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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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seiner Kiste einen Brotfladen heraus und begann, diesen zu verspeisen, während er den Pferden irgendwelche Körner in einer Schüssel anbot. Da er keinerlei Andeutung wegen eines gemeinsamen Mittagsmahls machte, ging Philip in ein Wirtshaus, das den treffenden Namen »Zur Post« hatte, und kaufte dort zwei Brotlaibe, einen Krug Wein und einen Tiegel Griebenschmalz. Dann setzte er sich zu Xelia und Adalbert nach hinten in den Wagen, wo sie gemeinsam aßen. Jeder hatte gerade erst eine Scheibe Brot gegessen, als Jaques wieder aufsaß und der Wagen anrollte. Erst jetzt fiel Xelia auf, wie sehr sie der Unterleib drückte, doch um ein Gebüsch aufzusuchen, war es nun zu spät. Dafür verspürte Lola keine Hemmungen, ihr Wasser zu lassen, wie Xelia mit einem Blick auf ihre Decken feststellen musste: Eine kreisrunde Lache Hundepisse prangte wie ein dunkler Taler in der Mitte.
    Jaques achtete genau auf ein gleichmäßiges Schritttempo, und da es weder bergauf noch bergab ging, zockelten die Pferde im Trab vor sich hin.
    Bald war Xelia eingeschlafen und merkte nicht, wie sich ein dunkelblauer Nachthimmel vor den taghellen schob. Sie sah weder die Eiskristalle auf dem hölzernen Kutschenrand glitzern noch die klar umrissene Sichel des Mondes, dessen Strahlen alle Sterne übertraf.
    An diesem Tag kamen sie bis nach Memmingen, wo sie erneut in einer Poststation Halt machten. Für einen Moment wusste Xelia nicht, wo sie sich eigentlich befand, ob in der Höhle im Wald, in einer Scheune zusammen mit Philip, oder … Sie reichte Adalbert, der schon ausgestiegen war, den Hund hinab, dann krabbelte sie selbst aus dem Wagen. In dem Augenblick, als ihre Füße den festen Boden berührten, sackten Xelias Beine weg, und Adalbert stützte sie im letzten Augenblick.
    Kraftloser hätte sie nach einem ganzen Tag Fußmarsch auch nicht sein können! Zum ersten Mal bekam sie eine Vorstellung davon, wie ihre Reise in den nächsten Tagen aussehen würde. Den Himmel auf Erden, schoss es ihr durch den Kopf, während sie ihr Kreuz rieb, würde sie wohl nicht erleben, so viel war sicher.

~ 50 ~
    N och vor dem Morgengrauen rüttelte Jaques seine Mitfahrenden aus ihrem todesähnlichen Schlaf. Xelia beeilte sich, zusammen mit ihrem Hund aus dem Schlafraum der Poststation zu gelangen, um sich unbemerkt in ein Gebüsch verziehen zu können. Sie konnte doch nicht wie die anderen Männer eine Brunzkachel verwenden! Sogar beim Wasserlassen haben Weiber es schwerer als die Männer, ging ihr durch den Kopf, als sie sich mit frierendem Hintern in der Eiseskälte erleichterte. Auch Lola schien aus den Erfahrungen des letzten Tages gelernt zu haben. Statt weltvergessen mit einem Zweiglein oder Stein zu spielen, erledigte sie ihre hündischen Bedürfnisse, ohne Zeit zu verlieren.
    Ohne ein Morgenmahl eingenommen zu haben, befanden sie sich kurze Zeit später wieder auf dem Wagen. Philip hatte erneut vorne Platz genommen, Adalbert und Xelia lagen hinten und krochen soweit es ging unter ihre Decke. Xelia staunte, wie frisch die Pferde wirkten. Keinem schienen die Meilen des Vortages irgendwie in den Knochen zu stecken, ganz im Gegenteil: Sie schlugen mit den Köpfen und ihr aufbrausendes Schnauben ließ schneeweiße Wölkchen in der Luft stehen. Vielleicht würde Jaques wirklich schaffen, was er sich vorgenommen hatte.
    Krampfhaft versuchte sie, nochmals einzuschlafen, doch es war so kalt, dass sie sich nicht entspannen konnte. Sie rutschte noch weiter unter die Decke und bekam im selben Augenblick einen Schlag in den Rücken, da der Wagen durch ein tiefes Erdloch fuhr. Wenn nur Philip hier mit ihr liegen könnte! Dann wüsste sie sich die Zeit wohl zu vertreiben … Oder wenn sie sich wenigstens mit den Männern unterhalten könnte! Den ganzen Tag lang still zusein wie ein tumber Tor fiel ihr nicht nur schwer, sondern kostete sie ihre ganze Überwindung. Aber Jaques wusste nach wie vor nicht, dass er eine Frau auf dem Wagen hatte, und sie wollte sich natürlich nicht verraten.
    Â»Verflixt noch mal! Die Straßen zerfallen immer mehr!«, fluchte der Kaufmann, während er versuchte, einem kraterförmigen Loch am rechten Rand der Straße auszu weichen.
    Â»Da hast du wohl recht«, pflichtete Philip ihm bei, statt wie am Tag zuvor die Fluchtiraden des Kaufmanns zu ignorieren. Halb nach hinten gelehnt, als wolle er damit auch Adalbert und

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