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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Ewigkeit, sie wird alle paar Monate erneuert werden müssen.«
    »Das heißt, alle paar Monate begebe ich mich wieder in deine Behandlung?«
    »Nun, äh, ich gehe nicht davon aus, dass du bis ans Ende deiner Tage in Greenvale Castle weilen wirst, aber tröste dich: Jeder halbwegs geschickte Bader oder Wundarzt wird in der Lage sein, das zu tun, was ich heute getan habe.« Vitus machte sich daran, den unteren Schneidezahn mit den gleichen Arbeitsschritten zu fixieren und betrachtete einige Zeit später mit kritischen Augen sein Werk. Er nahm dazu eine Lupe, denn er wollte sicherstellen, dass die Goldfäden überall glatt in den Riefen lagen.
    Er legte die Lupe beiseite. Er war zufrieden. »Bei der Einnahme von Mahlzeiten solltest du darauf achten, nicht mit den Vorderzähnen abzubeißen. Schneide Fleischstücke oder Ähnliches mit dem Messer klein und führe die Bissen mit einer Gabel zum Mund. Ich weiß, es ist unüblich, und manche verurteilen das Instrument gar als eine Erfindung des Teufels, aber es wird dir nützen. Ich habe von meiner Reise nach Padua im Oberitalienischen einige Gabeln aus Silber mitgebracht. Sie stammen ursprünglich aus Venedig und haben vier Zinken. Nimm eine davon, sie wird dir helfen.«
    »Ja, Vitus.«
    »Nun, ich denke, das war’s.«
    »Danke, Vitus. Reitest du heute Nachmittag mit mir aus?«
    »Nein. Ich werde den Nachmittag im Kreis meiner Familie verbringen. Bitte verstehe, dass wir ungestört sein möchten.«
    »Dann geh doch, wenn du nichts Besseres vorhast.«
    »Isabella, bitte!«
    Sie lächelte mit ihren neuen Zähnen. »Schon gut. Dann bis irgendwann, wenn Mylord geruhen, wieder einmal Zeit für mich zu haben.«

[home]
    Der Diener Hartford
    »Isabella, oh, Isabella, du bist so wunderschön.«
    A m Montag, dem 15 . Juli, war England noch immer im Ungewissen. Kaum einer wusste zu sagen, wann die große Armada mit ihren hundertdreißig Schiffen vor der Insel erscheinen würde. Doch überall wurden Predigten für den kommenden Sonntag vorbereitet, Predigten, in denen der Allmächtige angefleht wurde, den Kelch an Albion vorübergehen zu lassen. »Gott in der Höhe, schicke Stürme, schicke Seuchen, schicke Verderben über die Aggressoren!«, so hieß es allerorten. »Lass sie nicht kommen, versenke sie im Meer!«
    Selbst in Greenvale Castle war es nicht mehr beschaulich. Die Unruhe, die über dem ganzen Land lag, hatte auch das kleine Schloss und seine Menschen erfasst.
    In diese Unruhe hinein erschien am Nachmittag eine Reitergruppe, die eine prächtige Kutsche eskortierte. Es war die Kutsche von Seiner Exzellenz Lordadmiral Howard.
    Sowie Vitus erkannt hatte, welch hoher Besuch eingetroffen war, eilte er die Freitreppe hinunter, begrüßte den Ankömmling mit der gebotenen Höflichkeit und führte ihn in sein Arbeitszimmer, wo beide ungestört miteinander reden konnten.
    Nachdem Hartford mit dem ihm eigenen Gesichtsausdruck stärkende Alkoholika kredenzt hatte und die üblichen Präliminarien ausgetauscht waren, kam der Admiral zur Sache. »Ihr mögt Euch fragen, warum ich so unverhofft hereinplatze, Sir, aber ich war gerade in der Nähe, habe mit Frobisher gesprochen, der in den Kämpfen gegen die Armada die
Triumph
übernehmen soll.«
    Vitus nickte und versuchte, sich seine Neugier nicht anmerken zu lassen.
    »Dank der Observationen, die Taggart mit seiner
Falcon
durchführte, wissen wir genau, mit wem wir es beim Feind zu tun haben werden. Ein Dienst von unschätzbarem Wert, den er uns – mit Eurer Hilfe, Sir – erweisen konnte.«
    »Mein Beitrag ist kaum nennenswert.«
    »Doch, das ist er. Ohne Euch und die von Euch durchgeführte Amputation wäre Taggart mit Sicherheit seiner Schussverletzung erlegen. Doch lasst mich fortfahren: Nicht zuletzt dank Taggarts Observationen segelte ich vor knapp drei Wochen mit einer schnell zusammengestellten Flotte die Biskaya hinunter, um den Feind beim Herauskreuzen aus La Coruña zu vernichten oder ihn zumindest so stark zu schwächen, dass er seine Invasionsabsichten aufgeben muss. Doch unsere Bemühungen waren wegen des hartnäckigen Südwinds leider umsonst. Uns blieb nichts anderes übrig, als unverrichteter Dinge umzukehren, was aus verständlichen Gründen im Land nicht groß herumposaunt wurde. Aus unserer Angriffstaktik muss nun wieder die ursprüngliche Verteidigungstaktik werden. Ich setze meine ganzen Hoffnungen darauf, den Feind im Kanal schlagen zu können … Oh, danke, Hartford.«
    »Nichts zu danken, Exzellenz.«

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