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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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und damit so seine Halbmondformation aufgibt. Ein aufgelöster Halbmond wiederum ist für uns besser zu attackieren.«
    »Ein kluges Konzept«, sagte Don Pedro anerkennend und zwirbelte nachdenklich seine rechte Bartspitze. »Aber es wird nicht aufgehen. Ich erkenne neben dem Flaggschiff des Herzogs, der
São Martinho,
die
La Regazona,
die
La Rata Santa Maria Encoronada
und viele andere unserer stärksten Schiffe. Ich glaube kaum, dass der Lordadmiral ihnen widerstehen können wird.«
    »Abwarten«, sagte Steel.
    Die Herren murmelten Zustimmung, denn es blieb ihnen gar nichts anderes übrig, als sich in Geduld zu üben. Beiden Parteien, sowohl den Engländern als auch Don Pedro, erschien der Gefechtsverlauf viel zu langsam, aber große Verbände waren nun einmal schwerfällig, hüben wie drüben.
    Als Erster triumphierte Don Pedro: »Der Herzog greift an!«, rief er. »Ich sehe es an den Flaggensignalen. Jetzt wird sich zeigen, was spanische Seemannschaft, Tapferkeit und Organisationskunst vermögen!«
    »Auch nicht mehr als die englische«, hielt Steel dagegen.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht, Capitán Steel. Lasst Euch gesagt sein, dass niemals zuvor eine Armada so umfassend auf eine Schlacht vorbereitet wurde wie die
Grande y Felicisima Armada
. Oder ist Euch bekannt, dass allein auf dem Flaggschiff des Herzogs nicht weniger als dreihundert Schützen darauf warten, ihre todbringenden Kugeln abzufeuern? Dass alles getan wurde, um Brände zu vermeiden, weil sämtliche Kanonendecks vier Finger hoch unter Wasser gesetzt werden können? Dass für den Enterkampf eigens Keramikkrüge als Brandbomben bereitgehalten werden, deren Inhalt aus Schießpulver, Alkohol und Harz besteht? Dass Taucher extra ausgebildet wurden, um in Lederanzügen und mit Hilfe von Handpumpen nach Unterwassereinschlägen zu suchen und diese, wenn erforderlich, abzudichten? Dass …«
    »Genug, genug, Don Pedro.« Steel schirmte mit der Hand die Augen ab und sagte: »Trotz aller Vorzüge Eurer Armada scheint auch sie nur mit Wasser zu kochen. Oder besser: mit ganz normalen Kugeln zu schießen, deren Einschläge, wenn mich nicht alles täuscht, zu kurz liegen.«
    »Noch, Capitán, noch!«
    Im Verlauf der weiteren Schlacht zeigte sich, dass die Spanier die englischen Schiffe in arge Bedrängnis brachten. Sie fochten so erfolgreich, dass Lordadmiral Howard den Rückzug befahl – sehr zu Don Pedros Genugtuung. Allerdings hielt sein Hochgefühl nicht lange an, denn hinter dem Portland Bill erschienen plötzlich weitere englische Schiffe, darunter die
Mary Rose,
die
Triumph
und die
Merchant Royal,
die nun ihrerseits den Luvvorteil hatten. Steels Laune besserte sich im Nu.
    Doch Don Pedro hielt dagegen: »Ich denke, das Kriegsglück wird sich am Ende uns zuwenden, denn wir haben die besseren Schiffe. Für jedes Wetter die ideale Bauart. Unseren Galeassen kann niemand widerstehen. Sie brauchen keine Segel, sie werden von Ruderern auch gegen den Wind bewegt, Hunderten von Ruderern, bis zu zehn Mann für einen einzigen Riemen. Seht nur, wie sie dahinfliegen! Jede verfügt über fünfzig Kanonen und zweihundert schwerbewaffnete Seesoldaten. Nun, was sagt Ihr dazu?«
    Beide Männer waren etwa gleich groß, und beide grinsten sich herausfordernd an. Schließlich brach Steel das kindische Spiel ab und sagte mit seiner tiefsten Bassstimme: »Ihr spracht eben im Zusammenhang mit Euren Galeassen von ›Dahinfliegen‹. Ich will Euch nicht zu nahe treten, aber davon kann keine Rede sein. Die Kähne sehen eher aus wie Wasserkäfer, die vergebens gegen eine unsichtbare Wand ankrabbeln.«
    Don Pedro wandte den Kopf und zuckte zurück. Steel hatte tatsächlich recht. In der Tat kamen die Galeassen um keinen Zoll voran. Zwar peitschten die Riemen verzweifelt ins Wasser, zwar sah die See aus, als würde sie von einem gigantischen Quirl aufgewühlt, aber es war alles umsonst. Für einen Augenblick verlor Don Pedro die Fassung:
»Mierda!«
    »Gegen den Gezeitenstrom am Bill kommt niemand an, nicht einmal, wenn er in jedes Schiff fünfhundert Ruderer zusätzlich packen würde. Euer Janssen Waegenhals, oder wie immer dieser holländische Kartograph heißen mag, scheint doch nicht so viel Ahnung von den Verhältnissen im Kanal zu haben, sonst hätten Eure Leute das gewusst.«
    Don Pedro starrte weiter hinüber zu den Galeassen, und je länger er das tat, desto entspannter wurden seine Züge, denn die
Mary Rose,
die
Triumph,
die
Merchant Royal
und die anderen englischen

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