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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Sir.«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Fünf Stunden später, Taggart hatte den Vorfall fast vergessen, stand die Sonne wie ein glühender Ball am östlichen Himmel. Obwohl das Geschwader die offene See bereits erreicht hatte, war es drückend heiß an Bord. Taggart saß in seiner Kajüte und wartete wieder einmal auf Tipperton. Der Schiffsschreiber hatte den Auftrag bekommen, Wasser und Wein für seinen Kapitän zu kühlen, was bei den Temparaturen ein allzu verständlicher Wunsch war. Umso schwieriger war die Erfüllung des Wunsches. Tipperton hatte zwei Flaschen aus grünem venezianischem Glas genommen, die Flüssigkeiten hineingegeben und sie oberhalb der Kajüte im Schatten der Segel an den Besanmast gehängt. Nun kletterte er alle fünf Minuten aufs Kajütendach und benetzte die Flaschen mit Wasser. Die Feuchtigkeit und der Fahrtwind sorgten dafür, dass der Inhalt langsam, aber sicher kälter wurde.
    »Tipperton! Wie lange dauert das denn noch?«
    Tipperton gab keine Antwort, doch wunderbarerweise trat er wenige Augenblicke später in die Kajüte, in der Hand die beiden venezianischen Flaschen. »Ich wäre dann so weit, Sir.«
    Taggart hielt ihm ein Glas entgegen. »Verdünnt mir den Wein eins zu eins.«
    »Aye, aye, Sir.« Tipperton wollte gehorchen, wurde aber von Taggart unterbrochen. »Nein, nehmt ruhig ein bisschen mehr Wein.«
    Tipperton tat, wie befohlen.
    »So viel Wein nun auch wieder nicht! Wollt Ihr mich in Alkohol ersäufen?«
    »Sir, ich …«
    Es klopfte. An der Art des Pochens erkannte Taggart, dass es John Fox war. »Kommt herein, John.«
    Die Tür öffnete sich. Der Erste Offizier trat ein und half dabei einer jungen Frau über das Süll, die mehr als derangiert aussah. Ihre schwarzen Haare mochten einst zu einer prachtvollen Frisur aufgesteckt worden sein, jetzt waren sie nur noch ein armseliges Gewirr, ihre grauen Augen blickten klar, aber aus einem rußverschmierten Gesicht, und ihre Robe war kaum noch als solche zu erkennen! Sie mochte einmal rot gewesen sein. Taggart schätzte ihr Alter auf achtzehn, höchstens neunzehn Jahre.
    »Wir haben sie wie befohlen an Bord gebracht, Sir«, sagte John Fox. »Leider kann ich sie Euch nicht vorstellen, denn sie sagte mir ihren Namen nicht. Wies auch sonst jegliche Hilfe von sich, die Miss. Scheint etwas kratzbürstig zu sein.«
    »So, so.« Taggart war aufgestanden und musterte eingehend die Gerettete, die offenbar alle Kraft brauchte, um sich aufrecht zu halten. John Fox wollte sie stützen, aber sie schüttelte seinen Arm ab.
    »Ich bin Captain Taggart, und wer seid Ihr?«
    »Mörder!« Es fehlte nicht viel, und die Frau hätte vor ihm ausgespuckt.
    Taggart registrierte es mit Verdruss. »Wenn Ihr durch unseren Angriff auf Cádiz zu Schaden gekommen sein solltet, Miss, tut es mir leid. Wir haben nur unsere Pflicht getan – ebenso wie Eure Landsleute ihre Pflicht tun, wenn sie eine Armada gegen mein Land ausrüsten.«
    »Pah!«
    »Wie ich bereits sagte: Ich bin Captain Taggart, und bevor ich Euch an Bord willkommen heiße, wüsste ich gern Euren Namen.«
    Die Fremde schwieg.
    Taggart hatte es nun endgültig die Laune verhagelt. Ihn einen Mörder zu nennen, das war starker Tobak. Er streckte sich. »Mein Name ist Sir Hippolyte Taggart, ich bin Kapitän und Korsar und darf von mir behaupten, mit Ihrer Majestät, der Königin von England, sehr wohlbekannt zu sein. Also, wer seid Ihr?«
    Die Unbekannte schaute ihn an, als wäre er ein Wurm. Dann ließ sie sich zu einer Frage herab: »Was ist das für ein Wein?«
    »Rheinwein«, antwortete Tipperton ungefragt.
    Taggart winkte den Schreiber hinaus. »Ihr seid zwar nicht sonderlich höflich, Miss, aber niemand soll von mir dasselbe behaupten. Ein Glas gefällig?«
    »Ich will Euren Wein nicht.«
    »Verdammt!« Taggart platzte der Kragen. »Warum habt Ihr dann eben gefragt, was für ein Wein das ist?«
    Wieder schwieg die Fremde hochmütig.
    »Keine Antwort ist auch eine Antwort. John, führt die Lady zu Tipperton, er soll sehen, wo er sie unterbringt.«
    »Tipperton? Wer ist das?« Jetzt geruhte die Unbekannte wieder zu sprechen.
    »Mein Schreiber. Frauen an Bord bringen zwar nichts als Unglück, Ihr werdet mir das offene Wort verzeihen, aber irgendein Logis wird er für Euch schon auftreiben.«
    »Das wird nicht nötig sein!« Die Augen der Fremden blitzten. »Ich gedenke, noch heute nach Cádiz zurückzukehren!«
    »Ach, gedenkt Ihr das?« Taggart setzte sich wieder und hatte kein Problem damit,

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