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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Hartford schenkte dem Lordadmiral, dessen Whiskyglas leer war, nach. Howard trank nachdenklich einen Schluck und sprach weiter: »Wo ich gerade Taggart und die
Falcon
erwähnt habe: Es war ein bedauerliches Missgeschick, dass er in Portsmouth schon abgelegt hatte, als Walsingham und ich am Kai erschienen. Der Staatssekretär hatte Wind davon gekriegt, dass die Spanier um die Mission der
Falcon
wussten. Irgendein Vögelchen muss es ihnen über verschwiegene Kanäle gesungen haben. Deshalb hatten sie auch die Kriegsgaleone vor La Coruña auf Euch angesetzt – Gott sei Dank vergeblich, wie ich hinzufügen möchte. Ach, wo wir gerade von Nachrichten und ihren Geheimnissen sind: Könnt Ihr etwas mit diesem Papier anfangen? Ich habe es von Walsingham erhalten, der es wiederum von zweien seiner Mittelsmänner bekommen hat.«
    Vitus nahm einen Brief entgegen, der an einen gewissen Juan Amadeo de Ribera in La Coruña gerichtet war, und las ihn. Und je länger er las, desto schneller klopfte sein Herz. Der Schreiber behauptete darin, die Engländer wüssten bis ins Kleinste Bescheid über Umfang und Stärke der Armada. Zu wissen, dass die Engländer über dieses Wissen verfügten, sei für den Angriff sicher sehr wichtig. Sofern die Gran Armada noch nicht in La Coruña aufgebrochen sei, solle ihrem Admiral dieser Brief vorgelegt werden. Es folgte ein
Viva España!
und als Absender ein »I.«.
    Howard musterte Vitus und trank einen weiteren Schluck. »Aus dem Inhalt des Schreibens ergibt sich, dass der Verfasser über den sturmbedingten Zwischenaufenthalt der Armada in La Coruña wusste. Das wiederum lässt nur einen Schluss zu: Er musste sich an Bord der
Falcon
befunden haben, denn von nirgendwo sonst haben uns zu jener Zeit Nachrichten über den Feind erreicht.«
    »Sicher«, sagte Vitus. »Natürlich.«
    »Habt Ihr einen Verdacht, wer der Absender sein könnte, Sir? Ich darf hinzufügen, dass der Schreiber mit größter Wahrscheinlichkeit eine Frau ist. Das jedenfalls haben Walsinghams Schriftsachverständige mir versichert. Es muss sich also um eine Frau handeln, deren Name mit einem I beginnt. Ist eine solche Frau mit an Bord der
Falcon
gewesen?«
    Um seine Aufregung zu überspielen, trank Vitus ebenfalls einen Schluck Whisky, verschluckte sich fast daran und sagte: »Nun, Sir, ich denke, da müsst Ihr am besten Captain Taggart fragen.«
    »Das habe ich bereits getan. Ich stehe in einem lockeren Schriftwechsel mit ihm. Er schwört Stein und Bein, es hätte sich keine Frau an Bord befunden. Nun ja, es war nur eine Frage, Sir. Wenn ich eben erwähnte, dass keine Nachrichten vom Feind nach England drangen, so trifft das übrigens für die letzten Tage nicht mehr zu. Wir wissen durch einige französische Fischer, dass die Armada von La Coruña aufgebrochen ist. Sie nutzt den verdammten Südwind, der uns das Leben so schwer gemacht hat, um zu uns in den Norden zu kommen. Wir wissen auch, dass ihr oberster Befehlshaber nicht wie ursprünglich geplant Àlvaro de Bazán,
Capitán General de la Mar Océano
ist – er verstarb Anfang des Jahres –, sondern Alonso Pérez de Guzmán, siebter Herzog von Medina Sidonia. Der Bursche hat dem Vernehmen nach kaum Ahnung von der Seefahrt, aber Philipp II . wird sich dennoch genau überlegt haben, wem er seine
Grande y Felicisima Armada
anvertraut. Guzmán wird nicht zu unterschätzen sein.«
    »Gewiss, Sir.« Vitus war froh, dass die Unterredung sich wieder in ungefährlicheren Fahrwassern bewegte.
    »Tja, so ist das.« Howard trommelte mit den Fingern auf der Armlehne seines Sessels und schien noch etwas auf dem Herzen zu haben. »Captain Taggart geht es wieder recht gut. Sein Beinstumpf ist sauber verheilt, und er hofft, in einigen Monaten ein Stück Ersatzbein zu bekommen. Wie ich höre, soll es aus Elfenbein sein.«
    »Das ist mir bekannt, Sir.« Auch Vitus stand seit seiner Rückkehr in einem lockeren Briefwechsel mit dem bärbeißigen Kommandanten.
    »Solange er auf sein Ersatzbein wartet, kann er natürlich nicht in den Krieg ziehen, leider fällt dadurch auch die
Falcon
aus, denn Taggart weigert sich strikt, sie freizugeben. Ich könnte sie natürlich rekrutieren, aber, ehrlich gestanden, ich befürchte in diesem Fall den größten Ärger. Männer wie er, Drake oder Hawkins sind bei der Königin höchst beliebt, und ich weiß nicht, wie Ihre Majestät reagieren würde, wenn er sich in seiner ungestümen Art bei ihr beklagte.«
    Vitus, der Taggart wie kaum ein zweiter kannte,

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