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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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bauen, indem wir mehrere Dutzend Fässer zusammenbinden.«
    Don Pedro pfiff durch die Zähne. »Allmählich begreife ich, warum Vitus so große Stücke auf dich hält. Du bist wirklich nicht unterzukriegen.«
    »Serva me, servabo te«,
wie wir Lateiner sagen. »Ihr habt mich gerettet, jetzt rette ich euch … nanu, Landsmann, warum kneifst du auf einmal die Augen zusammen, gefällt dir mein Vorschlag nicht?«
    »Das schon«, erwiderte Don Pedro gedehnt, »aber es könnte sein, dass deine Rettungsversuche gar nicht mehr zur Ausführung kommen. Sieh nur, Steuerbord voraus nähert sich ein Schiff.«
    »Da brauche ich gar nicht erst hinzugucken.« Der Magister schürzte die Lippen. »Ich sehe sowieso nichts. Alles, was weiter als drei Schritte entfernt ist, erscheint mir nur als Nebel. Aber wenn du gestattest, bleibe ich bei meinem Optimismus und sage: Was von Süden auf uns zukommt, dürfte kaum zur Armada gehören.«
    »Da könntest du recht haben. Warte hier, ich bin gleich zurück.« Don Pedro eilte zur Schiffsmitte und stieg dort höchstselbst in die Wanten des Hauptmasts. Nach wenigen Minuten war er wieder da. Seine Stirn hatte sich etwas geglättet. »Der Bauweise nach ist es ein Engländer. Wenn die Distanz nicht so groß wäre, würde ich sogar sagen, das Schiff kommt mir sehr bekannt vor.«
    »Welches ist es denn?«
    »Das möchte ich lieber nicht sagen, womöglich irre ich mich.«
    »Komm schon, Landsmann, wie heißt es so schön: Wer die Lippen spitzt, muss auch pfeifen. Also?«
    »Nun gut. Es könnte sich um die
Falcon
handeln.«
     
     
     
    Es war die
Falcon.
Eine Stunde nach der Sichtung durch Don Pedro kam sie längsseits und mit ihr ein auf einer Elfenbeinprothese stehender, grimmig dreinblickender alter Seebär. »Gott sei’s getrommelt und gepfiffen, das wurde aber auch höchste Zeit!«, brüllte er. »Ihr sauft ja ab wie ein vollgesogener Schwamm!«
    Vitus, der mittlerweile zu Don Pedro und dem Magister gestoßen war, brüllte zurück: »So sieht man sich wieder, Sir! Wenn das kein Zufall ist!«
    »Ob das Zufall ist, möchte ich bezweifeln, Cirurgicus! Ich kreuze hier seit geschlagenen zwölf Tagen herum, seit ich weiß, dass die
Camborne
als einziges Schiff die Spanier verfolgt. Von den Outer Islands im Norden bis Lizard Point im Süden spricht mittlerweile ganz England davon. Habe mir schon gedacht, dass die
Camborne
von den gewaltigen Stürmen ziemlich gerupft sein würde, und musste mir zig fette spanische Prisen entgehen lassen, nur um Euch hier aufzugabeln. Das könnt Ihr niemals wieder gutmachen.«
    Vitus lachte. »Dann will ich es gar nicht erst versuchen. Würdet Ihr uns Schiffbrüchige trotzdem aufnehmen?«
    »Was bleibt mir anderes übrig! Bringen wir die Sache schnell hinter uns, anschließend darf ich auf ein Gläschen in meine Kajüte bitten!«
     
     
     
    Mit dem Gläschen in Taggarts Kajüte sollte es jedoch für die nächsten vierundzwanzig Stunden nichts werden, zu viel war hüben wie drüben zu tun, um die Männer der
Camborne
auf die
Falcon
zu schaffen. Neben der Besatzung, die bis zum Eintreffen in England mit den Männern der
Falcon
in drangvoller Enge würde leben müssen, wurde auch mancherlei an Ausrüstung, das von Wert war, übernommen, sowie Proviant, Wasser und stärkende Getränke, dazu seemännisches Gerät, nautische Bestecke, Karten, Insel- und Küstensilhouetten und sonstiges Material. Selbst das große Beiboot der
Camborne
wurde zu Wasser gelassen und durch eine Schleppleine mit der
Falcon
verbunden.
    Als endlich alles getan war, kam der Moment der offiziellen Begrüßung in Taggarts Kajüte. Am großen Tisch saßen Taggart und sein Erster, ein neuer Mann namens Summer, ferner Vitus, der Magister, Don Pedro, der wieder genesene Stonewell und der Zwerg. Letzterer hatte sogar die Ehre, rechts neben dem alten Korsaren Platz nehmen zu dürfen, während Vitus die linke Position einnahm.
    Taggart schnaufte geräuschvoll und erhob sein Glas: »Gentlemen, gestattet mir, vor der allgemeinen Begrüßung ein Wort an den Admiral Don Pedro de Acuña zu richten: Sir, es ist mir eine Ehre, Euch an Bord haben zu dürfen. Ihr seid ein tapferer Mann und schneidiger Kommandeur, wie ich in Cádiz mehrfach beobachten konnte, überdies habt Ihr, ungeachtet der Kriegssituation, mit der
Camborne
ein feindliches Schiff übernommen und gen Heimat gesegelt, weil die Menschlichkeit es gebot. Ich trinke auf Euch und auf alle Spanier, die so sind wie Ihr.«
    Der Magister rief dazwischen:

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