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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Nella-Kind, Nella-Kind, spitz bloß die Löffel un halt die Lauscher steif. ’s klingt nach Unrat, was du da sagst.«
    »Ich tu, was ich kann, mein lieber Altlatz.«
    »Denn is gut. Bist’n gewieftes Pupperl. Denn kann dein alter Gacke ruhich verschwinden un’n Auge auf’n Örl ham. Der Magister is ja wech, der kann’s nich mehr, nur der große Machöffel weiß, wie’s dem geht. Obacht un wahrschau! Der Heringsteich is manchmal ganz schön windich un blasich, un der Feind is eklich. Muss mich beeilen, der Örl hat den Flohfänger schon an un die Kiepe auf’m Ast, er is noch zum Catfield, will ihm stechen, was er tun un was er lassen soll, un will noch zur Örlin, adjö sagen. Schmätzerchen, mein Spätzchen, un bleib gesund, bis der Altlatz krickkommt, Schmätzerchen!«
    Der Zwerg küsste Nella geräuschvoll, wurde ebenfalls geküsst, kletterte von der Bank und hüpfte winkend zurück zum Schloss.
     
     
     
    »Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Plymouth«, sagte Vitus im Grünen Salon. »Küsst du mich diesmal zum Abschied?«
    Nina antwortete nicht. Doch sie stellte sich auf die Zehenspitzen und tat es. Es lag etwas Mechanisches in ihrer Geste, etwas Abwesendes, Fremdes. Er spürte, dass er keinen Zugang zu ihr hatte, und wollte sie an sich drücken, aber sie löste sich schnell von ihm.
    »Ich bete, dass du heil und gesund zurückkommst«, sagte sie.
    »Das werde ich«, versicherte er betont munter. »In spätestens zwei Wochen bin ich wieder da.« Er wandte sich Odo und Carlos zu, die mit düsteren Mienen dem Abschiednehmen zusahen. Sie konnten es nicht verwinden, dass sie zu Hause bleiben mussten.
    Er legte ihnen die Hände auf die Schultern und sagte: »Kopf hoch, ihr Jungen, ihr werdet noch früh genug in den Krieg ziehen, früher vielleicht, als euch lieb ist.«
    Odo und Carlos nickten ergeben. Wenn sie wollten, konnten sie sehr brav sein.
    »Nun gebt mir einen Kuss und geht angeln. Das wolltet ihr doch, oder?«
    »Ja, Papa. Aber Männer küssen sich nicht«, sagte Odo.
    »Nee, Männer küssen sich nicht«, bekräftigte Carlos. »Bringst du uns wieder was mit, Papa?«
    »Ich verspreche es.«
    »Juchhuuu!«
    »Und nun ab mit euch, ihr Rangen.«
    Als die Jungen verschwunden waren, versuchte Vitus erneut, Nina an sich zu ziehen, aber diese tat, als müsse sie die Zudecke der kleinen Jean richten, und sagte: »Ich bete für dich – und für uns.«
    Enttäuschung und Schmerz überkamen ihn. Was hatte er seiner Frau getan! Warum war sie nur so hart zu ihm? Er tat doch nur seine Pflicht! Das und mehr wollte er ihr sagen, aber er sagte nur: »Dann Gott befohlen.«
    »Gott befohlen.«
    Mit wundem Herzen ging er hinaus auf den Schlossplatz.
    Der Zwerg und der treue Keith warteten schon.
     
     
     
    Nach zwei Tagesritten und zwei kurzen Nächten trafen Vitus und seine Begleitung am Spätnachmittag des 18 . Juli in der Hafenstadt Plymouth ein. Ohne sich lange aufzuhalten, schlugen sie den Weg zu den Kais ein und fragten sich nach der
Camborne
durch. Sie war ein schönes Schiff, ebenso wie die
Falcon
nach den Prinzipien des genialen Mathematikers Matthew Baker gebaut, nur sehr viel neuer und auf den ersten Blick auch beeindruckender. Sie verfügte über vier Masten, die mit Rahsegeln und Lateinersegeln getakelt waren, und über sechsundzwanzig Kanonen, darunter Neun- und Sechspfünder-Culverines, dazu kamen acht der für den Nahkampf so tödlichen Drehbassen.
    Vitus und der Zwerg saßen ab, nahmen ihre Habe auf und übergaben die Zügel ihrer Pferde an Keith. »Mach’s gut, Keith«, sagte Vitus, »grüße Lady Nina und die Kinder von mir.«
    »Un von mir ’s Nella-Kind«, fistelte der Zwerg.
    »Ich werd’s ausrichten«, versicherte der Stallmeister, grinste in der ihm eigenen Art bis über beide Ohren und begann den langen Ritt zurück.
    »Das wär geschafft.« Vitus beschloss, einen Schlusspunkt unter die Querelen der Vergangenheit zu setzen und sich nur noch auf die Zukunft zu konzentrieren. Sein Blick ging zum Schiff, wo in diesem Augenblick eine Talje an der Hauptrah angeschlagen wurde, um ein paar schwere Pulverfässer an Bord zu nehmen. Da jeglicher Umgang mit explosiven Stoffen höchste Aufmerksamkeit erforderte, ruhten die Augen aller auf zwei Matrosen, die mit Hilfe eines gleichförmigen Gesangs am Seil der Talje zogen:
»Tow, boy, tow … tow the rope … do not nope … tow, boy, tow … tow the rope …«
    »Oooaah!«
    »Tow, boy, tow …«
    »Oooooaah!«
    Vitus merkte erst jetzt, dass

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