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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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schaute zu, wie sie aß. Ein paar Monate später war die Stiefmutter gestorben, und sie wäre für einen Shilling bereit gewesen, sich zu verkaufen, aber sie hatte nicht mehr genug Kraft, um auf die Straße zu gehen. London kann grausam sein… ja, doch.
    [185] War denn niemand da, der sich um sie kümmerte?
    Irische Freunde schickten Butter. Es gab eine Suppenküche. Sie ging zu einem Onkel, der sich an sie heranmachte, als sie satt war, und sie biss die Zähne zusammen und hielt durch und luchste ihm fünfzig Pfund für das Versprechen ab, ihn nicht bei seiner Frau zu verpetzen.
    »Hättest du nicht arbeiten können?«, fragte Stahr.
    »Ich habe gearbeitet, habe Autos verkauft. Eins.«
    »Aber hättest du nicht eine feste Stellung bekommen können?«
    »Das ist hart. Es ist anders dort drüben. Sie hatten immer Angst, solche wie ich könnten anderen die Arbeit wegnehmen. Eine Frau hat mich geschlagen, als ich versuchte, als Zimmermädchen in einem Hotel unterzukommen.«
    »Aber du bist bei Hof vorgestellt worden?«
    »Dafür hat meine Stiefmutter gesorgt – es war eine Chance, wenn auch nur eine winzige. Ich war ein Niemand. Meinen Vater hatten 1922 die Black and Tans erschossen, da war ich noch ein Kind. Er hat ein Buch geschrieben, es heißt Last Blessing. Hast du das zufällig gelesen?«
    »Ich lese nicht.«
    »Du solltest es für den Film einkaufen. Es ist ein hübsches kleines Buch und bringt mir immer noch Tantiemen. Zehn Shilling im Jahr.«
    Dann lernte sie »den Mann« kennen, und mit ihm reiste sie quer durch die Welt. Sie war an allen Orten gewesen, die Stahr als Drehorte kannte, und hatte in Städten gelebt, deren Namen er nie gehört hatte. Dann ging es mit »dem Mann« bergab, er trank, schlief mit den Hausmädchen und versuchte, Kathleen seinen Freunden anzuhängen. Die [186] redeten ihr zu, bei ihm zu bleiben. Sie habe ihn gerettet, sagten sie, und müsse nun weiter zu ihm halten, unbegrenzt, bis zum Ende. Es sei ihre Pflicht. Sie machten unglaublichen Druck. Aber da hatte sie schon den Amerikaner kennengelernt, und schließlich lief sie dem anderen davon.
    »Wurde auch Zeit.«
    »Ja, weißt du, das war nicht so einfach.« Sie zögerte, dann gab sie sich einen Ruck. »Ich bin nämlich einem König davongelaufen.«
    Er war völlig demoralisiert – sie hatte es geschafft, ihm den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Wirre Gedanken schossen ihm durch den Kopf, unter anderem kam ihm auch jene alte Überzeugung in den Sinn, alle Königshäuser seien krank.
    »Es war nicht der König von England«, sagte sie. »Mein König war arbeitslos, so hat er es immer gesagt. In London gibt es viele Könige.« Sie lachte und fügte fast herausfordernd hinzu: »Er war sehr attraktiv, bis er anfing zu trinken und zu krakeelen.«
    »Wo war er denn König?«
    Sie sagte es ihm, und aus alten Wochenschauen tauchte jetzt das Gesicht vor Stahrs innerem Auge auf.
    »Er war sehr gebildet«, sagte sie. »Er hätte alle möglichen Fächer lehren können, aber er war eigentlich nicht so, wie man sich einen König vorstellt. Lange nicht so wie du. Keiner von denen.«
    Jetzt musste Stahr lachen. »Das Standardmodell sozusagen.«
    »Du weißt schon, wie ich es meine. Sie klebten an der Vergangenheit, von allen Seiten riet man ihnen, mit der Zeit [187] zu gehen. Einer zum Beispiel war Gewerkschafter, und einer hatte immer ein paar Zeitungsausschnitte über ein Tennisturnier dabei, in dem er es bis ins Halbfinale geschafft hatte. Die Ausschnitte habe ich bestimmt zehn-, zwölfmal gesehen.«
    Sie fuhren durch den Griffith Park, vorbei an den dunklen Burbank-Studios und an den Flughäfen in Richtung Pasadena, vorbei an den Leuchtreklamen der Cabarets am Straßenrand. Im Kopf begehrte er sie, aber es war spät, und schon die Fahrt war ein überwältigendes Glück. Sie hielten sich bei der Hand, und einmal rückte sie ganz dicht an ihn heran und sagte: »Du bist so lieb, es ist wunderschön mit dir.« Aber sie war nicht ganz bei der Sache – diese Nacht gehörte nicht ihm, so wie der Sonntagnachmittag ihm gehört hatte. Sie war sehr mit sich beschäftigt, steigerte sich bei dem Bericht ihrer Abenteuer in zunehmende Erregung hinein, und er fragte sich unwillkürlich, ob er jetzt die Geschichte zu hören bekam, die sie für »den Amerikaner« aufgespart hatte.
    »Wie lange kennst du den Amerikaner?«, fragte er.
    »Seit ein paar Monaten. Wir waren viel zusammen. Wir verstehen uns. ›Von jetzt ab ist alles ein Klacks‹, hat er immer

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