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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Farben stand. Dann begann er, lange, wellige Linien zu ziehen, bis das ganze Blatt wie mit Adern überzogen war. Die gewohnte Arbeit stimmte ihn so froh wie schon lange nicht mehr. Warum, fragte er sich nun, hatte er nicht schon viel früher mit der Ausarbeitung seiner Grobzeichnungen begonnen, statt ständig sich und sein gebrochenes Bein zu bemitleiden?
    Xelia, die von einem ihrer Sammelgänge zurückkam und fast über Philip gestolpert wäre, wollte wissen: »Sind das Berge, die du da aufmalst?«
    Er schaute auf. »Nein. Das da sind die Grenzen der einzelnen Forstgebiete.« Er zeigte auf verschiedene Linien. »Von hier bis dort drüben reicht das Gebiet zwischen der Alb, Ulm, Blaubeuren im Osten und Reutlingen im Westen. Und das sind Flüsse. Der kleine Strich da ist übrigens die Muhr.« Er griff nach der grünen Farbe und einem feinen Pinsel und begann, den Platz zwischen zwei Schlangenlinien mit runden und auch schmaleren dreieckigen Symbolen auszufüllen.
    Â»Und was soll das werden?«
    Â»Das eine sind Laub- und das andere Nadelhölzer.« Seiner Stimme war anzuhören, dass er diese Frage überflüssig fand. Doch im nächsten Satz war seine Ungeduld schon wieder verschwunden. »Die Bäume aufzuzeichnen ist immer eine Menge Arbeit, die sich andere Kartographen seit einiger Zeit sparen möchten. Sie nehmen anstelle des Pinsels einen Stempel, tauchen diesen einmal in die Farbe und drucken hernach gleich ein Dutzend Bäume auf einmal.« Dass er von dieser Art, Karten zu zeichnen, nichts hielt, hörte man ihm eindeutig an.
    Â»Aber wie machst du es mit Häusern oder ganzen Dörfern? Die kannst du doch nicht alle einzeln aufzeichnen wie deine Bäume?« Xelia kniete nun direkt neben ihm und nahm ihm so von dem spärlichen Licht. Er unterdrückte eine Bemerkung und antwortete: »Das nicht. Aber ich kann das wichtigste Gebäude der Gegend wiedergeben. So lässt sich leicht erkennen, worum es sich bei dem Rest handelt. Welches Haus ist deiner Meinung nach in Leinstetten am wichtigsten?«
    Â»Die Kirche? Die ist am höchsten.« Xelia zuckte mit den Schultern.
    Â»Genau! Und deshalb male ich hier einen Kirchturm hin. Dann noch das Haus des Tuchmachers und das Anwesen des Markgrafen, ein paar Häuser in die Mitte, und« – er griff nach dem Kobaltblau, ohne zu merken, wie sie bei der Erwähnung des Tuchmachers zusammengezuckt war – »jetzt fehlt nur noch der Name!« Kunstvoll malte er jeden einzelnen Buchstaben aus, bis schließlich »Leinstetten« als einziger Dorfname auf der noch unfertigen Karte herausstach. Philip fielen die Flachsfelder ein, die dem Dorf den Namen gegeben hatten, und er verzierte den Schriftzug seitlich mit einem Büschel blauer Leinenblüten.
    Xelia starrte gebannt auf die Leinwand. Das hier war gar keine so staubtrockene Angelegenheit, wie sie sich Philips Arbeit nach seinen Schilderungen vorgestellt hatte!
    Â»Dörfer, Wälder, Straßen, Hügel, Kirchen« – sie schüttelte den Kopf –, »es ist doch so viel um uns herum, das kannst du doch unmöglich alles aufzeichnen!« Sie wies auf die Leinwand, die ihr lächerlich klein vorkam für das, was er vorhatte.
    Er hielt inne. Dann tauchte er den Pinsel ins Ockergelb. »Das stimmt. Natürlich kann kein Kartograph alles festhalten.« Sein Lachen klang verschmitzt. »Deshalb hat ja jeder von uns bei seiner Aufgabe einen Schwerpunkt. Was mich angeht…, ich soll im Grunde nur die Forstgebiete bereiten und bemessen. Aber …«
    Â»â€¦ das machst du nicht«, beendete Xelia seinen Satz und lächelte ebenfalls. »Für mich sieht das eher so aus, als wolltest du doch alles auf eine Karte kriegen! Warum? Lass doch die anderen auch etwas tun!«
    Nun legte Philip seinen Pinsel weg. »Tja, warum eigentlich?« Plötzlich fiel ihm auf, dass er mit Xelia ein Gespräch führte, das er genauso gut mit einem anderen Gelehrten hätte führen können. Dies verwirrte ihn so sehr, dass er auf ihre Frage keine Antwort wusste. Dass es ihm außerdem ganz und gar nicht danach war, das Gespräch wie bei früheren, ähnlichen Gelegenheiten unwillig abzubrechen, gab ihm den Rest. Es dauerte einen guten Augenblick, bis er sich wieder gefangen hatte. »Es ist wohl dieses ewige Streben nach Perfektion …« Philip war sich seiner hochgestochenen Worte

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