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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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konnte. Sie gab ihr die Brust, und langsam kehrte Ruhe ein.
    Vitus setzte sich neben Nina aufs Bett. »Bitte versetze dich in meine Lage, Liebste. Du an meiner Stelle würdest deiner Königin auch gehorchen.«
    »Ich hasse die Königin. Sie allein hat dich in diese Lage gebracht.«
    »Bitte, sprich nicht so von ihr. Das kann ich nicht zulassen. Sie ist die Gloriana aller rechtschaffenen Untertanen.«
    »Sie ist mir egal, der Krieg ist mir egal, England ist mir egal. Ich will nur meinen Mann behalten. Ist das zu viel verlangt?«
    Vitus zuckte hilflos mit den Schultern und schwieg. »Bitte, versteh mich doch«, sagte er nach einer Weile.
    Nina fuhr herum. »Und wer versteht mich? Die englische Flotte kann mir gestohlen bleiben und die Armada genauso. Wozu gebären wir Frauen unter Schmerzen Kinder, wenn sie sinnlos in den Krieg geschickt werden?«
    Vitus dachte, dass die kommende Schlacht gegen die Armada keineswegs sinnlos sein würde, behielt seine Gedanken aber für sich. Stattdessen nahm er Jean aus Ninas Armen und legte sie behutsam wieder in die Wiege. Die Kleine war satt und zufrieden und plärrte nicht mehr. »Versuchen wir, ein wenig zu schlafen«, sagte er versöhnlich und strich Nina über die Wange.
    Sie antwortete nicht.
    »Gute Nacht, Nina.«
     
     
     
    Es war noch vor dem Mittagsmahl, als Vitus an die Tür des Spanischen Zimmers klopfte und ohne lange zu warten eintrat. »Isabella? Ich bin’s, ich habe mit dir zu reden. Es gibt da einen Brief … Ach, du bist es, Hartford, was machst du in Miss Isabellas Zimmer?«
    »Mit Verlaub, Mylord, ich komme meinen Pflichten nach. Ich räume auf.«
    »Das sehe ich. Allerdings zu recht früher Stunde, wie mir scheint. Wo ist Miss Isabella?«
    »Ich weiß es nicht genau, Mylord. Den Geräuschen nach zu urteilen im Nebenzimmer, um sich frisch zu machen und anzukleiden.«
    »Ach so.« Vitus blieb unschlüssig stehen. Er hatte Isabella zur Rede stellen wollen wegen des verräterischen Geheimbriefs an die Armada, der mit einem »I.« unterzeichnet war. Er hatte sie der Spionage bezichtigen wollen, er hatte sie seines Hauses verweisen und den Behörden übergeben wollen, er hatte sie dem Henker zuführen wollen … Er hatte sich vieles vorgenommen und war eisern entschlossen, es auch durchzuführen. Doch nun war sie nicht zu sprechen, und er war fast froh darüber. Die Unterredung konnte auch später stattfinden, notfalls sogar nach seiner Heimkehr, denn sie ahnte ja nicht, dass ihr Spiel durchschaut war. Sie würde ahnungslos in Greenvale Castle bleiben und der verdammten Armada die Daumen halten. Aber daraus würde nichts werden, so wahr er der Earl of Worthing und ein treuer Untertan seiner Königin war!
    »Nun ja, meine Empfehlung an Miss Isabella, Hartford.«
    Hartford unterbrach seine Arbeit mit dem Staubwedel und verbeugte sich. »Gewiss, Mylord, kann ich etwas ausrichten?«
    »Nein«, sagte Vitus und ging.
     
     
     
    Nach dem Mittagsmahl trafen sich Enano, der Zwerg, und Nella, sein Adoptivtöchterchen, am See, um unbelauscht miteinander reden zu können. »Wui, mein Spätzchen«, sagte der Winzling, der auf einer Bank saß und die Beine baumeln ließ, »nu isses wieder so weit. Den Örl juckt’s in den Reiseschuhen, un ich will ihn akkompanieren, wenn’s gegen die Armada geht. Musst schön Späne machen, wennich wech bin.«
    »Altlatz, du sollst nicht immer so blöd sprechen.« Nella saß neben dem Zwerg und beobachtete die Enten, die eifrig nach Futter gründelten.
    »Ich mein, sollst aufpassen, wennich wech bin. Auf dich un auf die Örlin. Der Isabella, der Metze, trau ich nich für’n Heller übern Weg.«
    »Ich bin gestern Abend in die Küche runtergegangen, Altlatz, weil ich nicht schlafen konnte. Tante Nina hat so laut in ihrem Schlafzimmer geweint, ich glaub, sie hat sich mit Onkel Vitus gestritten. Ich wollt einen Becher Milch trinken, und da hör ich auf einmal, wie jemand in den Keller runtergeht. Es war Hartford.«
    »Hartford, der Schomser, der Lakai? Was wollt’n der inner Tiefe?«
    »Das wollt ich auch wissen und bin hinter ihm her. Er hat Wein geholt und ist damit zu Isabella in ihr Zimmer. Ich hab die Ohren an der Tür aufgesperrt und gehört, wie sie sich unterhalten haben. Ich hab nicht alles verstanden, aber ich glaub, sie haben das gemacht, was Tante Nina und Onkel Vitus auch manchmal abends im Bett machen. Du weißt schon, wenn sie so japsen und kichern …«
    »Da schäl mir einer den Mondschein! Der Schomser un die Metze?

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