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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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aber der ist morgen oder übermorgen fort, und ihn zu töten, das will sorgfältig geplant sein. Deshalb müssen wir mit dem Bauernmädchen Nina beginnen.«
    »Isabella, Isabella …«
    »Sag nicht dauernd Isabella, sondern höre mir zu. Ich werde dir jetzt sagen, was du zu machen hast. Du wirst sehen, es ist völlig ungefährlich – jedenfalls für dich.«
    »Ich weiß nicht, wirklich nicht.«
    »Es ist ganz leicht, vertraue mir, ich vertraue dir auch.« Doch sie spürte, wie er sich dagegen sträubte, und beschloss, seinen Widerstand endgültig zu brechen.
    Wenig später gewährte sie ihm noch einmal Einlass ins Paradies, und wie erwartet, war er danach endlich gefügig.
    Dann erzählte sie ihm ihren Plan.
     
     
     
    In derselben Nacht versuchte Vitus, Nina schonend beizubringen, dass die Pflicht ihn abermals fortrief. Sie lagen beide im Bett, und Nina ruhte in seiner Armbeuge, nachdem sie einander geliebt hatten. Es war mehr eine Vereinigung der Zärtlichkeit, der Vertrautheit gewesen als ein Akt der lodernden Liebe, und Vitus hatte sich dabei ertappt, dass er im Augenblick der höchsten Lust an Isabella dachte, die ungleich leidenschaftlicher war als Nina.
    »Liebste«, murmelte er, »es gibt da etwas, das ich dir sagen muss.«
    Nina schlief schon halb.
    »Liebste, ich muss dir jetzt etwas sagen, und du darfst mich nicht wieder aus dem Zimmer werfen.« Er hatte beschlossen, nicht lange herumzureden. »Ich werde morgen Greenvale Castle verlassen und als Arzt auf einem Schiff der Flotte dienen. Ich muss es tun, denn es ist ein persönlicher Befehl der Königin, den mir Lordadmiral Howard heute Nachmittag überbrachte.«
    Zu seiner grenzenlosen Erleichterung sagte sie nichts. Sie schrie nicht, sie schimpfte nicht, sie machte ihm keine Vorhaltungen. Doch als er ihr ins Gesicht sah, entdeckte er zwei Tränen, und dieser stille Protest war schlimmer als jedes laute Wort.
    »Ich kann wirklich nichts dafür«, beteuerte er. »Ich hatte Howard schon eine Ablehnung erteilt, hatte ihm gesagt, dass mein Platz hier ist, als er seinen letzten Trumpf aus der Tasche zog. Es war der Brief von Ihrer Majestät … warte.« Er stand auf, nackt wie er war, und holte das Schreiben. »Hier, lies.«
    Sie tat es und sagte lange Zeit nichts.
    »Liebste, was ist mit dir?«
    »Es ist so gemein«, flüsterte sie. »So unendlich gemein. Was weiß denn diese alte Jungfer davon, wie es ist, wenn der geliebte Mann in den Krieg ziehen muss? Was weiß sie davon, wie es ist, wenn die Kinder ihren Vater für immer verlieren können? Nichts weiß sie! Sie ist mit einer Krone verheiratet, einem Gegenstand aus kaltem Metall, und genauso verhält sie sich auch. Wenn sie Angst um ihr geliebtes England hat, soll sie doch selbst in den Krieg ziehen. Soll sie ihren königlichen Kopf selbst in den Kugelregen halten! Aber das tut die feine Dame nicht, sie schickt andere vor, feiert Feste in Whitehall, lässt sich sündhaft teure Kleider nähen, reitet aus mit ihren nichtsnutzigen Schranzen, während ihre Untertanen Ströme von Blut für sie vergießen. Oh, das ist alles so ungerecht!«
    »Liebste, beruhige dich. Sie ist eine Frau, ihr Platz ist nicht in der Schlacht. Jeder muss in dieser schweren Zeit das tun, was Gott für ihn vorgesehen hat. Und Gott hat diese Frau auf den Thron Englands gesetzt.«
    Nina weinte jetzt hemmungslos. »Sie hat kein Recht, dich irgendwohin zu schicken. Sie kann nicht einfach so über dich verfügen! Liebster, bei allem, was ich dir je bedeutet habe, bitte bleib!«
    Er stand vor ihr, nackt, mit hängenden Schultern. »Du weißt, dass ich gehen muss.«
    Nina schluchzte weiter, sie hatte einen Weinkrampf, und ihr Klagen war so laut, dass selbst die kleine Jean in ihrer Wiege erwachte und plärrte. Auch Odo und Carlos kamen in das elterliche Schlafgemach gelaufen und fragten bestürzt, was los sei. Vitus, der sich schnell etwas übergeworfen hatte, versuchte, allseits die Wogen zu glätten. »Ich werde als Arzt Dienst auf einem Schiff der Königin tun«, sagte er. »Eure Mutter hat Angst um mich, denn es geht gegen die Armada. Aber sie braucht sich nicht zu sorgen, mir passiert nichts, und in zwei Wochen bin ich wieder daheim.«
    »Ich will mit!«, brüllte Odo.
    »Ich auch!«, brüllte Carlos.
    »Ausgeschlossen«, sagte Vitus. »Am besten, ihr geht jetzt wieder zu Bett. Morgen reden wir weiter.«
    Die Jungen maulten etwas, trollten sich aber.
    Nina hatte sich unterdessen so weit gefasst, dass sie die kleine Jean nehmen

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