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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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die Frau, die ihn Mörder genannt hatte, weiter stehen zu lassen. »Ich glaube nicht, dass daraus etwas wird.«
    »Ich bestehe darauf! Ich bin Isabella del Pilar y Ribera, eine Nichte des siebten Herzogs von Medina Sidonia, Alonso Pérez de Guzmán El Bueno!«
    Taggart lehnte sich zurück. »Aha, die Dame hat also doch einen Namen.«
    »Ich verlange, sofort nach Cádiz zurückgebracht zu werden. Ich muss einen wichtigen Termin wahrnehmen.«
    »Ich auch. Mit dem Klabautermann.« Taggart nahm die Frau nicht mehr ernst.
    Sie stampfte mit dem Fuß auf. »Ich bin Isabella del Pilar y Ribera, eine Nichte des siebten Herzogs von Medina Sidonia, Alonso Pérez de Guzmán El Bueno!«
    »Sieh da, erst will die Miss ihren Namen um nichts in der Welt preisgeben, und nun nennt sie ihn gleich zweimal hintereinander.«
    »Zusammen mit der ganzen buckligen Verwandtschaft«, ergänzte John Fox grinsend.
    »Ich muss umgehend nach Hause zurück. Bitte gebt die entsprechenden Befehle.«
    Das klang schon verbindlicher und stimmte Taggart etwas milder. »Ihr könnt jetzt nicht nach Hause, Ihr könnt vielleicht nie wieder nach Hause.«
    »Es soll Euer Schaden nicht sein.«
    »Nein, ich kann nichts für Euch tun.«
    »Was heißt das?«
    Taggart deutete auf sein Weinglas. »Ihr solltet vielleicht doch etwas trinken.«
    Isabella del Pilar y Ribera warf den Kopf in den Nacken. »Wozu?«
    »Nun, Miss« – Taggart zog die Worte in die Länge –, »Ihr seid auf direktem Weg in Feindesland.«

[home]
    Der Zweite Offizier Pigett
    »Du solltest etwas für mich gemacht haben, etwas sehr Schönes sogar. Hast du es?«
    D er englische April zeigte sich wieder einmal von seiner launischen Seite. Gestern noch hatte in Portsmouth die Sonne geschienen, heute lag bleiernes Grau über der Stadt. Es war kalt, von Frühling keine Spur, wenn man von dem wenigen Grün absah, das sich an manchen Zweigen zaghaft zeigte. Am Morgen waren sogar pennygroße Hagelkörner auf die weitläufigen Hafenanlagen herabgeprasselt. Keinen Hund mochte man bei dem Wetter vor die Tür jagen, und doch wurde auf den Kriegsgaleonen Ihrer Majestät verstärkt Wache gegangen. Die Flotte musste auf der Hut sein.
    Drakes Überfall auf Cádiz, bei dem der spanische König Dutzende seiner Schiffe verloren hatte, lag erst ein Jahr zurück, aber schon wieder mehrten sich die Gerüchte, seine Armada mache sich bereit, die Britannische Insel zu erobern.
    Bloody weather,
fluchte so mancher Matrose an Deck, schlug den Mantelkragen hoch und hauchte sich in die rotgefrorenen Hände. Wann würden die verdammten Dons kommen? Würden sie überhaupt kommen? Spanien war weit, und die Hafenkneipen waren nah. Doch es half nichts, die Runden mussten gelaufen werden und die Posten besetzt sein. Befehl war Befehl, in diesem Fall sogar vom Lordadmiral persönlich, der strenge Order erlassen hatte, dass jede Ungewöhnlichkeit, jede Auffälligkeit, jede noch so kleine Abweichung von der Normalität unverzüglich einem Vorgesetzten zu melden sei, und sämtliche Schiffe hielten sich daran.
    Sämtliche Schiffe, bis auf eines.
    Es lag etwas abseits vom dichten Mastenwald an einem Ausrüstungskai und hieß
Falcon.
    Jeder im Hafen wusste, dass die
Falcon
kein neues Schiff war, und wer es nicht wusste, der sah es an den vielen Reparaturen, die im Laufe der Jahre an ihr vorgenommen worden waren, um ihre Kampfkraft zu erhalten. In letzter Zeit jedoch schien es ruhig um sie geworden zu sein, sie machte einen vernachlässigten und ausgestorbenen Eindruck. Keine Menschenseele war an Bord zu sehen. Nur auf dem Kommandantendeck, das den Offizieren vorbehalten war, stand eine vermummte Gestalt und trat von einem Bein aufs andere.
    Ein Unteroffizier und zwei Seesoldaten, die den Auftrag hatten, das Hafengelände zu inspizieren, machten halt vor dem Schiff, und der Unteroffizier rief zu der vermummten Gestalt hinauf: »He, Sir, darf ich fragen, warum Ihr keine Wachen aufgezogen habt?«
    »Wer will das wissen?«, kam es zurück.
    »Hafenpatrouille, Sir, Unteroffizier Walker, neu abkommandiert. Und nun habt die Güte, nennt mir Euren Namen und sagt mir, wo Eure Wachen sind.«
    Der Vermummte blickte auf. Er hatte ein rundliches, nichtssagendes Gesicht, dem ein spärlicher Bart Ausdruck zu verleihen suchte. »Ich bin Samuel Pigett, Zweiter Offizier der
Falcon.
Die Wache läuft gerade unter Deck.«
    »Unter Deck?« Walker wunderte sich. »Ihr solltet sie lieber auf dem Deck laufen lassen. Das ist Vorschrift.«
    »Sicher, sicher.«

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