulegen – denn das hätte bedeutet, mehr Zeit mit ihm verbringen zu können. Aber Philip war so stolz darauf, dass es ihm zusammen mit Adalbert gelungen war, diese Fahrt zu ergattern, dass sie natürlich nichts dergleichen sagte. Er hätte sie nur für eine Närrin gehalten.
    Bevor sie sich weiter unterhalten konnten, kam Jaques zurück. Er schüttelte den Kopf. »So viel Dummheit auf einmal!« Dann ließ er sich wieder neben Philip nieder,nahm ihm die Zügel aus der Hand und schloss für einen Moment die Augen.
    Die andern drei warteten auf eine Erklärung. Was war los?
    Mit einem Schnalzen und einem linksseitigen Zügelruck wies Jaques schließlich die Pferde an umzudrehen. Während die Kutsche ächzend folgte, fluchte er unentwegt in seiner Sprache.
    Â»Und nun?«, fragte Philip vorsichtig.
    Â»Das frage ich dich, hochverehrter Kartograph!«, kam es zurück. »Die Brücke ist in der zweiten Hälfte eingestürzt, da gibt es kein Übersetzen mehr.«
    Â»Warum denn das? Wie kann eine Brücke einstürzen?«, fragte Adalbert fassungslos.
    Jaques lachte rau. »Es gibt scheinbar genügend Trottel unter den württembergischen Fuhrleuten, die keine Straßenregeln kennen!«
    Keiner der beiden anderen Männer entgegnete etwas, obwohl Xelia sah, dass Philip heftig herunterschluckte.
    Â»Da hat doch wirklich ein Jungspunt mit leerem Wagen gemeint, er müsse einem Brauereigespann mit vollen Fässern das Vorrecht über die Brücke nehmen! Schon kam’s zum Zusammenstoß, eines der Rösser rutschte aus, heißt es, und stürzte durchs Geländer. Dabei zog es den Brauereiwagen mit nach unten, und auf einmal hing die halbe Brücke herab.« Er schnaufte. »Hier kommen wir nicht hinüber.«
    Â»Etwas weiter westlich …«, fing Philip eilig an und wurde barsch unterbrochen.
    Â»Die Fähre – ich weiß. Die werden wir nehmen, und zwar bevor die andern alle auf denselben Gedanken kommen!«
    Â»Frag ihn, ob jemand verletzt wurde«, flüsterte Xelia Adalbert zu, doch der winkte ab. Inzwischen fand sie den Kaufmann lange nicht mehr so nett wie am Vorabend. Der erste Eindruck eines Menschen war wohl doch nicht immer entscheidend, ging es ihr durch den Kopf. Wenn sie nur daran dachte, wie garstig ihr Philip anfänglich erschienen war! Andererseits: Bei Adalbert hatte sie vom ersten Moment an das Gefühl gehabt, mit ihm vertraut zu sein. Und das hatte sich nicht geändert, sondern war höchstens noch stärker geworden.
    Eine Zeit lang redete keiner. Dank des klaren Himmels, an dem nicht eine Wolke stand, war es eisig kalt. Dafür blieben sie von Schnee verschont. Obwohl sie mit dem Rücken zur Fahrtrichtung saß, spürte Xelia bald ihre Wangen nicht

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